11.08.2007

Viel Geld
- viel Vertrauen?

Viel Geld ins schwarze Loch gepumpt

Die Weltwirtschaftskrise rückt näher
 
Nachdem die EZB bereits vorgestern (Donnerstag) 95 Milliarden Euro in die Geldmärkte gepumpt hatte1 und dies das erwünschte Vertrauen in ein Ende der Bankenkrise nicht wecken konnte, warf sie gestern weitere 61 Milliarden Euro hinterher. Nun kann dieses Spiel zwar mit Hilfe der Notenpresse theoretisch beliebig lange fortgesetzt werden - die so offenbar nicht mehr aufzuhaltende Krise hat dies jedoch weiter verschärft.

Die Banken stürzten sich zwar geradezu auf die angebotenen "Liquidität", doch Montag ist Zahltag. Bis dahin muß der mit 4,08 Prozent äußerst günstig angebotene Kredit an die EZB zurückgezahlt werden, oder...

Die EZB hatte den Banken erst am Dienstag 293 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Das Gesamtvolumen des in der Euro-Zone umlaufenden Geldes müßte also inzwischen auf rund 600 Milliarden Euro angeschwollen sein. Üblicherweise versucht die Notenbank wöchentlich mit rund 20 bis 30 Milliarden Euro den Bedarf der Banken an Notenbankgeld zu decken. Während der Woche verleihen die Banken unter normalen Umständen den Anteil der Gelder, für den sie selbst gerade keine Verwendung finden, untereinander. Doch seit dem 27. Juli geht die Angst um. FAZ-online schrieb am 9. August gar: "Banker am Rande des Nervenzusammenbruchs." Die Banken horten zur Zeit die ihnen zu günstigen Konditionen angebotene Liquidität, um für weitere Bank-Abstürze wie den der American Home Mortgage, der Düsseldorfer IKB-Bank, der französischen BNP Paribas und der autralischen Macquarie-Bank gewappnet zu sein, oder um Stützungkäufe für Aktientitel tätigen zu können, die in den Abwärtsstrudel zu geraten drohen. Betroffen könnten als erstes Rüstungs-Konzerne sein, deren schimmernde Bilanzen sich weitestgehend auf der Zahlungskraft von Regierungen wie der US-amerikanischen oder der deutschen stützen. So wird es von Tag zu Tag - trotz der Milliarden der EZB - für jene Banken knapp, die über Nacht frische Liquidität benötigen.

Nachrichten aus dem US-amerikanischen Hypothekenmarkt verdunkelten den Himmel über Wall Street weiter: Die Hypothekenbank HomeBanc Corp mußte Gläubigerschutz beantragen. Countrywide Financial berichtete von weiteren "Erschütterungen" in den Hypothekenmärkten mit möglichen negativen Konsequenzen für das eigene Unternehmen und die Wettbewerber. Die Aktie verlor daraufhin 16,2 Prozent und sank auf 17,61 US-Dollar. Weitere Kursverluste gab es auch bei den Banken, zumal das 'Wall Street Journal' von Problemen bei dem Fond Goldman Sachs North American Equity Opportunities berichtete.

Durch massive Verkäufe und Aufkäufe kam es fast permanent zu heftigen Kursschwankungen an den internationalen Börsen. Die Kurse konnten trotz aller Milliarden nicht vor dem Abwärtstrend bewahrt werden. Die Verluststrecke an den US-Märkten setzt sich auch am Freitag im Verlauf fort. Der Dow Jones Index fiel gegen 17 Uhr MESZ um 1,1 Prozent oder 142 Punkte auf 13.130. Der S&P-500 gab um 13 Punkte oder 0,9 Prozent auf 1.440 Punkte nach und der Nasdaq Composite sank um 30 Punkte oder 1,2 Prozent auf 2.526. In New York wurden automatische Handelsbeschränkungen aktiviert, die größere Kursabstürze verhindern sollen. Viele Anleger versuchten in den letzten beiden Wochen aus risikobehafteten Anlagen auszusteigen und ihr Geld in "sichere" Wertpapiere umzuschichten. Besonders Fonds, die in Wertpapiere investieren, die aus Verbriefungen stammen, sehen sich mit einem starken Mittelabfluß konfrontiert. Doch selbst InsiderInnen wissen derzeit kaum zu sagen, an wen faule Kredite aus dem US-amerikanischen Subprime-Geschäft weitergereicht wurden, und wo die nächste Mine hochgehen könnte. So sind derzeit - recht willkürlich - sämtliche Wertpapiere betroffen, die im Verdacht stehen, mit amerikanischen Hypothekenkrediten minderer Bonität unterlegt zu sein.

