7.03.2007

AKW Fessenheim
30 Jahre tödliche Gefahr

Das Atomkraftwerk Fessenheim hat zwei Druckwasserreaktoren à 880 Megawatt und liegt - nur 24 Kilometer vom Stadtzentrum von Freiburg entfernt - im erdbebengefährdeten Rheingraben. Es ist mit 30 Jahren (heute am 7. März feierte es Betriebs-"Jubiläum") das älteste AKW Frankreichs.

In jedem Atomkraftwerk wird jährlich pro Megawatt elektrischer Leistung die Radioaktivität einer Hiroshima-Bombe erzeugt. Umgerechnet auf die beiden Reaktorblöcke des AKW Fessenheim bedeutet dies, daß dort in jedem Betriebsjahr die kurz- und langlebige Radioaktivität von 1.760 Hiroshima-Bomben entsteht. Die Freisetzung auch nur eines geringen Teils dieser Radioaktivität hätte verheerende Folgen für alles Leben in der gesamten Region. Als Folge einer Reaktorkatastrophe wie vor zwanzig Jahren in Tschernobyl würde bei der meist vorherrschenden Windrichtung ein Territorium bis in den Raum Nürnberg-Würzburg für Jahrzehnte unbewohnbar.

Katastrophen-Gebiet bei Super-GAU im AKW Fessenheim

Der französische Stromkonzern Edf will die Laufzeit jedoch bis 2017 verlängern - das wären dann geschlagene 40 Jahre.

Die Betonhülle des Containments besteht aus 80 cm Spannbeton und könnte dem gezielten Absturz eines Cessna-Kleinflugzeugs nicht standhalten, geschweige denn dem eines gekaperten Linienflugzeugs nach Vorbild des 11. September 2001.

Im März 1978 gelang es den badisch-elsässischen Bürgerinitiativen, Teile des geheimen Katastrophenschutzplanes zu veröffentlichen. Diese waren aus dem Landratsamt Lörrach gestohlen worden. In den Medien wurde allerdings mehr Skandal um den Diebstahl gemacht als um den skandalösen Katastrophenschutzplan - obwohl dieser doch die Hilflosigkeit der Behörden im Fall eines Super-GAU des AKW Fessenheim dokumentierte.

Im Herbst 1979 machte ein vormaliger Sicherheits-Ingenieur sein Wissen um Risse an den Stutzen des Reaktordruckbehälters öffentlich. Konsequenzen wurden daraus - wie kaum anders zu erwarten - nicht gezogen. EdF berief sich auf "bruchmechanische Berechnungen", die trotz der Risse die Sicherheit des Druckbehälters beweisen sollten.

Aus einer langen Liste der jährlich zwischen 8 und 20 Störfälle des AKW Fessenheim seien aus den willkürlich herausgegriffenen Jahren 1995, 96 und 97 hier nur ein paar besonders erschreckende aufgezählt:

6. Juni 1995
radioaktive Kontamination eines Mitarbeiters

15. Februar 1996
Eine Bombenattrappe wird in der Eingangshalle des AKW Fessenheim gefunden

7. Juni 1996
Brand an einer Ölpumpe

Ebenfalls im Juni 1996
werden Risse im Deckel des Reaktordruckbehälters von Block 2 entdeckt. Er wird zwei Jahre später ausgetauscht. In Block 1 wird der 54 Tonnen schwere Deckel im Juli 1996 ersetzt. (Die Risse im Deckel des Reaktordruckbehälters von Block 1 waren bereits seit 1991 bekannt.)

7. August 1996
Schnellabschaltung wegen des Defekts eines Schiebers

18. Oktober 1996
Überschreitung des Sollwerts des Borgehalts im Sekundärkreislauf. Der Reaktor muß manuell heruntergefahren werden.

Im November 1996
stand eines von drei Sicherheitsventilen über einen Monat lang offen, ohne daß es bemerkt wurde. Dies wird am 8. Dezember öffentlich.

April 1997
Es werden Fehler an den Röhren des Primärkreislaufs entdeckt

Juni 1997
Ein vorgeschriebener Test wird doppelt ausgeführt. Die Endkontrolle der Testserie wird vergessen.

Einige weitere peinliche Informationen, die im Laufe der Jahre an die Öffentlichkeit drangen:

Im November 1998 wird eine defekte Schweißnaht im Noteinspeisekreislauf publik.

Im August 2000 muß die EdF eingestehen, daß die Wasserbecken des Notkühlsystems und das Abklingbecken für verbrauchte Brennelemente nicht erdbebensicher sind.

