6.02.2008

Deutschland wird tiefer
in Afghanistan-Krieg
hineingezogen

Ab Sommer soll Deutschland die "schnelle Eingreiftruppe" QRF für Nordafghanistan stellen. Nach den bislang am Parlament vorbei agierenden KSK-Kampftruppen1 wird Deutschland dann auch offiziell "Kampfverbände" in Afghanistan beschäftigen, die sich nicht mit wohlklingendem Friedenseinsatz abmühen müssen, sondern ihrem ureigensten Beruf, dem Morden, nachgehen dürfen.

Damit auch dies in der Öffentlichkeit nicht etwa als qualitativ neuer Schnitt in der seit Jahren gepflegten Salami-Taktik wahrgenommen wird, beeilte sich Kriegsminister Franz Josef Jung heute (Mittwoch) in Berlin, zu verkünden, mit der Entsendung von lediglich 200 weiteren Soldaten sei "keine neue Qualität" des Einsatzes verbunden. Der QRF-Einsatz laufe weiter unter dem bisherigen Bundestagsmandat für die Internationale Schutztruppe ISAF. Auch bleibe es bei der Gesamtobergrenze von 3500 Mann. Eine weitere Änderung des Mandats im Herbst schloß Jung nicht aus. Bereits jetzt äußerte er, daß Kampfeinsätze durch die von der Bundeswehr gestellte QRF-Truppe auch in der Süd- oder Ostregion Afghanistans nicht grundsätzlich ausgeschlossen seien.

Da es sich von Beginn an seit 2001 in Afghanistan um einen völkerrechtswidrigen Krieg handelt, mutet es ein wenig kurios an, wenn der Vorsitzende der "Linkspartei" Oskar Lafontaine nun meint, die Merkel-Beck-Regierung schicke die Bundeswehr damit nun "endgültig in einen völkerrechtswidrigen Kriegseinsatz." Sinniger Weise reitet Lafontaine erneut darauf herum, daß mit dem geplanten Einsatz kein "Problem" in Afghanistan gelöst werden könne. Statt dessen wäre es angebracht, darauf hinzuweisen, welche Aufgabe zur Sicherung der Rohstoffversorgung der deutschen Industrie die Bundeswehr tatsächlich in Afghanistan erfüllt. Daß der "Wiederaufbau" in Afghanistan lediglich Alibi-Charakter hat, zeigt allein schon der Blick auf die offiziellen Zahlen, wonach Deutschland für diesen jährlich 100 Millionen Euro bezahlt, für den Militäreinsatz in Afghanistan jedoch 530 Millionen Euro jährlich.

Nach offiziellen Angaben besteht die Aufgabe der QRF mit Basis im Bundeswehr-Stützpunkt Masar-i-Sharif in der "Nothilfe" für die Truppen im gesamten Norden Afghanistans. Bisher hatten diese Funktion norwegische Soldaten übernommen. Nachdem unlängst das Nachrichtenmagazin 'spiegel' mit einer Titelschlagzeile geklärt hatte, was Deutsche wieder lernen müssen, wollte nun offenbar auch der Kommandeur der norwegischen Schnellen Eingreiftruppe, Oberstleutnant Kjell Inge Baekken, nicht nachstehen. Er sagte, Bundeswehr-Soldaten müßten "sich bewußt sein, daß sie der Einsatz das Leben kosten kann, und sie müssen bereit sein zu töten, wenn es die Situation verlangt."

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1
Bereits im November 2004 berichtete der 'stern' (Nr. 46 v. 4.11.04) in einer Reportage über den Einsatz der Elite-Einheit KSK in Afghanistan reichlich desillusionierend:

Kommt so eine blöde Ziege daher. Wir werfen Steine - nutzt nix. Wenig später ist der Hirte da, ein Alter. Du zielst auf ihn. Deine Dipolantenne ragt aus der Stellung. Der bückt sich runter zu dir, sagt 'Salem Aleikum' und geht ganz cool weiter. Du bist enttarnt,... (...) Es sind die Amerikaner, die hart nachfragen, weshalb der Oberfeldwebel den Zigenhirten nicht "eliminiert" habe. Schallgedämpft abknallen, dann hätte er den Auftrag fortsetzen können.

Doch in dem wie eine Werbebroschüre für die Bundeswehr aufgemachten 'stern'-Artikel ist noch heftigeres zu lesen:

"Die Amis eliminieren solche Bedrohungen tatsächlich", sagt ein Ex-Offizier der KSK. (...) Die Deutschen hätten auch erlebt, wie Amerikaner "bei der Operation Anaconda ganze Dörfer platt machten" (...) "Die Bilder von Abu Ghraib, das Foltern in irakischen Gefängnissen, haben mich absolut nicht überrascht."

Aber auch dies ist noch zu steigern:

Offiziell heißt es im Verteidigungsministerium, KSK-Soldaten hätten in Afghanistan nur eine Hand voll Gefangene gemacht und die wieder laufen lassen. Wahr ist, "daß wir immer Amerikaner dabei hatten, wenn Gefangene gemacht wurden. So haben die eben die Verdächtigen festgenommen, nicht wir." Eigentlich dürfen deutsche Soldaten Gefangene nicht an ein Land übergeben, in dem die Todesstrafe verhängt wird. "Im Grunde ist es eine Sauerei, unsere Jungs mit ungeklärter Rechtslage da rein zu schicken", sagt der Ex-Offizier.

Selbstverständich sind diese wenigen Zeilen zwischen seitenweiser Heroisierung kaum zu finden, alles war mit vielen schönen Bildern ausgestattet und irreführend unter dem Titel "Terrorkampf" im 'stern' abgedruckt.

Siehe auch unsere Artikel zu Afghanistan:

      Heroin für die Welt
      Afghanistan bricht unter US-Protektorat alle Rekorde (30.11.07)

      Pseudo-Grüne Renate Künast verunglimpft
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      Frauen werden als Währung gehandelt
      Ungebrochene Warlord-Kultur in Afghanistan (6.10.07)

      Afghanistan: Raubzug ohne Rücksicht
      Mohnernte liefert neuen Drogenrekord (27.06.07)

      Deutsche Soldaten in Afghanistan zeigen ihr wahres Gesicht
      Der Skandal ist die militärische Normalität (25.10.06)

      Medica Mondiale bestätigt: Der Afghanistan-Krieg
      brachte keine Verbesserung für die Lage der Frauen (24.08.04)

      Rechtfertigung für Afghanistan-Krieg
      läßt auf sich warten (27.05.04)

      B-T-C Baku-Tbilissi-Ceyhan
      Gezerre um das eurasische Pipeline-Netz (7.08.03)

      Afghanistan - Eine Bilanz der "Befreiung" (23.05.03)

      Krieg ist Frieden (28.11.01)

 

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