Mobilfunk - werden die Krankheitskosten bald explodieren?
Wie wirkt der Mobilfunk auf biologische Systeme?
Eine ernüchternde Zusammenfassung zum Thema von Wolfgang Hingst:
Hirntumore
Handys stehen auch in dringendem Verdacht, Hirntumore zu erzeugen. Das weiß die Welt spätestens seit
einigen spektakulären Prozessen in den USA. Schon Anfang 1993 klagte David Reynard aus St. Petersburg
im US Bundesstaat Florida drei Handy-Herstellerfirmen. Das bereits damals modische drahtlose
Kommunikationsmittel sei schuld am Tod seiner Frau durch einen Gehirntumor. Der Krebs sei genau hinter
dem Ohr entstanden an das seine Frau das Funktelefon hielt argumentierte Reynard (Der Spiegel stellte in
seiner Nr 6/1993 die bange Frage: ´Kommt der Krebstod drahtlos'). Im selben Jahr gingen drei weitere
Amerikaner mit ähnlichen Vorwürfen vor Gericht. Damals hatten rund zehn Millionen Amerikaner ein
Mobiltunktelefon. In Österreich besaßen ganze 120.000 Menschen ein solches Gerät
Auch in Großbritannien gibt es seit 1998 einen Fall von Hirntumor, der bei Gericht mit dem Handy-Gebrauch
in Zusammenhang gebracht wird. Eine 27 Jahre alte Frau, Direktorin einer Firma, ist überzeugt, dass sie
ihren Hirntumor vom Mobiltelefonieren bekam (BBC-News, 15.5.1998). Ihr Anwalt, Tom Jones von
Thompsons', der größten Kanzlei für Strafprozesse in Großbritannien, hält den Namen geheim.
Nach dem neuseeländischen Wissenschaftler Neil J. Cherry - er hat als Umweltanwalt in seiner Heimat
schon einige Male die Aufstellung von Sendemasten verhindert - setzen Benutzer von Mobiltelefonen ihren
Kopf hohen Levels von radiofrequenten Mikrowellen aus. Er verweist auf zehn Studien, welche die Zunahme
von Hirntumoren durch die Bestrahlung durch Radiofrequenzen und Mikrowellen belegen. Dieser Ansatz, so
Cherry, werde auch durch Erkenntnisse gedeckt, dass elektromagnetische Strahlung im menschlichen
Organismus die Melatonin-Produktion vermindere. Cherry nennt eine Reihe von Studien
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T. L. Thomas und seine Mitarbeiter vom nationalen Krebsforschungsinstitut in den USA beweisen
1987, dass ein erhöhtes Hirntumorrisiko mit Jobs in der Elektro- und Elektronikbranche verbunden ist,
in denen die Mitarbeiter elektromagnetischer Strahlung im radiofrequenten Mikrowellenbereich
ausgesetzt sind.
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Zu ähnlichen Ergebnissen kommen M. A. Speers, J. G. Dobbins und V.S.Miller in ihrer 1988
veröffentlichten Studie der Universität Texas.
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Die schwedischen Wissenschaftler S. Tomqvist, B. Knave, A. Ahlbom und T. Persson finden 1991
heraus, dass für Monteure und Reparateure in der Radio- und TV-Industrie ein erhöhtes
Hirntumor-Risiko besteht, ebenso für alle Schweißer in der Eisen- und Stahlindustrie, die ELF
(Extremly Low Frequency) und radiofrequenter Strahlung in einem breiten Spektrum ausgesetzt sind.
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Beall und seine Mitarbeiter führen 1996 die erhöhte Rate von Hirntumoren bei
Computerprogrammierern auf die elektromagnetische Strahlung zurück, der sie bei ihrer Arbeit
ausgesetzt sind
Die jährliche Inzidenz von Hirntumoren und Tumoren des Zentralnervensystems in Neuseeland lag nach Neil
J. Cherry in den Jahren 1992 bis 1996 bei 5,8 für Frauen und 8,6 für Männer auf 100.000 Einwohner. Etwa
die Hälfte der Population gebraucht ständig ein Handy. Viele exponieren ihren Kopf dadurch mit viel höheren
Dosen von radiofrequenten Mikrowellen als Fluglinienpiloten oder Boden- und Bordcrews. Nach zehn Jahren
Handy-Telefonieren steigt die Rate für Hirntumore bereits auf das Drei- bis Fünffache der normalen
Häufigkeit. Das bedeutet allein für Neuseeland 200 bis 300 zusätzliche Hirntumor-Fälle. Die
Hirntumor-Inzidenz in West-Australien wächst ebenfalls parallel mit dem Handy-Gebrauch.
