4.09.2004

Artikel

Mr. Black

und das schwarze Loch in der Hosentasche

424.861 Pfund für persönliches Londoner Personal, 50.000 Pfund für die Reparatur eines Rolls-Royce, 42.870 Dollar für ein Festbankett und 13.858 Pfund für kühlende Drinks sind nur Beispiele für Ausgaben, die Conrad Black, früherer Eigner der renommierten Londoner Tageszeitung 'Daily Telegraph', offenbar als standesgemäß erachtete. Nach Enron und Martha Stewart scheint Mr. Black ein weiterer Fall von hemmungsloser Gier zu sein, die der Kapitalismus in den oberen Etagen produziert und die ihn zugleich am Laufen hält.

Jetzt, nachdem er über einen Finanzskandal stolperte, listen Jounalisten des 'Daily Telegraph' lustvoll auf, was da so alles im schwarzen Loch in der Hosentasche des Mr. Black verschwand. Nicht etwa nur die umgerechnet knapp sieben Millionen Euro an nicht autorisierten Zahlungen, die den Sturz Conrad Blacks ausgelöst hatten, sondern umgerechnet über 400 Millionen Euro sollen er und seine Gattin die Journalistin Barbara Amiel, aus der Firmenkasse für persönliche Zwecke umgewidmet haben. Der "kleine" Skandal hatte zum Verkauf des 'Daily Telegraph' und sämtlicher anderer Zeitungen im Besitz der Holding 'Hollinger International' geführt. Nun werden auch andere Hollinger-Manager der Mitwisserschaft beschuldigt und verdächtigt, in die Affaire verwickelt zu sein. Prominentester Verdächtiger: der frühere stellvertretende US-Kriegsminister Richard Perle. Die britische Presse schreibt von "Betrug" und "Kleptokratie". Es wird über lange Prozesse und hohe Gefängnisstrafen spekuliert. Doch bisher streitet Conrad Black alle nicht bewiesenen Vorwürfe ab.

Wenn es darum geht, Mr. Black bewußtes Fehlverhalten nachzuweisen, wird dies mit Sicherheit ebenso schwierig wie beim Mannesmann- Prozeß um den Deutsche-Bank-Manager Josef Ackermann.1 Hier hatte sich einmal mehr die Volksweisheit bewahrheitet: "Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus." Zudem besitzt Conrad Black reichlich Freunde in Politik und britischer High Society. Auf den rauschenden Festen im 13 Millionen Pfund teuren Heim der Blacks in Londoner Nobel-Stadtteil Kensington gaben sich Intellektuelle, Rockstars und Minister die Klinke in die Hand. Angeblich wurde der selbst für die oberen Zehntausend extravagante Lebensstil der Blacks ausgerechnet durch einen Bericht der Nobel-Zeitschrift Vogue ein wenig degoutant. In ihren Gemächern mit einem Dutzenden Hermes-Taschen und vor ihrem Schuhschrank, der selbst das legendäre Sortiment der Diktatoren-Gattin Imelda Marcos in den Schatten stellte, hatte sich Barbara Amiel in stolzer Pose ablichten lassen. Das ließ den doch Zweifel an einer rechtmäßigen Herkunft der Finanzmittel aufkommen und brachte vermutlich die Ermittlungen in Gang.

 

Harry Weber

 

Anmerkung:

1 Zur Erinnerung:
Im Februar 2000 schluckte der britische Konzern Vodafone nach dreimonatiger "Abwehrschlacht" den früheren Montan-Konzern Mannesmann, der im Mobilfunk-Geschäft aufgestiegen war. Dieses Jahr (2004) wurde unter anderen Josef Ackermann, Aufsichtsrats- Vorsitzender der Deutschen Bank, Jahressalär 2003: 9,6 Mio. US-Dollar, und damals Chef des Aufsichtsrats von Mannesmann, angeklagt, weil dem "freigesetzten" Mannesmann-Vorstands-Chef Klaus Esser rund 30 Mio. Euro "Abfindung" zugeschoben worden waren. Insgesamt wurden rund 57 Mio. Euro an die Top-Manager von Mannesmann verteilt. Der Prozeß endete - auch für den mitangeklagten Gewerkschaftsbonzen und IG-Metall-Chef Klaus Zwickel, der ebenfalls im Mannesmann- Aufsichtsrat saß und für die Prämien mitverantwortlich war, - mit Freisprüchen. Nebenbei bemerkt: Das Ganze ist nichts im Vergleich zum Gewinn, den ein chinesischer Großauktionär aus Hongkong beim Mannesmann-Deal absahnte: 5 Milliarden Euro.

 

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