Protest gegen das Bundeswehr-Gelöbnis
am 30. Juli 2010 in Stuttgart
Aufruf des überregionalen Bündnisses "GelöbNix in Stuttgart"
Die Bundeswehr hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Vor 20 Jahren konnte sich kaum jemand vorstellen, dass deutsche Soldaten in Afghanistan, im Kosovo, Kongo, im Golf von Aden und anderswo kämpfen. Immer mehr Menschen in Deutschland lehnen diese Politik ab und immer weniger sind bereit, Soldat zu werden und für angebliche "deutsche Interessen" in fernen Ländern in den Krieg zu ziehen.
Darum wirbt die Bundeswehr immer häufiger in Schulen, Ausbildungsmessen und Arbeitslosenvermittlungen ihren Nachwuchs an - im letzten Jahr wurden die Ausgaben zur "Nachwuchswerbung" von 12 Millionen auf 27 Millionen mehr als verdoppelt. Auch öffentliche Gelöbnisse, wie das am 30. Juli 2010 auf dem Stuttgarter Schlossplatz geplante, sollen die Akzeptanz und das Ansehen des Militärs in der Bevölkerung steigern. Selbst in Preußen haben Gelöbnisse und Vereidigungen im Kasernenhof stattgefunden - es hat nur eine Zeit in Deutschland gegeben, wo öffentlich gelobt und vereidigt wurde, und das waren nicht die Zeiten der Demokratie, sondern des blanken faschistischen Terrors. Doch seit 1980 werden Gelöbnisse in Deutschland wieder öffentlich gefeiert - meistens unter großem Protest der Bevölkerung.
Laut Grundgesetz darf die Bundeswehr ausschließlich für Landesverteidigung eingesetzt werden - in der Verteidigungspolitischen Richtlinie von 1992 aus dem Hause Rühe wurde allerdings die "Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt" als vitale deutsche Sicherheitsinteressen definiert. Das Weißbuch der Bundeswehr, das die Agenda des deutschen Militärs für die nächsten zehn Jahre festlegt, empfahl 2006, dass die Bundeswehr in der Lage sein soll, gleichzeitig bis zu fünf "Stabilisierungseinsätze" mit insgesamt bis zu 14.000 Soldaten zu leisten. Bis 2010 soll sich die Armee unterteilen in 35.000 Eingreif-, 70.000 Stabilisierungs- und knapp 150.000 Unterstützungskräfte. Interventionskriege und deren Vorbereitung sind eindeutig verfassungswidrig. Wir lehnen alle Auslandseinsätze der Bundeswehr entschieden ab.
Wir wollen kein Militärspektakel in unserer Stadt!
Die Bundeswehr versucht nun zum ersten Mal seit 1999 wieder in Stuttgart ein Gelöbnis zu feiern. Dank des großen Protesten damals mied die Bundeswehr 11 Jahre Stuttgart. Jetzt sollen 33.500 Euro Mehrkosten in die Neuauflage des Spektakels investiert werden.
Die Zeremonie selbst steht den Grundwerten einer zivilen, emanzipatorischen und friedlichen Gesellschaft entgegen. Das Strammstehen, das gleichgeschaltete Marschieren, das Bewegen aufgrund militärischer Kommandos sowie die Wiederholung von Gelöbnisformeln lassen die einzelnen Personen unmündig und ihrer Individualität beraubt erscheinen. Es geht um die öffentliche Demonstration des Prinzips von Befehl und Gehorsam, um Hierarchie, um die Vereinnahmung des Individuums in eine Tötungsmaschinerie. Die Soldaten und Soldatinnen werden nicht aufs Grundgesetz, sondern auf den Staat vereidigt, unabhängig vom Inhalt der Politik, für die sie kämpfen sollen.
Über 70 % der Bevölkerung lehnen derzeit den Afghanistan-Einsatz ab. Es ist wichtig, diese Ablehnung sichtbar auf die Straße zu tragen!
Wir rufen dazu auf, die Bundeswehr überall dort, wo sie öffentlich auftritt - also auf Bildungsmessen, in Schulen, Arbeitsämtern und eben auch bei diesem Gelöbnis - argumentativ zu stören und sie mit den Fakten ihrer Taten zu konfrontieren, nämlich unzähligen toten, verstümmelten, traumatisierten und unterdrückten Menschen.
Wir fordern alle zivilgesellschaftlichen Kräfte auf, sich im Vorfeld des Gelöbnis öffentlich gegen das Gelöbnis auszusprechen und mit uns am 30. Juli lautstark und kreativ zu demonstrieren.
Nein zur Normalisierung von Krieg!
Nein zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr!
Nein zu öffentlichen Gelöbnissen!
Für eine Welt ohne Krieg!
Gegen das öffentliche Gelöbnis am 30. Juli 2010 in Stuttgart!
Überregionales Bündnis "GelöbNix in Stuttgart"
REGENBOGEN NACHRICHTEN