Neil J. Cherry wurde nach der Veröffentlichung dieser Erkenntnisse von einem australischen
Handy-Hersteller wegen Verleumdung verklagt. Die Firma stützte sich auf ein "Gutachten" von Michael H.
Repacholi, heute Leiter der Arbeitsgruppe für elektromagnetische Felder der Weltgesundheitsorganisation
WHO. Repacholi meinte, die von einem Handy-Sendemast abgegebene Leistungsflussdichte (siehe die
Kapitel "Strahlende Handys" und "Grenzwerte") entspreche sechs Glühbirnen. Plaziere man diese in der
Nähe einer Schwangeren, könne man auch nicht von teratogener (den Embryo schädigender) Wirkung
sprechen. Cherry sah sich daraufhin gezwungen, gegen Repacholi zu klagen - und bekam Recht. Der Beginn, lässt
sich denken, einer intimen Gelehrtenfeindschaft (Das zeigte sich auch beim mittlerweile schon legendären
"Workshop" in Wien im Oktober 1998, siehe Kapitel "Die Wiener Deklaration 1998")
Auch in der Arbeitswelt, in der elektromagnetische Felder (EMF) eine Rolle spielen, sind Gehirntumore
beobachtet worden, etwa bei Frauen, die mit Kathodenstrahlrohren zu tun haben (P. Ryan u a , 1992: 20).
Der Zusammenhang zwischen Belastung durch EMF in der Arbeitsweit und Gehirntumoren war schon vorher
durch mehrere Studien aufgezeigt worden.
Beim Militär stoßen die Wissenschaftler ebenfalls immer wieder auf Hirntumore. Die polnische Studie von S.
Szmigielski aus dem Jahr 1996 ist nicht die einzige geblieben. Auch J. K. Grayson legte im selben Jahr eine
einschlägige Untersuchung vor.
Die jüngsten wissenschaftlichen Berichte zum Thema Hirntumore durch Mobiltelefone bestätigen die
Befürchtungen, die schon seit vielen Jahren durch Erkenntnisse der Arbeitsmedizin und epidemiologischer
Forschungen bekannt sind. Seit der Klage von David Reynard wegen seiner krebskranken Frau wurde nicht
so viel Staub aufgewirbelt wie im Fall zweier im Mai und Juni 1999 an die Öffentlichkeit gelangter Studien. In
beiden Arbeiten kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass sich ein Gehirntumor bei Mobiltelefonbenutzern
mit großer Wahrscheinlichkeit auf der Seite des Kopfes entwickelt, wo beim Telefonieren das Handy
gehalten wird:
Normalerweise befindet sich die Handy-Antenne beim Telefonieren genau hinter dem Ohr des
Benutzers. Die Gehirnareale, die diesem Punkt am nächsten liegen, sind der Schlafen- und der
Hinterkopflappen. Lennart Hardell, Krebsforscher am Orebro Medical Center in Schweden, und seine
Kollegen fanden heraus, dass sich die Hirntumore bei Handy-Benutzern in diesen bei den
Gehirnregionen zweieinhalbmal öfter auf der Seite entwickeln, wo beim Telefonieren das Handy
gehalten wird (L Hardell u d , 1999, Micro Wave News, Mai/Juni 1999). Sie schreiben in ihrer Arbeit
über den Zusammenhang zwischen Mobiltelefonieren und Hirntumoren, die im Juli 1999 in der
angesehenen Fachzeitschrift International Journal of Oncology erschien, die Chancenrate (odds
ratio) - rechts 2,45, links 2,40 - sei nur bei Benutzern analoger Handys signifikant (in Schweden NMT =
Nordic Mobile Telephone genannt). Das hänge entweder damit zusammen, dass NMT eine dreimal
höhere Exposition verursache, oder damit, dass es beim GSM noch nicht genügend Benutzer oder
eine noch zu kurze Beobachtungszeit gebe, die ein eindeutiges Urteil noch nicht zulasse. Vorhanden
ist also das Risiko für Handy-Benutzer allemal. Es ist rund zweieinhalbmal so hoch wie bei
Nicht-Usern. Die Autoren sind nur überaus vorsichtig in der Formulierung. Und sie empfehlen dringend,
den beiden Arealen im Gehirn, die dem Handy beim Gebrauch am nächsten sind, also Schlafen- und
Hinterkopflappen, in Zukunft spezielle Studien zu widmen. Hardell und seine Mitarbeiter werteten 209
Fälle aus, die in der Region Uppsala-Orebro (1994-1996) und in Stockholm (1995-1996)
diagnostiziert wurden Die Kontrollgruppe umfasste 425 Personen
Die Ergebnisse von Hardell und anderen haben umsomehr Gewicht, als Joshua Muscat von der
American Health Foundation in New York City kürzlich ein Zwischenergebnis seiner eigenen Arbeiten
zu diesem Thema präsentierte. In einem Interview sagte er: "Ich machte eine ganz ähnliche Analyse
und sah nach, wo der Tumor auftritt. Da war ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Seite, auf
der das Handy gehalten wurde, und der Seite, wo der Tumor auftrat" (Micro Wave News, Mai/Juni
1999). Muscat erklärte, seine Studie sei noch nicht komplett und daher bis dato unveröffentlicht. Der
Forscher hat bei seiner Arbeit 466 Fälle von Hirntumor untersucht und mit 420 Kontrollfällen verglichen.
