13.03.2007

Bienen-AIDS
auch in Deutschland?

ImkerInnen wehren sich gegen Anbau von BT-Mais

Deutsche ImkerInnen fordern einen Anbaustopp für den genmanipulierten BT-Mais in Deutschland. Sie klagen über Verluste, die in ihrer Symptomatik jenem katastrophalen Bienen-AIDS in den USA gleichen.1 Hier wie dort steht der durch Genmanipulation mit einem eingebauten Insektengift aufgerüstete BT-Mais als Ursache im Verdacht.

Walter Haefeker, Vorstand des Deutschen Berufs und Erwerbs Imkerbunds (DBIB) und Vizepräsident des Europäischen Berufsimkerverbandes, sieht die Imkerei in Deutschland "in ihrer Existenz bedroht". Auch er hält den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft für eine mögliche Ursache des massiven Bienensterbens. Doch bisher gilt die Ursache offiziell als "ungeklärt". Aber auch US-WissenschaftlerInnen mutmaßen, daß der großflächige Einsatz von Gen-Mais in den USA für das Bienen-AIDS verantwortlich ist.

Auch Haefeker zitiert Albert Einstein: "Wenn die Biene von der Erde verschwindet, dann hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr - keine Bestäubung mehr - keine Pflanzen mehr - keine Tiere mehr - keine Menschen mehr..." Doch mit ihren Warnungen scheinen die ImkerInnen bei der Politik auf wenig Gehör zu stoßen. Es heißt zwar, ihre Bedenken würden ernst genommen, doch im Ende Februar vom Kabinett verabschiedeten Gentechnik-Eckpunkte-Papier2 von Landwirtschaftsminister Horst Seehofer heißt es ganz so als sei dies eine besondere Vergünstigung: "Imker haften nicht für Einträge von gentechnisch veränderten Pollen in konventionelle oder ökologische Kulturen, ..." Das müssen ImkerInnen wohl so verstehen, daß sie froh sein sollen, nicht selbst haftbar gemacht zu werden, wenn die Gentechnik ihre Lebensgrundlage zerstört.

Doch auch wenn ImkerInnen zusammen mit dem Demeter-Bund und anderen gegen den Anbau genmanipulierter Maispflanzen - wie jüngst geschehen - vor Gericht ziehen, werden sie von den Mainstream-Medien fast ausnahmslos ignoriert. Ob diese Nachrichten-Blockade allerdings auch dann noch aufrecht erhalten werden kann, wenn bereits Zustände eingetreten sind wie in den USA, ist allerdings eine andere Frage. Walter Haefeker verweist darauf, daß in den USA bereits auf 40 Prozent aller Maisanbauflächen genmanipulierte Maissorten angebaut werden, überwiegend BT-Mais. In Deutschland beträgt der Anteil erst 0,06 Prozent und der Anbau beschränkt sich weitgehend auf Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg. Würde ein europaweites Gen-Moratorium eingehalten, könnte also eine Katastrophe wie in den USA möglicherweise noch vermieden werden.

Dort, wo bereits genmanipulierter BT-Mais angebaut wird, häufen sich die Indizien, daß Bienen-AIDS von dem darin enthaltenen BT-Gift verursacht wird. Auch in Helmstedt in Niedersachsen verlassen Bienenvölker ihre Kästen und der Nachwuchs stirbt. ImkerInnen aus dem Kreis Helmstedt vermuten als Ursache - auch ohne Kenntnis der Vorgänge in den USA: Gen-Mais. Denn im Süden von Helmstedt wird verstärkt Gen-Mais zur Energiegewinnung angebaut. Gen-Mais-Pollen macht bei den Bienen inzwischen 20 Prozent des Jahreseintrags an Pollen aus.

Hinzu kommt, daß "zu Forschungszwecken" von der Biologischen Bundesanstalt Braunschweig bei Sickte, Lehre-Wendhausen und Braunschweig Gen-Mais der Sorte MON-810 angebaut wird. Viele ImkerInnen aus der Region Helmstedt wählen für Ihre Bienenvölker nur noch "saubere" Standorte am Elm, Dorm, Lappwald oder an den Tagebauen. Daß die Bienen dennoch über diese Flächen hinausfliegen, um dann auf dem mit Pestizid belasteten Mais oder auf Gen-Mais zu landen, könne nicht verhindert werden.

Gegen den Anbau von MON-810-Mais in dieser Region protestiert das Bündnis für die gentechnikfreie Landwirtschaft Lüneburg. Die rund 5000 Bündnis-Mitglieder, konventionell wirtschaftende und Bio- LandwirtInnen, befürchten, daß Mais auf angrenzenden Feldern durch Pollenflug kontaminiert wird. Der Versuchsanbau finde seit zwei Jahren statt, ohne Ergebnisse oder Schäden publik zu machen, betont Bündnis-Sprecherin Annemarie Völling. Das weist die Forschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig zurück. Die politischen Vorgaben für den Test-Anbau seien fern jeder Realität am Markt, sagt Annemarie Völling. Deutschlands größter Mühlenbetrieb, die Kampffmeyer Mühlen, nähmen keinen Mais ab, der mehr als 0,1 Prozent Gen-Anteil aufweise. Die Forschungsanstalt für Landwirtschaft und die Biologische Bundesanstalt orientierten sich aber am EU-Kennzeichnungs-Schwellenwert für Lebensmittel von 0,9 Prozent.

