8.03.2007

Beschleunigtes Amphibiensterben

Ein Drittel aller Amphibien vom Aussterben bedroht

Laubfrosch Weltweit verschwindet mit zunehmender Geschwindigkeit eine Amphibienart nach der anderen. ForscherInnen beobachten diesen Verlust der Amphibienvielfalt schon seit zwei Jahrzehnten. Sie vermuten, daß Frösche, Molche und Salamender die ersten Opfer des Klimawandels sind.

Ohne greifbare Erklärung und in kürzester Zeit - selbst in augenscheinlich völlig ungestörten Biotopen - verschwindet eine Amphibienpopulation nach der anderen. Und das überall auf der Welt gleichzeitig: im mittelamerikanischen Nebelwald, in den Regenwaldgebieten der australischen Hügel, in den äquatorialen Hochanden, in den verborgenen Tälern des chilenischen Küstengebirges.

Gleichzeitig brechen in Europa und Nordamerika ganze Froschpopulationen sonst überaus häufiger Arten ein, auch hier ohne erkennbare Ursache. Was also wie der Auftakt zu einem gruseligen Ökothriller klingt, ist alles andere als eine Fiktion, sondern für FroschforscherInnen seit gut 20 Jahren traurige Realität.

Noch im letzten Jahr war die Theorie in der Diskussion, daß das Aussterben der Amphibien auf eine Pilzerkrankung zurückzuführen sei. Die These, der Pilz könnte mit afrikanischen Krallenfröschen, die weltweit für Schwangerschaftstests eingesetzt wurden, verschleppt worden sein, ist inzwischen verworfen - nicht zuletzt, weil besonders abgelegene Gebiete betroffen sind, in die kein Krallenfrosch jemals kam. Klar ist auch, daß nicht der Pilz allein das Unglück über die Amphibien gebracht hat.

Konsens besteht ebenfalls dahingehend, daß es keine monokausale Erklärung gibt, sondern daß wir es mit einem Ursachencocktail zu tun haben. Ganz wesentlich beteiligt ist dabei diese Pilzerkrankung (Chytridiomycose) die unter bestimmten Bedingungen ganze Froschpopulationen in kürzester Zeit ausradieren kann. Woher sie kommt oder warum sie plötzlich tödlich ist, bleibt vorerst ungeklärt.

Amphibien sind besonders anfällig gegenüber Umweltveränderungen, da sie als wechselwarme Tiere und aufgrund ihrer Glipschhaut sowie ihrer auf Wasser oder Umgebungsfeuchtigkeit angewiesenen Fortpflanzungsweise stark von den äußeren Bedingungen abhängig sind. Derzeit geht man davon aus, daß die Amphibien zu den ersten Opfern der globalen Erderwärmung gehören. Die Häufung an Klimaextremen führt zum Beispiel durch verlängerte Trockenperioden oder ungewöhnliche Temperaturmaxima zu massivem Umweltstress, der sie anfällig für den Killerpilz macht.

Andere Faktoren kommen hinzu: Die durch das Ozonloch erhöhte UV-Strahlung versengt den Laich, Umweltschadstoffe schwächen den Froschorganismus, und nach wie vor werden viele Arten auch ganz klassisch aus der Welt geschafft - durch die Zerstörung ihrer Lebensräume1.

Mit dem 'Global Amphibian Assessment' hat ein Netzwerk internationaler Forscher eine Art weltweiter Amphibieninventur durchgeführt. Das Ergebnis ist erschreckend: 5.743 Arten, das ist fast ein Drittel aller Amphibien, sind unmittelbar vom Aussterben bedroht. Von den 113 bekannten Arten der hübschen Stummelfußkröten beispielsweise gelten heute ganze fünf bis zehn Prozent als nicht bereits ausgestorben oder akut vom Aussterben bedroht. Mit den chilenischen Nasenfröschen droht sogar eine ganze Artenfamilie zu verschwinden.

Diese dramatische Entwicklung hat die Wissenschaftsgemeinde in den Alarmzustand versetzt. In einem dramatischen Appell in der Wissenschaftszeitschrift Science warnten im Sommer letzten Jahres fünfzig international führende ZoologInnen vor der größten Aussterbekatastrophe unserer Zeit mit unabsehbaren Folgen für die gesamte Artenvielfalt und die Ökosysteme. Die WissenschaftlerInnen fordern unter anderem mehr Geld für die Forschung, um das letztlich immer noch mysteriöse Amphibiensterben besser zu ergründen. Immerhin könnten Amphibien auch ein wichtiger Baustein der Klimafolgenforschung sein.

 

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Anmerkung
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