Aufgrund seiner Forschungsergebnisse empfiehlt Hardell Handy-Benutzern dringend, "kluge Vorsorge" zu
betreiben und Schritte für die Reduktion der Strahlenbelastung zu setzen. "Nutzen Sie eine
Freisprechanlage", ruft er den Handyisten zu, "ich mach' das immer".
Wolfgang Kostler, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Onkologie, erklärte mir in einem Interview
zum Thema Hirntumore: "Der Mensch von heute ist einer solchen Unzahl von gepulsten Mikrowellen
ausgesetzt, die zu Summationen der Feldstärken außerhalb und innerhalb des Körpers, speziell aber im
Kopfbereich und im sehr stark verästelten und räumlich stark untergliederten Knochenmark fuhren können.
So ist eine Zunahme der Hirntumore und der leukämischen Erkrankungen in nächster Zukunft zu erwarten.
Geht man einer Hirntumorerkrankung nach und fragt den Patienten, ob er wusste, wer noch in seiner
Umgebung einen Hirntumor entwickelt hatte, bekommt man nicht selten rasch einige Namen genannt. Nimmt
man anschließend eine Landkarte oder Stadtkarte zur Hand und trägt die Wohnorte der Betroffenen und
gleichzeitig die elektromagnetische Wellen abstrahlenden Sender der verschiedensten Provenienz (Radar,
Fernsehsender, Richtfunkstrecken, Mobilfunksender) ein, so ergibt sich der Verdacht auf eine Fokussierung
der Hirntumorhäufigkeiten dort, wo auch eine Summation der Feldstärken und der einstrahlenden
Frequenzen gegeben ist".
Die Beobachtungen, so Kostler, wurden meistens weder beachtet noch in ihrem möglichen Bezug zu
technischen Feldern erfasst. Die an Hirntumor Verstorbenen grabe man ein, und damit sei die Geschichte
scheinbar erledigt und für niemanden mehr interessant. In diesem Zusammenhang sieht Kostler auch eine
von ihm dokumentierte Häufung von Hirntumoren in einer relativ eng umgrenzbaren Gegend in
Niederösterreich, nördlich von Wien. "Sechs Fälle von Hirntumoren bei Erwachsenen traten mehr oder
weniger gleichzeitig auf." Auch in der Stadt Bremen konnte Kostler ähnliche Falle recherchieren. "Hier waren
drei Ärzte in unmittelbarer Nahe eines Senders betroffen, die an Hirntumoren erkrankten. Ein bekannter
Wiener Stadtrat soll bis zu seiner Hirntumorerkrankung, so berichten Menschen aus seiner Umgebung,
ebenfalls mehrere Stunden täglich mit seinem GSM-Handy telefoniert haben".