In Gießen protestiert die Arbeitsgemeinschaft Schulimkerei der Gesamtschule Gießen-Ost (GGO) gegen den geplanten Anbau von genmanipulierten Maispflanzen auf einem Versuchsfeld der Uni Gießen. Die AG betreibt ihre Imkerei nunmehr seit sieben Jahren und erhielt im Januar 2007 vom Landesinstitut für Bienenforschung die Bestätigung, sehr guten Honig zu produzieren. Besonders erstaunt hat die Schul-Imkerei die vom Bieneninstitut festgestellte Sortenvielfalt an Pollen in ihrem Honig. Daran zeige sich, daß die Bienen teilweise Pollen von Pflanzen aus Entfernungen von über drei Kilometer eintragen. Umso mehr ist die AG Schulimkerei über den Anbau von MON-810-Mais auf einem Versuchsfeld der Uni Gießen "besorgt als auch verärgert", heißt es in einer Stellungnahme. Darin wird zudem darauf hingewiesen, daß es sich bei MON-810 um eine lediglich als Futtermittel für Tiere aber nicht zur menschlichen Ernährung zugelassene Mais-Sorte handelt. Man empfinde es daher als Arroganz und Willkür, daß das Gießener Stadtparlament sowie die Leitung der Uni Gießen "nicht zu ihrem Versprechen stehen, solche Feldversuche in Gießen zu unterbinden".

Eine Klage auf Schadenersatz gegen die Uni Gießen hat derweil der Inker Wulf Feinhals aus Wettenberg abgedroht, falls der Versuchsanbau mit MON-810-Mais durchgeführt werde. Auf vielen Ebenen bewegt sich momentan der Streit um den Gen-Mais, der im Frühjahr auf dem Feld an der "Weilburger Grenze" ausgebracht werden soll. Die ImkerInnen laufen deutschlandweit Sturm gegen die Aussaat genmanipulierter Pflanzen. So berichtet Feinhals in seinem Brief von einer großen Anzahl wissenschaftlicher Untersuchungen, in denen belegt ist, dass Gen-Mais-Pollen im Honig nachgewiesen wurden. "Da ich ein Bioland-Umstellungsbetrieb bin, ist für mich ein solcher Honig nicht mehr zu vermarkten", stellt Feinhals in einem Pressegespräch fest. Eine Belastung der Bienenvölker sei ebenfalls nicht auszuschließen, dies hätten Untersuchungen ergeben. Seine Jungvölker stünden in nur 300, andere Völker in 1500 Metern Entfernung vom künftigen Gen-Mais. Da nachgewiesenermaßen Bienenvölker in einem Umkreis von 3000 Metern von ihrem Stock Nektar und Pollen einsammelten, sei er direkt betroffen.

Auch in Bayern geht es ImkerInnen vielerorts nicht besser. Felix Kriechbaum vom Oberbayerischen Imker-Bezirksverband registriert bei den Bienenvölkern der Region einen deutlichen Einbruch. Wenn "Bienenvölker spurlos verschwinden", seien die Ursachen schwer zu untersuchen, erklärt Kriechbaum. Das Verschwinden ganzer Völker ist auch in den USA ein Kennzeichen der seit Herbst 2006 zu beobachtenden katastrophalen Entwicklung.

Deshalb organisieren ImkerInnen-Verbände Vorträge von unabhängigen Fachleuten, um sich informieren zu lassen. Auf einer solchen Veranstaltung sprach beispielsweise die Diplom-Biologin Dr. Beate Rutkowski vom Kreisverband Bund Naturschutz vor ImkerInnen der Kreise Piding und Traunstein, Region Chiemsee. Statt über die Mainstream-Medien erfahren die ImkerInnen auf diesem Weg unter anderem von der Entwicklung in den USA und dem Verdacht gegen den BT-Mais. Positiv aufgenommen wurde der Hinweis, daß der Raum Traunstein, Berchtesgadener Land und Rosenheim praktisch gentech-frei sei. In Bayern gibt es über 100 gentech-freie Regionen, die aber nicht zusammenhängend sind - 27.000 Landwirte haben sich verpflichtet, kein genmanipuliertes Saatgut anzubauen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unseren Artikel:

      Bienen-AIDS in den USA
      Ist Gentechnik die Ursache? (6.03.07)

2 Siehe auch unseren Artikel:

      Eckpunktepapier für Gentechnikgesetz
      Beeindruckende Kontinuität zu "Rot-Grün" (2.03.07)

Siehe auch unsere übrigen Artikel zum Thema:

      Bienensterben
      nimmt bedrohliche Ausmaße an (30.05.03)

      Bienensterben zweite Stufe (6.06.03)

      Nach dem Bienensterben
      nun auch ein Rückgang bei den Hummeln (18.06.03)

      Bienentod durch Imidacloprid
      Bayer-Konzern verliert Prozeß (10.07.03)

      Bienensterben
      und noch ein Insektizid (14.08.03)

      Bayer und BASF
      wegen Bienensterben angeklagt (19.02.04)

      Gentech-Konzern Bayer
      in tiefroten Zahlen (27.03.04)

 

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