Auch die US-Notenbank Fed sah sich gezwungen, am Freitag erneut 19 Milliarden US-Dollar in die Geldmärkte zu pumpen. Das ist inzwischen rund fünf mal soviel wie in der Vorwoche. Im Tagesverlauf gab die Notenbank noch zwei weitere Kredit-Tranchen zu 16 Milliarden und zu 3 Milliarden US-Dollar frei. Begründet wurde die von der Fed mit "Verwerfungen an den Geld- und Kreditmärkten".

Offenbar droht nun auch eine Aufwertung des chinesischen Yuan gegenüber dem US-Dollar. Der US-Kongress versucht immer mehr politischen Druck aufzubauen und spielt mit dem zweischneidigen Schwert der Handelsrestriktionen. In China weckt dies Erinnerungen an das Beispiel Japans der 1980er Jahre, die Aufwertung des japanischen Yen und rührt an Deflationsängste. Chinesische FinanzpolitikerInnen drohten bereits unverhohlen, die gewaltigen chinesischen Devisenreserven an US-Dollar - davon rund 407 Milliarden US-Dollar in US-Schatzscheinen - auf den Markt zu werfen. Diese bemessen sich immerhin auf insgesamt 1,33 Billionen US-Dollar. Doch den entscheidenden Leute in den USA ist bewußt, daß China die US-Wirtschaft mit Krediten in der Hand hat. Umgekehrt ist allerdings auch Chinas Wirtschaftswachstum mit dem Wohl oder Wehe der USA untrennbar verkettet.

Die Panik an den Finanzmärkten - extrem in Seoul, Tokio und Hongkong - hat nun wieder die Frage aufgeworfen, ob und wann der US-Leitzinssatz gesenkt wird. In einem Communiqué vom vergangenen Dienstag hatte die Fed diese Frage implizit verneint und erneut die Inflationsgefahr als erstrangiges Risiko genannt. Würde sie allerdings die Wirtschaftskrise als das größere Risiko benennen, gäbe es kein Halten mehr und sie könnte ihre Milliarden direkt in den Ofen schieben. Gemessen an den Futures rechnen die Finanzmärkte mittlerweile mit einer Leitzinssatzsenkung im September.

Das mit der US-amerikanischen Subprime-Krise zutagegetretene Problem kann so jedoch nicht gelöst werden. Nicht nur HausbesitzerInnen haben in den USA mit Hypotheken und mit weit überbewerteten Immobilienpreisen auf ein immerwährendes, zumindest stetiges Wachstum der US-Wirtschaft spekuliert. Die gesamte US-Wirtschaft ist auf Pump gebaut. Dies konnte solange funktionieren, als die US-Wirtschaft nicht in eine Rezession geriet und die gigantischen US-Auslandsschulden letztlich durch die Stellung der USA als globale Supermacht gedeckt schienen. Der Rückgang der weltweiten Erdöl-Fördermenge hat jedoch in den letzten sieben Jahren ein Ausmaß erreicht, das auch durch den Irak-Raubzug nicht mehr verdeckt werden kann. Wenn nun mit Milliarden und Abermilliarden verhindert werden soll, daß sich die Bankenkrise zum globalen Finanz-Crash auswächst, dann geschieht dies auch im Bewußtsein, daß nach einem Zusammenbruch der US-Wirtschaft die Weltwirtschaftskrise zwangsläufig folgt.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu auch unsere Artikel:

      Mit beschleunigtem Tempo Richtung Weltwirtschaftskrise
      EZB mußte heute 95 Milliarden Euro in den Geldmarkt pumpen
      (9.08.07)

      1929 oder 1931?
      Deutsche Bankmanager mit Fracksausen (3.08.07)

      US-Immobilienkrise erfaßt deutsche Bankenbranche
      Weltweite Schockwellen (1.08.07)

      Crash an US-Börse
      Beginn der Weltwirtschaftskrise? (27.07.07)

 

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