Angriff auf die Zelle
Auch Veränderungen von Zellinformationen konnten krebsfördernd wirken (H Holzinger, 1997:17) Unter
Berufung auf Repacholi (1997) berichtet der Autor von zahlreichen Studien über Eingriffe in die Zellstruktur
und die Zellinformation durch Hochfrequenz-Strahlung. Seit Anfang dieses Jahrzehnts lagen Untersuchungen
vor, die Veränderungen des Natrium- und Kalium-Ionen-Transports durch die Zellmembran und des
Kalzium-Stromes durch die Zellen aufzeigen. Außerdem habe man einen Einfluss auf das Wachstum
menschlicher Lymphozyten (höhere Effekte bei gepulsten Feldern) und andere Zellveränderungen
nachgewiesen. Holzinger schreibt "Berichtet wird etwa über Veränderungen des Na+ und K+Ionentransports
durch Zellmembranen, die im Frequenzbereich zwischen 27 MHz bis 10 GHz bei SAR zwischen 0,2 und 200
W/kg festgestellt wurden (Cleary 1995), oder des Ca++-Flusses, wobei hier aufgrund sehr unterschiedlicher
Ergebnisse Forschungsbedarf angemahnt wird."
Lebrecht von Klitzing schreibt "Es waren durchaus auch direkte Eingriffe in die Regulation der
Membranaktivität über die lonenkanäle möglich, zumal die Schaltfrequenzen an diesen Kanälen im selben
Frequenzbereich liegen wie die niederfrequente 217-Hz-Pulsung des Telekommunikationsnetzes nach
GSM-Standard" (zit. nach H -U Jakob, 1999).
Wie heiß dieser Forschungssektor umkämpft ist, zeigt ein Bericht von Tanya Schevitz vom 23. Juli 1999 für
den San Francisco Chronicle. Die Redakteurin berichtet über Vorwürfe gegenüber Robert P Liburdy,
Wissenschaftler am renommierten Lawrence Berkeley National Laboratory, er habe in Studien 1992 falsche
Daten eingesetzt. Liburdy, der keine Forschungsgelder mehr bekam und seine Zusammenarbeit mit dem
Laboratorium daher auflöste, hatte in mehreren Studien den Nachweis geführt, dass eine Verbindung
zwischen elektromagnetischer Strahlung und Kalzium-Strom besteht, der wichtige Zellfunktionen
einschließlich der An- und Ausschaltung von Genen und der Zellteilung steuert.
Die Ergebnisse der Studien lieferten erstmals ein plausibles biologisches Modell zur Krebsentstehung und
anderer Erkrankungen durch elektromagnetische Felder. Liburdy veröffentlichte sie 1992 in angesehenen
wissenschaftlichen Journalen, den Annals of the New York Academy of Sciences und den FEBS Letters
(FEBS = Federation of European Biochemical Societies).
Liburdy sei dann 1994 von einer anonymen Person verpfiffen worden. Der Wissenschaftler antwortete auf
die Vorwürfe: "Meine wissenschaftlichen Ergebnisse sind nicht falsch. Meine Kritiker hatten nur an der Art,
wie ich sie in Grafiken umsetzte, etwas auszusetzen. Sie sagen auch nicht, dass die Daten falsch seien. Sie
sprechen nur von der Interpretation der Daten".
Drei unabhängige Forscher untersuchten den Fall und erklärten, dass Liburdys wissenschaftliche
Schlussfolgerungen einwandfrei seien. Einer von ihnen, Richard Nuccitelli, Professor für Molekular- und
Zellularbiologie der Universität von Kalifornien in Davis, nannte die ganze Kontroverse schlicht "crazy".
Verrückt ist es in der Tat, wenn Wissenschaftler mit solchen Methoden mundtot gemacht werden sollen.
Der österreichische Wissenschaftler Helmut Bednar (Universität für Bodenkultur) misst dem Einfluss von
EMF auf den Kalzium-Strom große Bedeutung zu. "Bei bestimmten Feldstärken konnten signifikante
Wirkungen erzielt werden, während höhere und niedere elektromagnetische Felder keine signifikanten
Wirkungen auf biologische Systeme aufwiesen. Dafür liegen zahlreiche Untersuchungen mit tierischen Zellen
vor, die einen signifikanten Einfluss auf den Kalzium-Efflux unter bestimmten Feldeinwirkungen nachweisen"
(H Bednar, in P C Mayer-Tasch, B M Malunat, 1995 ,188 f).
Typische Aussage dazu im "Weißbuch" des Forums Mobilkommunikation: "Der Einfluss schwach frequenter
Felder auf den Kalziumstrom der untersuchten Zellen - ein wesentlicher Signalweg - ist 'vernachlässigbar'. "
Wenn für den Mobilfunk negative Forschungsergebnisse vorgelegt werden, so hat man den Eindruck, wird
von den Netzbetreibern immer das gleiche Vokabular bemüht: vernachlässigbar, selten, realitätsfremde
Versuchsanordnung, psychosomatische Beschwerden, nicht signifikant, nicht reproduziert.
