12.01.2009

Staatsspitzel als Messerstecher?

Merkwürdigkeiten im Fall Mannichl

In den vergangenen Tagen leisteten sich die deutschen Mainstream-Medien, üble Gerüchte über einen möglichen familiären Hintergrund der Messerattacke auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl1 weiterzuverbreiten. Kaum wurde dagegen über etliche Merkwürdigkeiten im Zusammenhang mit "Pannen" bei den Ermittlungen berichtet, die an den Fall Grams2 erinnern.

So wurde erst nach der Übernahme der Ermittlungen von der Sonderkommission der Passauer Polizei durch das Landeskriminalamt - zwei Wochen verspätet - Zigarettenkippen in der Umgebung des Tatorts aufgesammelt, um diese untersuchen zu lassen.

Schwerwiegender jedoch ist der Umgang mit einer Zeugin, deren Aussage offenbar keine Beachtung fand und deren Sicherheit gefährdet wurde. Als die Frau einen Tag nach der Messerattacke auf Mannichl im Radio hörte, daß dieser vor seinem Haus von einem Glatzkopf mit den Worten "Schöne Grüße vom nationalen Widerstand" niedergestochen wurde, war sie entsetzt. Wie Mannichl wohnt sie in Fürstenzell bei Passau, zwar nicht in dessen Nachbarschaft, aber sie wußte, wer er ist. Und sie hatte am Tag der Tat "merkwürdige Typen" in Fürstenzell beobachtet. Gleich nach der Radiosendung am Sonntag rief die 58-jährige Altenpflegerin bei der Polizei an.

Am Montag meldeten sich die Beamten auf ihrer Arbeitsstelle, einem Pflegeheim in Passau. Die Zeugin erzählte, was sie am Tag der Tat beobachtet hatte. Demnach war sie gegen 15 Uhr auf dem Friedhof gewesen, am Grab ihres Mannes, der einen Monat zuvor gestorben war. Dort fielen ihr eine junge Frau und ein Mann auf, die eilig den Friedhof durchquerten und die sie zuvor noch nie gesehen hatte. Beide trugen schwarze Jacken mit weißen Aufnähern, der Mann hatte die mittlerweile von Fahndungs-Zeichnungen bekannte Kreuztätowierung im Gesicht.

Wenig später sah sie die beiden vor 'Traudls Cafe', dem bekannten Neonazi-Treff in Fürstenzell, wieder. Der Mann mit dem Kreuz unterhielt sich mit einem anderen Mann, der jene ebenfalls aus der Fahndung bekannte auffällige Schlangentätowierung hinter dem Ohr trug. Die junge Frau vom Friedhof saß in einem Auto. In einem weiteren Auto saß ein etwa 30-jähriger Mann mit Pferdeschwanz. Als sie ganz nahe bei ihm vorbeiging, grinste er sie an und spreizte die Finger zum Victory-Zeichen. "Weil das praktisch von Angesicht zu Angesicht war, hab ich mir das Gesicht eingeprägt", sagt die Zeugin. Deshalb hat sie es auch sofort wiedererkannt, als die Polizei ihr auf einem Laptop Fotos zeigte. Es waren Fotos von der Beerdigung des berüchtigten Neonazis Friedhelm Busse ("Wenn Deutschland judenfrei ist, brauchen wir kein Auschwitz mehr"), der im Juli 2008 in Passau starb. Die Zeugin identifizierte einen der Beerdigungsteilnehmer eindeutig als den Mann mit dem Victory-Zeichen.

Es sei der 33-jährige Manuel H. aus München gewesen. Nicht ganz so sicher war sie sich, ob es sich bei der Frau vom Friedhof um dessen Ehefrau Sabrina H., 22, handelte. Beide sind in der extrem rechten Szene bekannt. Schon am nächsten Tag wurden Sabrina und Manuel H. in München vorläufig festgenommen. "Die Art einer möglichen Tatbeteiligung wird geprüft", teilte die Polizei mit. Den Vorwurf, Manual H. selbst könnte der Messerstecher sein, erhob niemand. Es ging nur um eine mögliche "Beihilfe". Den Mann, der ihn überfiel, hatte Alois Mannichl ganz anders beschrieben.

