3.10.2003

Keine Massenvernichtungswaffen
im Irak

Am gestrigen Donnerstag nun wurde der lange, aber von niemandem mehr mit Spannung erwartete Abschlußbericht der 'Iraq Survey Group" vorgelegt. Diese rund 1.200 US-amerikanischen Geheimdienstleute, Militärs und Wissenschaftler hatten nach der Absetzung der UN-Waffeninspekteure unter Hans Blix jedes einzelne Sandkörnchen im Irak zweimal umgedreht und deren Chef David Kay hatte noch zu Beginn dieser "Aktion Wüstenstaub" getönt, die Öffentlichkeit solle sich auf "Überraschungen" gefaßt machen. Sie stehen nun zum Ärger von George W. Bush und Tony Blair mit leeren Händen da, legen aber einen immerhin 200 Seiten starken Abschlußbericht vor.

Manche Kommentatoren wagen leicht ironische Anspielungen, denn David Kay hängte in der Manier seines Präsidenten ein "Aber" an das Eingeständnis an: Man habe zwar nichts gefunden, "aber die Absicht, Massenvernichtungswaffen zu produzieren". Zwingend erscheint nun eher eine Neuinterpretation des Terminus "präemptive Kriegführung". Er bezeichnet das neu erworbene Recht der USA, einen anderen Staat zu vernichten, sobald sie bei diesem auch nur eine feindliche Absicht wahrnehmen.

Überdies wurde auch dieser vielsagend inhaltsleere Abschlußbericht mit Behauptungen "sexier" gemacht, Saddam Husseins Regime habe - "zuletzt im Oktober 2000" - auf hoher Ebene Gespräche mit Nord-Korea geführt, um an die Technologie für Langstreckenraketen zu gelangen. Und um dem noch die britische Krone aufzusetzen ergänzte UK-Außenminister Jack Straw, der Bericht der 'Iraq Survey Group' habe "weitere schlüssige und unbestreitbare Beweise hervorgebracht", daß Husseins Regime die UN-Resolutionen, die eine Entwaffnung des Irak einforderten, umgangen habe.

Bemerkenswert ist an diesem nichtssagenden 200 Seiten starken Bericht, in dem ganze 13 Seiten als geheim klassifiziert wurden, allenfalls eines: Die Behauptung, der Irak könne Waffen innerhalb von 45 Minuten einsatzbereit machen, wird darin weder bestätigt noch verneint. Und zwischenzeitlich reagierte die US-amerikanische Regierung auf einen Bericht der 'New York Times', in dem es hieß, sie habe aus dem 87 Millionen Dollar umfassenden Budget, das vom Kongress für Afghanistan und Irak bewilligt worden war, immerhin 600.000 Dollar allein zu dem Zweck eingesetzt, um im Irak Massenvernichtungswaffen zu finden: Das Weiße Haus verweigerte eine Bestätigung.

Spannend dürfte dennoch weiterhin sein, ob sich der innenpolitische Druck auf Bush und Blair entgegen dem in den Massenmedien verbreiteten Wiederanstieg ihrer Popularität nicht noch verstärkt. Der Erfolg Blairs auf dem gerade abgeschlossenen Parteitag in Bournemouth war nicht eben verwunderlich, da fast das gesamte Personal der Partei seit der Machtübernahme von Tony Blair gewechselt hat. Sämtliche Funktionäre von 'New Labour', die erst unter Blair aufgestiegen sind, hängen auf Gedeih und Verderb von seiner Politik ab. Und dem Beispiel eines Michael Meacher zu folgen, erscheint auch machen Altgedienten noch als zu riskant. Doch hinter den Kulissen brechen die Widersprüche sowohl innerhalb der britischen Labour Party als auch innerhalb der US-amerikanischen Republikaner immer deutlicher auf.

 

Klaus Schramm

 

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