Mitunter wird bezweifelt, ob nichtionisierende Strahlung überhaupt in die Zelle eindringen kann. Das steht
aber in direktem Widerspruch zu den Experimenten der Gentechniker: Sie verwenden Mikrowellenimpulse,
um Zellmembranen zu öffnen und fremde Gene in die DNS einzuschleusen.
Außerdem wird übersehen, dass Synergie-Effekte zwischen Hochfrequenz-Strahlung, zelltoxischen Stoffen
sowie kanzerogenen Chemikalien und physikalischen Krebswirkungen anzunehmen sind. Darüber haben A.
Maes und einige Kollegen in einer 1996 veröffentlichten Studie über die Erhöhung der Mutagenität von
Mitomycin (ein zytostatisch wirksames Antibiotikum) durch Hochfrequenz-Strahlung von 954 MHz berichtet.
Weiters liegen Studien über die Beeinträchtigung der Blut-Him-Schranke vor. Über die negative Wirkung auf
den Melatonin-Stoffwechsel wird im Kapitel "Melatonin-Mangel: Schlüssel zur Krebsentstehung" ausführlich
referiert.
Dazu der Wiener Arzt Wolfgang Köstler: "Der Mobilfunk ist in einem Bereich impulsgetaktet, der als
mechanischer Resonanzbereich der Blutgefäßwände gilt. Mir ist ein Fall eines Patienten (Geschäftsmann in
der Elektronikbranche) bekannt, der täglich über viele Stunden mit seinem GSM-Handy beruflich telefonierte
und, obwohl noch sehr jung an Jahren, plötzlich die Zeichen eines Schlaganfalles mit Halbseitenläsion
zeigte. Er wurde auf eine neurologische Spezialstation eingeliefert, wo man aber kein Substrat für diesen
Schlaganfall im Sinn eines Gefäßverschlusses oder einer Blutung - weder im Computertomographen noch in
der Magnetresonanz (MRI) des Gehirns - finden konnte. Erst nach Wochen bildeten sich die Symptome
langsam wieder zurück. Der Betroffene konnte für sich selbst den Zusammenhang zwischen einem
stundenlangen Telefonieren mit seinem Handy und dem Schlaganfall herstellen ... Es ist auch bekannt, dass
gepulste Mikrowellen zu einem Anstieg des Fibrinogenspiegels im Blut führen, was zu einer erhöhten
Gerinnungsneigung des Blutes führt."
Schlafstörungen
30 Meter entfernt vom Schlafzimmer der Wohnung von Günther Roth und seiner Frau wurde vor drei Jahren
eine Mobilfunk-Basisstation errichtet. Günther Roth in einem Telefonat mit mir: "Um fünf Uhr früh waren wir
schon auf 180, konnten nicht mehr einschlafen. Drei Monate, nachdem der Mast aufgestellt war, fing es an."
Seit Anfang 1999 können die Roths wieder schlafen. Der Sender wurde im September 1998 abgeschaltet.
Alles Einbildung? Günther Rom ist kein gewöhnlicher Sterblicher. Er ist Universitätsprofessor und Dekan der
juridischen Fakultät der Universität Innsbruck. Er besprach das mit einem Physiker. Der sagte:
"Ich habe alles nachgerechnet. Es kann nichts sein." Was hat er nachgerechnet? Ob die Grenzwerte
eingehalten wurden? Den Abstand zum Sender? Kennt er die ganze Bibliothek von Studien und Literatur,
die mittlerweile zum Thema elektromagnetische Strahlung vorliegen? Faktum: Der Dekan ist verunsichert,
auch wenn er jetzt wieder schlafen kann. Am 21. April 1999 nahm er an der Podiumsdiskussion zum Thema
"Mobiltelefon - die totale Kommunikation. Diskussion möglicher Ängste und Risiken" teil und hielt ein
Impulsreferat über juridische Aspekte. Tenor: "Das Telekommunikationsgesetz sieht keine Parteienstellung
vor... Es wird dem Gesetzgeber empfohlen, diesen Zustand zu ändern und den Betroffenen ein
Anhörungsrecht zuzubilligen" (zit. aus P. Brunner, 1999).
