1.10.2015

Wendland steht zusammen
Kotting-Uhl erlebt Fiasko als "Botschafterin"

Niemand hat die Absicht - Grafik: Samy
Der wendländische Landkreis Lüchow-Dannenberg wird sich nicht an den "Workshops" beteiligen, mit denen die Atommüll-Endlager-Kommission die Simulation einer "Bürgerbeteiligung" bei der angeb­lichen Suche nach einem Endlager fortsetzen will. Die pseudo-grüne Bundestags­abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl erlebte ein Fiasko, als sie erstmals als "Botschafterin" der Atommüll-Endlager-Kommission in der Trebeler Bauernstube auftrat.

Die Aufgabe der Atommüll-Endlager-Kommission besteht offiziell darin, einen "Neustart der Endlager-Suche" in Deutschland zu organisieren - hierbei ist seit Mitte 2013 von "Bürgerbeteiligung" und einer "weißen Landkarte" die Rede. Erstmals lud die Kommission hierzu am 20. Juni 2015 nach Berlin zu einem "Bürgerdialog" ein. Die Anti-Atom-Bewegung wertete diesen als "simulierte Bürgerbeteiligung", boykottierte die Teilnahme und veranstaltete zeitgleich eine Konferenz "Atommüll ohne Ende" (Siehe unseren Artikel v. 21.06.15).

Noch im August 2013 hatte sowohl eine große Mehrheit der Anti-AKW-Initativen als auch die großen deutschen Umwelt-Organisationen Greenpeace, BUND und Robin Wood die angebotene Beteiligung an der Atommüll-Endlager-Kommission abgelehnt (Siehe unseren Artikel v. 19.08.13). Die pseudo-grüne Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl reagierte darauf indigniert und sprach: "Das geht gar nicht!". Als Feigenblatt waren zwei von insgesamt 33 Sitzen in der Kommission für VertreterInnen aus Umwelt-Verbänden und Anti-Atom-Bewegung reserviert worden. Im April 2014 fiel der BUND um und gab bekannt, nun doch einen Vertreter in die Atommüll-Endlager-Kommission zu entsenden (Siehe unseren Artikel v. 13.04.14). Ein erstes deutliches Signal, daß der inoffizielle Auftrag dieser Kommission lediglich darin besteht, dem als Endlager völlig ungeeigneten Salzstock Gorleben eine pseudo-demokratische Legitimation zu verschaffen, ist die im Mai 2014 bekannt gewordene Liste der Kommissions-Mitglieder (Siehe unseren Artikel v. 19.05.14).

Etliche der bereits 2013 aus den Reihen von Anti-AKW-Initativen und Umwelt-Verbände vorgebrachten Kritik-Punkte an dem angeblichen "Neustart der Endlager-Suche" haben sich in den vergangenen Monaten bestätigt. Ein weiterer Beweis, daß die Parteien-Politik im Sinne der Konzern-Interessen mit gezinkten Karten spielt, wurde dieser Tage publik: So soll nun bei den Auswahl-Kriterien für einen Salzstock auf das Vorhandensein eines intakten, abschirmenden Deckgebirges verzichtet werden. Dies zielt ganz klar auf Gorleben, denn der Gorlebener Salzstock wurde durch einen eiszeitlichen Gletscher angerissen, so daß vom Salz nach oben hin direkte Verbindungen zu grundwasserführenden Schichten bestehen. Noch 1995 war ein unversehrtes Deckgebirge im Kriterienkatalog der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe enthalten.

Dennoch versucht die pseudo-grüne Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl weiterhin das Märchen zu verbreiten, der neu ausgerufenen Endlager-Suche liege "eine weiße Landkarte" Deutschlands zugrunde - es gebe keine Vorfestlegung auf Gorleben. In einer Mitteilung ihrer Bundestags-Fraktion gab sie am 24. September bekannt, nunmehr als "Botschafterin" für die Atommüll-Endlager-Kommission sogenannte Workshops in den Regionen zu "begleiten", in denen es um die "Frage des bestmöglichen Standortes, Kriterien, das Auswahlverfahren und Bürgerbeteiligung" gehe.