Am 22. Februar 2003 rüttelt ein Erdbeben der Stärke 5,4 auf der Richterskala mit Epizentrum St. Dié die gesamte Region wach. Es erinnerte daran, daß es sich beim Rheingraben zwischen Schwarzwald und Vogesen um ein ausgesprochenes Erdbebengebiet handelt. Das gerade mal 40 Kilometer von Fessenheim entfernte Basel war das Zentrum des stärksten überlieferten Erdbebens in Mitteleuropa. Die Erschütterungen, die dieses Beben 1356 auslöste und Basel in Schutt und Trümmer legte, würde das AKW Fessenheim mit Sicherheit nicht überstehen.

Im Januar 2004 werden Konstruktionsfehler im Notkühlsystem der französischen Druckwasserreaktoren bekannt - ohne Folgen für das AKW Fessenheim.

Ebenfalls im Januar 2004 werden bei Reparaturarbeiten am Primärkreislauf des AKW Fessenheim sieben Arbeiter verstrahlt. Über vier Tage hin versuchte die Kraftwerksleitung den Unfall zu verheimlichen.1

Ende Februar 2004 wird bekannt, daß am Samstag, 14. Februar, weitere drei Arbeiter einer Fremdfirma bei Arbeiten am Reaktordruckbehälter kontaminiert wurden. In den darauf folgenden Tagen sickern Informationen durch, daß die Gesamtzahl der Kontaminierten mindestens 12 beträgt.

Juni 2004
Das Uralt-AKW Fessenheim wird in einer internen Beurteilung durch die französische Nuklearaufsicht ISRN als eines der unsichersten AKWs beurteilt.

5. Dezember 2004
Ein weiteres Erdbeben der Stärke 5,4 auf der Richterskala mit Epizentrum beim nur 35 Kilometer von Fessenheim entfernten Waldkirch erschüttert den Südschwarzwald und das angrenzende Elsaß.2

23. März 2005
drei Feuerwehrzüge - unter anderem aus dem mehrere Kilometer entfernten Mulhouse - werden zum AKW Fessenheim gerufen. Eine Erklärung wird nicht bekannt.

Atomkraftwerk Fessenheim: Ja Bitte?

Selbstverständlich gibt es in Frankreich und Südbaden auch eine einflussreiche, mächtige Atomlobby. In Sachen Fessenheim geht es um viel Geld. Seit Jahrzehnten überschüttet der französische Stromkonzern EdF mit Steuergeldern und "Zuwendungen" Gemeinden, Vereine und Politiker. Jedes Jahr Laufzeitverlängerung bringt mehr Gefahren und den AKW-Betreibern pro Reaktor im Mittel Zusatzgewinne von etwa 300 Millionen Euro. Und auch bei den Plänen neue Reaktoren im AKW Fessenheim zu bauen, geht es um riesige Geldbeträge. 3,2 Milliarden Euro soll der erste Europäische Druckwasserreaktor, der sogenannte EPR kosten. Dieser wird jetzt zu einem Dumpingpreis in Olkiluoto in Finnland gebaut. Realistisch sind nach Expertenansicht eher 4 Milliarden Euro. Beim Neubau von zwei neuen Reaktorblöcken in Fessenheim geht es also um die Summe von rund 8 Milliarden Euro. Gehen wir erfahrungsgemäß von rund 5 Prozent "Werbung" und "baubegleitenden Maßnahmen" zur politischen Akzeptanzgewinnung aus, dann handelt es sich um einen Betrag von 400 Millionen Euro. Aus Überzeugung für das AKW Fessenheim? "It's the economie, stupid!" - wie der frühere US-Präsident Clinton einmal ausplauderte, als seine Beratern ihn nicht rechtzeitig stoppen konnten.

Was tun?

Sich an Demonstrationen zu beteiligen, genügt nicht.

Atomkraft-GegnerInnen beziehen atomenergie-freien Strom:
Beispielsweise von Greenpeace energy oder den Energiewerken Schönau

Auch im eigenen Umfeld gibt es Möglichkeiten zur Energieeinsparung oder zum Einsatz regenerativer Energien.

Jedes einzelne Gespräch im Zug oder in der Kantine über Atomenergie hilft gegen die weitverbreitete Verdrängung der Gefahren.

Kontakte zu Atomkraft-GegnerInnen über die Ländergrenzen - nach Frankreich oder in die Schweiz sind außerordentlich wichtig.

An vielen Orten - wie beispielsweise in Freiburg - gibt es noch aktive Gruppen der Anti-Atom-Bewegung, bei denen Ideen und Kreativität gefragt sind.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unseren Artikel

      Verbrecher in Fessenheim
      - Arbeiter im AKW verstrahlt - Versuch der Vertuschung (29.01.04)

2 Siehe auch unseren Artikel

      Erdbeben der Stärke 5,4
      AKW Fessenheim nur rund 35 Kilometer vom Epizentrum entfernt
      (4.12.04)

 

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