Dass Mobilfunkstrahlung das Schlafverhalten verändert, berichten nicht nur Betroffene sonder Zahl. Auch
wissenschaftliche Studien belegen das deutlich (siehe z.B. Kapitel "Von Fall zu Fall"). Klaus Mann und
Joachim Röschke von der Psychiatrischen Klinik der Universität Mainz haben 1996 an Probanden
nachgewiesen, dass nach dem GSM-Standard (217 Hz) gepulste 900-MHz-Strahlung zu einer teilweisen
Unterdrückung der REM-Schlafphasen führt. REM steht für Rapid Eye Movements, weil sich in dieser Phase
die Augen unter den geschlossenen Lidern rasch und zuckend bewegen. Die REM-Phase ist die für die
Verarbeitung der Tageseindrücke und die Vernetzung von Informationen im Gehirn so wichtige
Traumschlafzeit, also auch eine für die psychische Gesundheit enorm wichtige Periode. Die REM-Phasen
wechseln mehrmals pro Nacht mit Tiefschlafphasen ab.
Klaus Mann und Joachim Röschke konnten zeigen, dass in Summe der Anteil des REM-Schlafes unter der
Einwirkung der Felder von 17 auf 14% zurückging. 14 männliche Probanden zwischen 21 und 34 Jahren
nahmen an der Studie teil. Ein digitales Funktelefon wurde am Kopfende des Bettes in einem Abstand von
40 Zentimetern zum Scheitelpunkt des Kopfes installiert. Die Feldintensität war so schwach (0,05 mW/cm2),
dass keine thermischen Wirkungen auftreten konnten. (Der Grenzwert der Leistungsdichte liegt bei 0,6
mW/cm2.) Die Gehirnaktivität während des Schlafs wurde mit einem EEG aufgezeichnet, in zwei Nächten,
jeweils zwischen 23.00 und 7.00 Uhr. In der einen Nacht war das Handy eingeschaltet, in der anderen nicht -
natürlich ohne dass die Probanden das wussten.
Zugleich stellten die Wissenschaftler eine seltsame Wirkung der Handy-Strahlung fest. Sie erzeugte eine
hypnotische Wirkung, die das Einschlafen beschleunigte. Resümee von Klaus Mann und Joachim Röschke:
"Schlaf ist ein komplexer, zentralnervös gesteuerter physiologischer Prozess, der sehr empfindlich auf
äußere Einflüsse reagiert und von großer Bedeutung für die Gesundheit und das Wohlbefinden ist. Damit
können eventuell auftretende Veränderungen des Schlafes unter dem Einfluss elektromagnetischer Felder
Hinweise auf mögliche Wechselwirkungen mit dem menschlichen Organismus geben."
Der deutsche Arzt Hans-Christoph Scheiner aus München (1998; Risiko Mobilfunk, 1999:5.3.3) stellt die
Frage in den Raum, ob "Handys bzw. Mobilfunksender womöglich als 'psychotrope' Faktoren anzusehen
sind, die auf unsere Psyche ähnlich wirken wie etwa Drogen oder Psychopharmaka". Unter diesem Aspekt,
deponiert Scheiner, wäre "die vielfältige Zunahme von Panikattacken, Neurosen und Psychosen neu zu
diskutieren". Dass hier mehr geforscht werden muss, ist wohl unbestritten.
Klaus Mann und Joachim Röschke haben zusammen mit anderen Kollegen 1998 eine weitere Arbeit über
die Effekte von gepulster Hochfrequenz-Strahlung elektromagnetischer Felder auf das neuroendokrine
System vorgelegt. Stück für Stück, Mosaikstein für Mosaikstein ergibt sich so ein Bild der Einflüsse des
Mobilfunksystems auf das menschliche Gehirn, das auch die Betreiber nicht länger leugnen können.
Im FMK-"Weißbuch" (1998,6.2) werden die Schlaf versuche an der Universität Mainz aus der Perspektive
der Netzbetreiber und Handy-Erzeuger sowie des Fachverbandes der Elektro- und Elektronikindustrie so
kommentiert: "Andere Wissenschaftler stellen zu Recht fest, dass die Leistung des verwendeten
Mobilfunkgerätes mit 8 Watt jenseits der Wirklichkeit liege: In Österreich senden GSM900-Handys mit 20
mW (Milliwatt) bis 2 Watt. Das sind jedoch Spitzenwerte; im Mittel wird nur mit einem Achtel davon
gesendet. GSM1800-Mobiltelefone sind mit l Watt Spitzenleistung begrenzt. Zudem habe man die
Versuchspersonen dem elektromagnetischen Feld acht Stunden ausgesetzt, was ebenfalls nicht der Praxis
entspreche. Niemand telefoniere so lange."
