26.02.2005

Fischers Büttenrede
in Köln

Applaus wie vereinbart

Aus sattsam bekannten Versatzstücken hatte Außenminister Joseph Fischer eine Rede gezimmert und relativ lustlos vor seinen gemeinhin als Grüne bezeichneten Fans in Köln vom Blatt abgelesen. Die "Anhänger brachte die lange angekündigte Selbstkasteiung zum Jubeln, die Wähler indes nicht," merkte der 'spiegel' online bereits heute hämisch an. Auch der von "Rot-Grün" einmal mehr erwartete "Befreiungsschlag" blieb aus und der zweite Teil der Fischer-Rede wurde wohlmeinend als "flammende Anklage in Richtung seiner Gegner" goutiert.

Doch zunächst gestand Fischer, was längst nicht mehr zu leugnen ist: Zwei "Fehler" habe er gemacht. Zwei Erlasse, so Fischer, seien in seiner Amtszeit eingeführt worden, die eine "Mißbrauchsanfälligkeit" der deutschen Visa-Vergabe-Praxis aus Kohls Regierungszeit noch gesteigert hätten. Damit bezog er sich auf die beiden dem "Volmer-Erlaß" vorangegangenen Erlasse aus dem Auswärtigen Amt vom 2. September und vom 15. Oktober 1999,1 die dem Personal in den deutschen Auslandsvertretungen aufgaben, bei Vorlage einer Reiseschutzversicherung in der Regel auf die Prüfung weiterer Unterlagen - zum Beispiel eine Bonitätsprüfung des Einladers - zu verzichten. Erst vorletzte Woche hatten Sachverständige vor dem Untersuchungsausschuss erklärt, diese Erlasse hätten eindeutig gegen geltendes deutsches und europäisches Recht verstoßen. Und als seinen "zweiten" - ebenfalls längst nicht mehr zu leugnenden - Fehler gestand Joseph Fischer, er habe "nicht schnell, nicht entschlossen und nicht umfassend genug als verantwortlicher Minister gehandelt."

Positiv zu vermerken ist dabei immerhin, daß Fischer nicht länger versucht, wie noch vor vierzehn Tagen die eigenen Fehler den MitarbeiterInnen im Auswärtigen Amt zuzuschieben und scheinbar generös die "Verantwortung" zu übernehmen. Wolkig bleibt die Wortwahl allerdings weiterhin und lenkt davon ab, daß Fischer im eigenen Ministerium mehrfach auf die Mißstände hingewiesen wurde und er sowohl auf diese Informationen als auch auf eine Vielzahl von Mißbrauchshinweisen aus den Botschaften, insbesondere der in Kiew, bewußt nicht reagierte. Die Politik der "Werbung für die West-Orientierung" in den GUS-Staaten lag im "wohlverstandenen" Interesse der deutschen Wirtschaft. Nur so ist zu erklären, daß sowohl der Außenminister als auch Bundeskanzler Schröder gegen den Widerstand von Innenminister Schily diese illegale Visa-Praxis so lange wie möglich fortsetzten und nur kleine Korrekturen vornahmen, um KritikerInnen mundtot zu machen. Erst im Frühjahr 2003 kam "Rot-Grün" nicht länger umhin, die illegale Visa-Vergabe endgültig zu stoppen.

Vor den "Grünen" in Köln spielte Fischer hingegen zunächst die Rolle des Zerknirschten: "Ihr müßt euch nicht entschuldigen, schon gar nicht für meine Fehler." Schnell schlüpfte er aber erneut in seine Lieblingsrolle als Ankläger mit humanitärem Pathos: "Zieht Euch die Vorwürfe der Opposition nicht an, ihr braucht euch für die Menschenrechtspolitik und Weltoffenheit der Grünen nicht zu verstecken." Daß Fischer damit nicht die massenhaft im Mittelmeer ertrinkenden Flüchtlinge aus Afrika, die von Jahr zu Jahr gedrosselten Zahlen von Asylsuchenden in Deutschland oder den Ausbau der Festung Europa meinen konnte, war den Kölner "Grünen" offenbar klar, denn sie applaudierten auch für diesen Griff in die multikulturelle Mottenkiste mit minutenlangem, frenetischem Beifall.

Und einen Gipfel an Heuchelei erreichte Fischer, indem er seinen Fans neue Argumentations-Figuren vorgab: "Wir wollen mit der Welt leben" oder "Deutschland kann nicht abgeschottet werden".

 

Adriana Ascoli

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unseren Artikel

      'Sensation im Visa-Ausschuß'
      Fischers Praktiken waren illegal (17.02.05)

 

neuronales Netzwerk