Die vorläufige Festnahme mußte von einem Haftrichter überprüft werden. Deshalb wurde die Zeugin von einer Beamtin zu einem Psychologen nach Regensburg gebracht. Dieser habe ihre Glaubwürdigkeit auch unter Hypnose getestet. Das Ergebnis sei positiv gewesen. Nach ihrer Erinnerung sicherte die Polizei der 58-Jährigen zu, ihre Identität werde in besonderer Weise geschützt. Am Donnerstag, den 18. Dezember, bestätigte ein Passauer Amtsrichter den Haftbefehl gegen das Münchner Pärchen. Am Freitag veröffentlichte die Polizei die Fahndungsbilder mit den merkwürdigen Tätowierungen. Und Sonntagnacht erhielt die Zeugin unliebsamen Besuch. Als sie um 23:30 Uhr ihre Katze ins Haus ließ, habe sie vor der Tür plötzlich ein großer Mann grob mit seiner behandschuhten Hand an Kinn und Hals gepackt und gedroht: "Schönen Gruß vom Chef: Zieh Deine Aussage zurück, sonst passiert was." Dann verschwand er wieder im Dunkeln und flüchtete mit einem bereitstehenden Auto.

Der Polizei beschrieb die Bedrohte den Täter so: etwa 1,90 Meter groß, über 30 Jahre alt, Glatze, Vollmondgesicht, keine Augenbrauen, schwarze Jacke, Handschuhe, Springerstiefel. Das ähnelt auffallend er Beschreibung, die Alois Mannichl von dem Messerstecher gab. Doch offenbar glaubte die Polizei ihr zunächst nicht. Woher sollte jemand Namen und Adresse der Zeugin kennen?

Die Erklärung dafür ist allerdings relativ einfach: Die Zeugin steht mit vollem Namen in dem Haftbefehl, den die Passauer Staatsanwaltschaft gegen das Münchner Neonazi-Pärchen erwirkte. Vier Tage vor dem Überfall auf sie war dieser Haftbefehl dem Pärchen und seinem Anwalt ausgehändigt worden.

In öffentlichen Aufrufen hat die Passauer Staatsanwaltschaft die Bevölkerung mehrfach um Mithilfe gebeten. Stets wurde versprochen: "Die Staatsanwaltschaft Passau sichert Vertraulichkeit für entsprechende Hinweise zu." Doch nun beruft sich der Chef der Behörde, Oberstaatsanwalt Helmut Walch darauf: "Der Zeugin wurde niemals förmlich Vertraulichkeit zugesichert." Ansonsten wolle er den Fall wegen "laufender Ermittlungen" nicht kommentieren. Polizeiinterne Kritiker gehen davon aus, daß "die Zeugin verheizt wurde, weil man in der Anfangszeit unbedingt schnelle Erfolge vorweisen wollte." Mit einer anonymen Zeugin hätte man keine Verhaftung rechtfertigen können. Mittlerweile wurde das Münchner Pärchen auch so mangels weiterer Beweise wieder freigelassen. Die Zeugin selbst wußte nichts von ihrem Namen im Haftbefehl. Sie weiß nur: "Noch einmal würde ich mich in so einem Fall nicht bei der Polizei melden."

Die Merkwürdigkeiten in diesem Fall legen die Vermutung nahe, daß ein Staatsspitzel im Zusammenhang mit der Tat gedeckt werden soll. Möglicherweise wurde die Messerattacke gar von einem "Verfassungsschützer" ausgeführt. Daß die Neonazi-Szene von "Verfassungsschützern" durchsetzt ist, kann seit dem Scheitern des Verbotsantrags gegen die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht nicht mehr geleugnet werden.

Die von den Mainstream-Medien verbreiteten Gerüchte jedoch entbehren jedweder Grundlage.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unseren Artikel:

      Gewalt von Rechtsextremisten nimmt zu (29.12.08)

2 Siehe auch unseren Artikel:

      War die RAF vom Verfassungsschutz gesteuert?
      Buback-Sohn legt Finger in offene Wunde (24.12.08)

 

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