Und: "Die Verfasser haben diese Einwände zum Anlass genommen, ihre Versuchsreihe unter veränderten,
drastisch erhöhten Feldstärken zu wiederholen, und danach festgestellt, dass es im neuen Design zu keiner
statistisch signifikanten Verkürzung der Einschlafphase und zu keinem Effekt der Unterdrückung des
REM-Schlafes kommt."
Wie so oft, steht auch in diesem Fall im FMK-"Weißbuch" nur die Hälfte -und die ist oft unrichtig. Es gab
tatsächlich eine Folgeuntersuchung mit geänderten Versuchsbedingungen. So wurde z.B. die
Strahlungsdichte von 0,5 auf 0,2 W/m2 gesenkt (Grenzwert WHO/Österreich für 900-MHz-Felder: 6 W/m2,
Deutschland: 4,5 W/m2). Die neue Studie wurde übrigens von der Deutschen Telekom, also einem
Netzbetreiber, gesponsert (H. Holzinger, 1998:17). Die REM-Schlaf-Phase war diesmal von rund 100 auf 95
Minuten verkürzt. Schlussfolgerung der Autoren: "Wir glauben daher, dass die Ergebnisse der Folgestudie
nicht im Widerspruch zu jenen der ersten Studie stehen" (P. Wagner u.a., 1998:202). Die Ergebnisse, so die
Autoren, stimmten auch mit anderen Studien überein, die eine Veränderung des Schlafverhaltens durch
elektromagnetische Felder festgestellt hätten. Zitiert werden Arbeiten von M. Reite u.a. (1994) und R.Sandyk
u.a.(1992).
Gestörter Herztakt, der Blutdruck steigt
Jeder zweite Handy-Benutzer klagt über Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System, Müdigkeit und
Kopfweh (siehe WTR-Studie im Kapitel "Verwirrte Hirnströme"). Elektromagnetische Strahlung innerhalb der
Handy-Bandbreiten stört offenbar nicht nur die Hirn-, sondern auch die Herzfunktionen. Als Hauptproblem
wird die Pulsung des GSM-Signals betrachtet, dessen 217-Hz-Frequenz nahe an der Gehirn- und
Herzfrequenz liegt (Katalyse, 1997:135).
Ein normales Herz schlägt nicht wie eine Quarzuhr oder ein Metronom, also rein mechanisch. Ein gesunder
Herzschlag schwankt um eine mittlere Frequenz. Er ist also variabel. Durch den Einfluss des Sympathikus
wird die Herzfrequenz beschleunigt, durch den Parasympathikus verlangsamt. Schon Ende der 70er Jahre
wurde nachgewiesen, dass eine verminderte Variabilität der Herzfrequenz bei Patienten, die einen
Herzinfarkt erlitten haben, mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden ist.
Zu den Störungen der Herzfrequenzvariabilität (HRV) kommt es durch Störungen im Bereich des vegetativen
Nervensystems. Eine Unterstimulation des Parasympathikus führt zu einem HRV-Abfall bei verschiedenen
Herzerkrankungen wie Herzinfarkt, Schäden an den Herzkranzgefäßen und Bluthochdruck. Dafür kommen
verschiedene Ursachen in Frage, unter anderem auch einige Medikamente. Nach der 1998 in der Zeitschrift
Bioelectromagnetics veröffentlichten Untersuchung einer Arbeitsgruppe (Antonio Sastre, Mary Cook und
Charles Graham) des Midwest-Forschungsinstituts in Kansas City (USA) können auch EMF zu diesen
Ursachen zählen. Ergebnis der Studie: Die normale Variabilität der Herzfrequenz wird bei gesunden jungen
Männern durch intermittierende niederfrequente elektromagnetische Felder von 20 Mikrotesla vermindert (F.
Grotenhermen, 1998).
Eine Studie der Neurologischen Klinik der Universität Freiburg kommt zu dem Ergebnis, dass
elektromagnetische Felder von Mobiltelefonen in der Lage sind, den Blutdruck zu erhöhen. Die Arbeit
stammt von S. Braune und Mitarbeitern. Verwendet wurden Mobiltelefone der GSM-Klasse 900 MHz, 2
Watt, gepulst mit 217 Hz. Die Versuchspersonen waren sieben gesunde Männer und drei gesunde Frauen
im Alter zwischen 26 und 36 Jahren. Der Einfluss der EMF auf den Blutdruck war signifikant: Sowohl der
systolische wie der diastolische Blutdruck stiegen unter dem Einfluss der Felder an (S. Braune u.a., 1998: l
.857).
