17.04.2017

Protest gegen Militär und Atomwaffen
Beteiligung am Ostermarsch steigt weiter

Ostermarsch in Berlin, 2017, Foto: Ostermarsch Berlin - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
In Stuttgart, Berlin, Hamburg, Frankfurt a.M., München und vielen anderen Städten nahm die Zahl der TeilnehmerInnen an den Oster­märschen erneut zu. Bei bundesweit über 90 Veranstaltungen gingen insgesamt mehr als 25.000 Menschen für den Frieden auf die Straße.

Zum baden-württembergischen Oster­marsch kamen in diesem Jahr 2.500 Menschen nach Stuttgart - rund 900 mehr als im Vorjahr (Siehe unseren Artikel v. 15.04.17). In Berlin nahmen rund 2000 Menschen am Ostermarsch teil. Zu dem verstärkten Engagement für Frieden hatte sicherlich - unbeabsichtigt - der Abwurf der US-amerikanischen Bombe vom Typ GBU-43 auf vermutete unterirdische Stellungen der IS-Terror-Miliz in Afghanistan beigetragen (Siehe unseren Artikel v. 13.04.17).

Auch wenn die Atomkriegs-Gefahr offensichtlich in der Amtszeit von Friedensnobelpreisträger und US-Präsident Barack Obama deutlich zugenommen hatte (Siehe hierzu unsere Artikel v. 15.05.10 und v. 4.11.13), spielte wohl die subjektive Wahrnehmung der Irrationalität seines Nachfolgers Donald Trump eine entscheidende Rolle, daß die Angst vor dem Atomkrieg stärker ins öffentliche Bewußtsein gerückt ist. Zudem ist nicht zu bestreiten, daß sich Teile der Friedensbewegung noch bis vor Kurzem der Illusion hingaben, Trump werde mit Putin eher den Ausgleich suchen als seine Gegenkandidatin, die - offen - auf Konfrontation ausgerichtete Hillary Clinton. Bereits im Oktober 2016 war klar, daß es sich um pure Spekulation handelte, aus den freundlichen Worte Donald Trumps über Wladimir Putin zu schließen, daß der aggressive NATO-Kurs gegen Rußland unter einem US-Präsidenten Trump gestoppt und eine neue Ära der friedlichen Koexistenz eingeleitet würde. (Siehe hierzu unseren Artikel v. 22.10.16).

Erneut wurde auf den Ostermärschen gefordert, die US-amerikanischen Atombomben am Standort Büchel in Rheinland-Pfalz abzuziehen und zu vernichten. Wenig bekannt ist in Deutschland nach wie vor, daß der Deutsche Bundestag am 26. März 2010 mit "übergroßer" Mehrheit (wie es damals in den Mainstream-Medien hieß) einen Antrag beschloß, in dem der Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland gefordert wird. Hübscher konnte vor sieben Jahren kaum aufgezeigt werden, daß es sich bei der BRD um einen Satelliten-Staat der USA handelt.

Jürgen Grässlin, einer der Bundessprecher der DFG/VK kritisierte in seiner Rede auf dem Berliner Ostermarsch, daß derzeit mehr als 3.200 BundeswehrsoldatInnen außerhalb der deutschen Grenzen im Einsatz sind. Er prangerte an, daß allein durch Kugeln aus dem Lauf von Heckler&Koch-Waffen bisher mehr als zwei Millionen Menschen ihr Leben verloren haben und zugleich weitaus mehr verstümmelt und verkrüppelt wurden. Außerdem wies er darauf hin, daß die deutschen Rüstungs-Exporte auch unter dem für die Genehmigungen zuständigen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel zunahmen. Unmißverständlich machte Grässlin klar: "Wer Rüstungsgüter exportiert, mit denen hier Geld verdient und woanders Leben zerstört werden, trägt dazu bei, daß Menschen zur Flucht gezwungen werden." Und: "Laut einer repräsentativen Meinungsumfrage von emnid lehnen 83 Prozent der Deutschen den Export von Waffen und Rüstungsgütern ab." Grässlin forderte die "die Schließung der Grenzen für Waffen und die Öffnung der Grenzen für Menschen".

