21.05.2005

Medien-Propaganda
pro EU-Verfassung

Französische JournalistInnen distanzieren sich

In Frankreich dröhnt seit Wochen eine Propaganda pro EU-Verfassungs-Entwurf aus den Mainstream-Medien, die einer Demokratie unwürdig ist. Eine Gruppe französischer JournalistInnen distanzierte sich nun mit einem Aufruf gegen die "einseitige Unterstützung der Kampagne für das Referendum am 29. Mai."

In dem Aufruf heißt es, "angesichts des Mangels an Objektivität und der Dauerberieselung für das OUI (Ja)", werde ihr Berufsstand als JournalistInnen diskreditiert. In Frankreich erhebe sich gegen diese "unter dem Vorwand der Pädagogik" betriebene Propaganda "mehr und mehr Entrüstung".

Die UnterzeichnerInnen fordern eine ausgewogene Information zum vorliegenden Entwurf einer EU-Verfassung. Auch Contra-Argumente müßten vollständig in den Medien wiedergegeben werden. Unter anderem zeige die Ausstrahlung der Sendung "Arrêt sur images" auf 'France 5' vom 10. April, daß sich auf allen Kanälen das Verhältnis der Fernsehsendungen über den EU-Verfassungs-Text zwischen dem 1. Januar und dem 31. März wie folgt aufteile: 71 Prozent für ein Ja und nur 29 Prozent für ein Nein.

Dem französischen Präsidenten Jacques Chirac seien zwei volle Stunden unentgeltliche Sendezeit zur Verfügung gestellt worden, in denen er für den Verfassungs-Entwurf argumentierte. Üblicherweise interveniere der CSA (Conseil supérieur de l'audiovisue - ein Kontrollgremium der audiovisuellen Medien), um das Gleichgewicht bei Kampagnen aufrechtzuerhalten. Derzeit aber schweige er.

"Wenngleich Persönlichkeiten des Fernsehens, sind wir jedoch zugleich auch Bürger. In dieser Eigenschaft nehmen wir uns heraus, zu behaupten, daß wir uns nicht mehr wiedererkennen in dieser offensichtlich einstimmigen Unterstützung der Verfassung seitens der Medien. Wir stellen weiterhin fest, daß der Text, den man uns zur Abstimmung vorlegt, das Recht auf Information nicht garantiert", schreiben die JournalistInnen.

Als Beleg führen sie verschiedene Paragraphen des EU-Verfassungs-Entwurfs an: "Die Europäische Zentralbank ist nicht verpflichtet, sich mit ihren Entscheidungen an die Öffentlichkeit zu wenden (Art. III 190)", "Der Europäische Rat ist nicht gehalten, seine Empfehlungen zu veröffentlichen, die er an einen Staat richtet, der sich im öffentlichen Defizit befindet. (Art. III 184)", "Der Europäische Rat ist nicht verpflichtet, die Sanktionen zu veröffentlichen, die er an einen Staat richtet, dessen ökonomische Politik nicht mit der Gesamtorientierung der ökonomischen Politik der Europäischen Union übereinstimmt (Art. III 179)".

Bedenklich seien ebenfalls Artikel im militärischen Bereich: "Im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik" im Fall der Krise ist keine Garantie des Zugangs auf Information für JournalistInnen festgeschrieben.", deshalb erscheint es den UnterzeichnerInnen unmöglich, ihre Überzeugung und Verpflichtung gegenüber der Demokratie und gegenüber einer umfassenden, pluralistischen Information zu verschweigen.

ErstunterzeichnerInnen:

Jacques COTTA (Grand Reporteur, France 2)
Jean Marc SURCIN (Grand Reporteur, France 2)
Vincent MAILLARD (Grand Reporteur, France 2)
Lionel THOMPSON (Grand Reporteur, Radio France)
Jean François TEALDI (Grand Reporteur, France 3)
Pierre NICOLAS (Grand Reporteur, France 3)
Jacques RICAU (Radio France)
Antoine DENECHERE (journaliste, Radio France)
Jean Régis RAMSAMY (Journaliste, RFO La Réunion)
Gabrielle LORNE (Grand Reporteur, RFO)
Marcel TRILLAT (Grand Reporteur, France 2)
Gwenael RIHET (Journaliste, France 3)
François SAUTEREY (Président du réseau associatif et syndical)
Patricia CHALUMEAU (Documentaliste, France 3)
Patrick THERET (Journaliste, France 2)

 

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