Die von der Arbeitsgruppe verwendeten Felder lagen zwischen 0, l und 0,4 Hz. Da bekannt ist, dass eine
verminderte HRV mit einem erhöhten Risiko für schwere Herzrhythmusstörungen und für den plötzlichen
Herztod Hand in Hand geht, müssen also auch in diesem Fall die Alarmglocken läuten. Peinlich für
Netzbetreiber und Handy-Hersteller, dass die Studie in Zusammenarbeit mit dem Technologiezentrum der
Deutschen Telekom AG in Darmstadt erstellt wurde.
Aufs Auge gedrückt
"Die gesundheitsschädliche Wärmewirkung von Handys auf den menschlichen Kopf ist möglicherweise
stärker als bisher angenommen." Das meldete das Konsumentenmagazin Öko-Test in seiner Nummer 10
des Jahres 1997. Der Artikel bezog sich auf erste Berechnungen von Professor Thomas Weiland von der
Abteilung Elektromagnetische Felder an der Technischen Hochschule Darmstadt. Schon länger ist bekannt,
dass die Hochfrequenz-Strahlung der Handys Körpergewebe aufheizen kann. Das ist vor allem für schlecht
durchblutete Organe wie das Auge oder die Hoden gefährlich, weil sie wenig Möglichkeit zum
Temperaturausgleich haben. Auge, Hodengewebe und Spermatozoen sind gegenüber
Hochfrequenz-Bestrahlung am empfindlichsten. Die Bestrahlung durch Mikrowellen kann zur Sterilität führen
(Katalyse, 1997:89).
Je häufiger ein Handy benutzt wird, so das Öko-Test-Magazin, desto größer sei die Gefahr der Trübung der
Augenlinse, sprich: von grauem Star. Die erforderliche Leistungsflussdichte für nicht mehr rückgängig zu
machende Schäden liegt allerdings relativ hoch (Katalyse, 1997:89): bei 80 bis 150 mW/cm2 (entspricht ca.
100 W/kg) für Linsentrübung und Katarakt (grauer Star) - Expositionszeit eine Stunde, Frequenz 2-10 GHz -
und 30 mW/cm2 für Hornhautschäden (ab 35 GHz).
An der Technischen Universität Graz konnte man das zwar nicht einmal bei ungünstigsten Konstellationen
eines Mikrowellenherdes feststellen (N. Leitgeb, K. Tropper, 1993:17). Doch bereits 1985 bis 1988 wies
Kues im Tierversuch nach, dass es auch unter diesen Werten zu mikroskopischen Veränderungen von
Augenlinse und Hornhaut kommen kann, nämlich bei SAR-Werten von 6,3 W/kg (3 Tage, jeweils 4 Stunden).
Dazu heißt es im von der Katalyse Köln herausgegebenen Buch "Elektrosmog": "Beim kopfnahen Betrieb
leistungsstarker Mobiltelefone können durchaus derart hohe Leistungsflussdichten auftreten und sich über
'hot-spot'-Effekte verstärken, so dass irreversible Augenschäden nicht ausgeschlossen werden können"
(Katalyse, 1997:89).
Professor Weiland hat ein Computersystem entwickelt, mit dem sich die Feldverteilung im menschlichen
Organismus beim Mobiltelefonieren genauer als bisher wiedergeben lässt. Diese neue Methode ist den
Experimenten mit Dummys - menschlichen Kunstköpfen, die das Innere eines Schädels mit Sensoren
simulieren - weit überlegen. Das Computerprogramm berücksichtigt so komplizierte Systeme wie die
inneren Strukturen des Kopfes und die unterschiedliche Gewebedichte.
Die neueste Meldung über Augen und Handy kommt aus England: Brillen mit Metallfassung erhöhen bei
Mobiltelefonierern die Strahlung im Umkreis der Augen um 20%. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung
des Nationalen Physikalischen Laboratoriums in Middlesex. "Das Metall fungiert als Leiter und steuert die
Strahlung in die Umgebung der Augen, die gegenüber Mikrowellen besonders empfindlich ist. In England
warnt man die Mobiltelefonierer vor Augen- und Hirnschäden" (Miljö Aktuellt, Nr. 5, 23. 6. 1999).
(Quelle: Wolfgang Hingst, Handy-Fieber, Wien 1999, S. 116 ff.)
aus: www.buergerwelle.de