11.02.2004

Berufsverbotsverfahren
gegen Realschullehrer
in Heidelberg

Am 15.12.2003 erhielt der Realschullehrer Michael Csaszkóczy, der sich seit Sommer 2001 auf der BewerberInnenliste für das Lehramt im Bezirk Heidelberg befand, ein Schreiben des Oberschulamtes Karlsruhe. Darin wurde ihm mitgeteilt, daß "einschlägige Erkenntnisse" des Innenministeriums aus den Jahren 1992 bis 2002 Zweifel daran aufkommen ließen, daß er bereit sei, jederzeit für die "freiheitliche demokratische Grundordnung" einzutreten. Diese könne er allerdings bei einem "vertieften Einstellungsgespräch" ausräumen, bei dem es insbesondere um die "Mitgliedschaft in Parteien oder Gruppierungen" gehen solle, die "verfassungsfeindliche Ziele" verfolgen.

Dieses Schreiben bedeutet den Auftakt zu einem Berufsverbots- Verfahren, das sich faktisch schon wie ein Berufsverbot auswirkt, da der ursprünglich geplante Einstellungstermin (01.02.2004) bereits verstrichen ist.

Michael Csaszkóczy ist seit 1989 in Heidelberg politisch aktiv, wo er sich insbesondere in der Antifa- und Antikriegsbewegung sowie für selbstverwaltete linke Zentren engagiert und dabei auch in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt. Außerdem ist er bundesweit für die Rote Hilfe e. V. aktiv, die als linke Solidaritätsorganisation ebenfalls im Fadenkreuz des Verfassungsschutzes steht.

Der den Berufsverboten zugrunde liegende "Radikalenerlaß" wurde 1972 eingeführt, um politisch aktive Menschen aus dem öffentlichen Dienst fernzuhalten und Gleichgesinnte einzuschüchtern.1 Insgesamt gab es dann in den folgenden Jahren rund 10.000 Berufsverbots- verfahren mit 1250 Ablehnungen von BewerberInnen und 265 Entlassungen. Im Verlauf der achziger Jahre stiegen immer mehr Bundesländer möglichst geräuschlos aus dem Verfahren aus und die "Regelanfrage" wurde nur noch in Baden-Württemberg und Bayern praktiziert.

Durch das an Michael Csaszkóczy statuierte Exempel sollen andere linke AktivistInnen vor die Wahl zwischen politischem Engagement und angestrebter Berufsausübung gestellt werden. Zudem deutet dieser Fall darauf hin, daß in Zeiten verstärkter sozialer Repression auch auf dieses Instrument verstärkt zurückgegriffen werden kann.

 

Harry Weber

 

Anmerkung:
1Siehe auch unseren Artikel
    zum Thema Berufsverbote v. 28.01.04

 

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