Unter Donald Trump sei geplant, den US-Militär-Etat um 10 Prozent - also um rund 54 Milliarden US-Dollar - zu erhöhen. Kein Wunder ist es daher nach Ansicht Grässlins, daß die Aktienkurse der Rüstungs-Konzerne seit Monaten eine exorbitant hohe Steigerung verzeichnen. Der deutsche Militär-Etat soll laut Grässlin auf zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöht werden. Dies bedeute eine Verdoppelung von 35 auf rund 70 Milliarden Euro.

Weitere Themen der Reden auf den Ostermärschen war die Konfrontation zwischen den USA und Rußland. Auch an Kritik an der russischen Administration unter Wladimir Putin wurde kaum gespart - und zugleich die aktuelle russische Minderung der Rüstungs-Ausgaben meist nicht erwähnt. Im März war bekannt geworden, daß die russische Regierung unter Wladimir Putin die Militärausgaben um sieben Prozent gekürzt hat. Nach dem nicht selten zu beobachtenden Schematismus wäre diesen RednerInnen - ebenso wie nahezu allen deutschen Mainstream-Medien - vorzuwerfen, die seien "anti-russisch".

Neben der Kritik an den jüngsten militärischen Eskapaden Donald Trumps wurde in den Redebeiträgen auch die "Friedensmission" der schnellen Eingreiftruppe der NATO in Mali thematisiert. Die auffallend neutral formulierten Appelle, im Ukraine-Konflikt auf Deeskalation und friedliche Konfliktbeilegung zu setzen, sind wohl kaum als "anti-amerikanisch" zu stigmatisieren. Einer sachlichen und unvoreingenommenen Betrachtungsweise des Konflikts käme es allerdings zugute, zu konstatieren, daß "der Westen" weitaus mehr zum Anheizen der Konfrontation in der Ukraine beigetragen und damit mehr Schuld an den vielen Toten auf sich geladen hat als die russische Seite.

Zum Schluß ein kleiner Witz am Rande - Im 'Dortmund Echo' war heute zu lesen: "Es ist ein lästiges Ritual, welches sich jährlich am Osterwochenende ereignet: Früher tausende, heute wenige hundert Linksextremisten, zumeist aus stalinistischen Gruppen wie MLPD, DKP und Co, marschieren im Rahmen des »Ostermarsches für den Frieden« durch deutsche Großstädte."

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Stuttgart: 2.500 beim Ostermarsch
      "Verantwortung für den Frieden!" (15.04.17)

      "Wer Waffen sät, wird Flüchtlinge ernten"
      Beteiligung am Ostermarsch leicht gestiegen (28.03.16)

      Stuttgart: 1.600 beim Ostermarsch
      "Flucht-Ursache Krieg bekämpfen! -
      Kriegs-Einsätze sofort beenden!" (26.03.16)

      300.000 auf Friedens-Demo in London
      gegen Modernisierung der Atombomben (27.02.16)

      Mahnwachen zum 70. Jahrestag
      des Abwurfs der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki
      (6.08.15)

      3000 auf Ostermarsch in Glasgow
      gegen die britische Atombombe (4.04.15)

      Wachsende Beteiligung beim Ostermarsch
      trotz naßkaltem Wetter (4.04.15)

      Starke Resonanz der Ostermärsche
      Ukraine-Konflikt macht Angst (19.04.14)

      Mehr Menschen beim Ostermarsch
      Protest gegen Atombombe, Drohnen und Waffenexporte
      (30.03.13)

      Zehntausende beim Ostermarsch
      Gegen Krieg und Atomwaffen (9.04.12)

      Ostermarsch in vielen Städten
      Protest gegen Atomenergie und Atombombe (23.04.11)

      50 Jahre Ostermarsch
      Gegen Atomwaffen und für Abzug aus Afghanistan (3.04.10)

      "Bewegung am Boden"?
      Die Friedensbewegung nach dem NATO-Gipfel (5.04.09)

      60.000 beim Ostermarsch
      Protest gegen fortgesetzte Kriege
      und gegen Unterdrückung in Tibet (24.03.08)

      Baden-württembergischer Ostermarsch in Stuttgart
      "Vernunft muß her statt Militär!" (23.03.08)

      Demonstration gegen Bombodrom am Neujahrstag
      Bundeswehr will Bombenabwurf üben (1.01.08)

      Ostermärsche setzen Zeichen gegen Tornado-Einsatz (8.04.07)

      Zehnausende bei Ostermärschen der Friedensbewegung (16.04.06)

 

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