Ebenfalls am 24. September beschloß der Kreistag Lüchow-Dannenberg mit großer Mehrheit, sich nicht an jenen "Workshops" zu beteiligen, zu denen die Atommüll-Endlager-Kommission einlädt. Eine wirkliche Mitsprache bei der Debatte um Sicherheitskriterien gebe es nicht. Am heftigsten war im Wendland aufgestoßen, daß auf ein intaktes, abschirmendes Deckgebirge als Kriterium bei der angeblich neuen Endlager-Suche verzichtet werden soll. Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, seit über vier Jahrzehnten eine der tragenden Säulen des Widerstands gegen das Endlager-Projekt Gorleben, konstatiert, dies zeige, daß der für die Lagerung von Atommüll untaugliche Salzstock Gorleben so im Pool möglicher Endlager-Standorte belassen werde. Das Vorgehen der Kommission zeige erneut, daß es real gar nicht um die Suche nach einem "bestmöglichen" Standort gehe. Offenbar steht das Wendland weiterin zusammen und dessen BewohnerInnen lassen sich nicht von den wiederholten Beschwörungen einer "weißen Landkarte" täuschen. BI-Sprecher Wolfgang Ehmke kommentierte: "Dieser Beschluß ist ein klares Signal, ein Ausdruck großer politischer Geschlossenheit im Wendland. Solange Gorleben im Verfahren bleibt, gibt es keine Bereitschaft, sich in die Kommissions-Veranstaltungen einzubringen."

Am Sonntag, 27. September, trat Sylvia Kotting-Uhl erstmals in ihrer neuen Rolle als "Botschafterin" der Atommüll-Endlager-Kommission in der Trebeler Bauernstube auf, einer historischen Stätte der Anti-Atom-Bewegung. Sie erlebte ein Fiasko. Die 91-jährige Marianne Fritzen, erste aller Vorsitzenden der Bürgerinitiative Umweltschutz in Lüchow-Dannenberg, lobte in erkennbar ironischem Ton den "Mut", den Kotting-Uhl mit ihrem Auftritt beweise. Kotting-Uhl versuchte vergeblich, bei den Anwesenden die Hoffnung zu wecken, sie könne das Kriterium eines intakten Deckgebirges im Nachhinein noch als "Abwägungskriterium" - sprich: unverbindliches Kriterium - einbringen. Vom heutigen BI-Vorsitzenden, Martin Donat, wurde Kotting-Uhl gefragt: "Worüber soll die Öffentlichkeit noch diskutieren, wenn die Kriterien bereits feststehen?" Einerseits erklärte Kotting-Uhl in der genannten Presse-Mitteilung vom 24.09., bei den "Workshops" werde es um Kriterien gehen - andererseits gab sie in Trebel offen zu, daß schon längst "bestimmte Kriterien nicht mehr zur Debatte" stünden. Mit diesen Äußerungen hat sich Kotting-Uhl bei so manchen der Anwesenden eventuell noch vorhandene Sympathien endgültig verscherzt.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Atommüll-Konferenz contra
      contra "simulierte Bürgerbeteiligung" (21.06.15)

      Bundeskabinett setzt weiter auf Gorleben
      BI hofft auf Justiz (26.03.15)

      Kein Feigenblatt für Atommüll-Endlager-Kommission
      Verbände lehnen Anhörung ab (29.10.14)

      Atommüll-Endlager-Kommission steht
      Schlag gegen die Anti-AKW-Bewegung (19.05.14)

      BUND fällt um
      Teilnahme an Atommüll-Endlager-Kommission (13.04.14)

      "Das geht gar nicht"?
      Eine Antwort auf Kotting-Uhls "Einladung" (4.02.14)

      Greenpeace, BUND und Robin Wood nehmen
      an Endlager-Kommission nicht teil (19.08.13)

      "Schwarz-Rot-Gelb-Grün" einigt sich
      auf Endlager-Such-Gesetz
      Ziel bleibt Gorleben (14.06.13)

      "Nein Danke" zu Altmaiers Einladung
      Anti-AKW-Gruppen lehnen Perversion der Bürgerbeteiligung ab
      (29.05.13)

      BI Lüchow Dannenberg warnt
      vor neuem Endlagersuchgesetz (29.07.12)

      Das ungelöste Problem der Endlagerung
      Info-Serie Atomenergie - Folge 12

 

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