4.04.2007

Ahmadinedschad ist
der bessere Verkäufer

15 britische MarinesoldatInnen kommen frei

Irans Präsident Ahmadinedschad verabschiedete heute persönlich die vor zwei Wochen gefangen genommenen 15 britischen Marine-SoldatInnen. Er nutzte die Affaire so zu einem Prestige-Gewinn.

Das britische BBC zeigte heute Aufnahmen, wie Ahmadinedschad den 15 Marineangehörigen die Hände schüttelte, sich nach deren Gesundheit erkundigte und eine gute Heimreise wünschte. Ahmadinedschad hatte die Freilassung kurz zuvor auf einer Pressekonferenz in Teheran angekündigt. Die SoldatInnen sollten unmittelbar darauf entlassen werden. Der Iran wirft ihnen vor, in seine "Hoheits"-Gewässer eingedrungen zu sein. Großbritannien bestreitet dies. Noch am Vormittag hatte Ahmadinedschad Angehörige der Küstenwache wegen der Gefangennahme der Fünfzehn ausgezeichnet.

Durch die überraschende und für die unmittelbar Betroffenen positive Wende kommt eine Initiative aus Kreisen der deutschen Friedensbewegung zu spät. In einer dieser Tage veröffentlichten Stellungnahme hatte der Bundesausschuß Friedensratschlag darauf hingewiesen, daß mit der I. Haager Konvention durchaus vernünftige Verfahrensregeln vorgegeben seien, um einen derartigen Konflikt zu lösen.

Die Beachtung des internationalen Rechts gelte für beide Seiten - und in diesem Fall vergaßen offenbar beide Seiten völlig, daß sowohl Großbritannien als auch der Iran das I. Haager "Abkommen zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle" unterzeichnet haben. Artikel 2 dieses Abkommens bestimmt, daß die Vertragsmächte "im Falle einer ernsten Meinungsverschiedenheit oder eines Streits, bevor sie zu den Waffen greifen, die guten Dienste oder die Vermittlung einer befreundeten macht oder mehrerer befreundeter Mächte anrufen." Darüber hinaus wird es als sinnvoll erachtet, wenn "eine oder mehrere Mächte, die am Streit nicht beteiligt sind, (...) guten Dienste oder ihre Vermittlung anbieten" (Artikel 3). Falls diese Maßnahmen zu keinem Ergebnis führen, besteht schließlich nach Artikel 9 die Möglichkeit, eine "internationale Untersuchungskommission" einzusetzen. Der vor hundert Jahren eingerichtete "Ständige Schiedshof" wurde nach dem zweiten Weltkrieg vom Internationalen Gerichtshof (IGH) abgelöst. Er ist zuständig für exakt solche Streitigkeiten wie sie zwischen Iran und Großbritannien entstanden waren. Eine vernünftige Reaktion der britischen Regierung wäre die Anrufung dieses Gerichts in Den Haag (nicht zu verwechseln mit Carla Pontes Sondertribunal) gewesen.

Anthony Blair hatte es allerdings vorgezogen, öffentlich zu behaupten, er könne die "korrekte" Position der aufgebrachten britischen Fregatte beweisen. Die iranische Regierung hatte zuvor ihrerseits behauptet, die Grenzmißachtung beweisen zu können. Blair hatte sich - ähnlich wie die deutsche Bundesregierung im Falle der im Irak festgehaltenen deutschen Geiseln - in eine Position manövriert, aus der er "ohne Gesichtsverlust" nicht mehr heraus konnte. Denn offensichtlich beabsichtigte er nicht, die von ihm behaupteten "Beweise" einer unabhängigen Kommission vorzulegen.

Nach internationalem Recht war es allerdings ebenso inakzeptabel, daß der Iran den britischen Marine-SoldatInnen konsularischen Beistand verweigerte. Scharfe Kritik fand zudem das Verhalten der Europäischen Union und der deutschen Ratspräsidentin Angela Merkel, die sich im Streitfall zwischen Großbritannien und dem Iran sofort und bedingungslos hinter Großbritannien gestellt hatte.

Offenbar ist sich Ahmadinedschad schneller als Blair darüber klar geworden, daß bei einer monate- oder gar jahrelangen Haft der Fünfzehn beide Seiten Prestige eingebüßt hätten. Er nutzte die Chance schlau, um sich vor der Weltöffentlichkeit ins bessere Licht zu rücken. Skepsis ist allerdings angebracht bei der Frage, ob sich diese Schlauheit auch positiv bei der Verfolgung des Wahnsinns-Prokekts iranischer Atomwaffen bemerkbar machen wird.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkung
Siehe auch unsere Artikel:

Widersprüchliche Darstellung
      im Fall der 15 britischen SoldatInnen (27.03.07)

Ein weiterer Irrer outet sich
      - Chirac droht dem Iran mit der Atombombe (20.01.06)

Irans Präsident outet sich
      als fanatischer Irrer (26.10.05)

Britische Juristen kämpfen gegen Blair (3.03.04)

Neue Enthüllungen über Blair (4.02.04)

 

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