Während die "grüne" Bundestagsfraktion ablenkt und verlautbaren läßt, sie lehne ein Krypto-Verbot weiterhin ab, kam
inzwischen zu Tage, daß sie sich den Vorstoß ihres rechtspolititischen Sprechers, Jerzy Montag, bereits zu eigen gemacht
hatte.
Letzte Woche war bekannt geworden, daß der Bundestagsabgeordente und rechtspolitische Sprecher der "grünen" Fraktion
Überlegungen angestellt hatte, daß Schlüssel für kryptographische Programme beim Bundesdatenschutzbeauftragten
hinterlegt werden müßten. Bis heute ist es möglich, mit einigen wenigen frei verfügbaren Programmen beispielsweise
Emails so zu verschlüsseln, daß auch Geheimdienste mit den besten Computern diese nicht entziffern können. Schon
unter Innenminister Kanther (CDU) gab es vor 1998 Bestrebungen auf Druck des CIA ein Krypto-Verbot einzuführen, d.h.
solche "unknackbaren" Krypto-Programme zu verbieten. Alternativ war in der Diskussion, nur noch solche Programme zu
erlauben, deren Schlüssel bei einer "Sicherheits"-Behörde hinterlegt werden oder die im verborgenen Quell-Code ein
Hintertürchen enthalten.
Nicht zuletzt in der Folge der Echelon-Affaire, die einen großen Schaden für die europäische Wirtschaft durch Weitergabe
von abgeschöpfter Email-Geschäftskorrespondenz an konkurrierende US-Firmen hatte sichtbar werden lassen,
verschwanden diese Pläne wieder in den Geheimdienst-Schubladen. "Rot" und "Grün" hatten damals den Widerstand
gegen die Kanther-Pläne unterstützt. Und bislang war es zumindest auf dem Papier eine von der Regierungs-Koalition
noch nicht in Frage gestellte gemeinsame Position, daß ein Krypto-Verbot abgelehnt werde, d.h. effektive
Verschlüsselungs-Programme weiterhin legal blieben.
Nach Beginn der öffentlichen Diskussion über den Vorstoß Jerzy Montags, war dieser während der vergangenen Woche
bei einem Aufenthalt in Israel für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Sein Berliner Büro stellte eine Klärung in Aussicht
und der forschungs- politische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss, forderte prompt ein Dementi "in aller
Deutlichkeit". Es wurde bereits darüber spekuliert, ob Montag als "Minenhund" voraus geschickt worden sei, um den
Widerstand gegen den von Seiten der US-Regierung geforderten Abbau des Datenschutzes und der informellen
Selbstbestimmung zu testen.
Und eines ist zumindest unter KennerInnen der Materie klar: Sollte es zu einer gesetzlichen Regelung über die
zwangsweise Hinterlegung von Krypto-Schlüsseln kommen, wäre das Briefgeheimnis im Email-Verkehr passé.
Denn ein Zwang zur Hinterlegung von Krypto-Schlüsseln läuft praktisch auf das gleiche Ergebnis hinaus wie ein Verbot
effektiver Krypto-Programme. Die "Grünen" mögen darauf spekulieren, daß der erst kürzlich ins Amt eingeführte neue
Bundesdatenschutzbeauftragte, Peter Schaar, Dank seines "grünen" Parteibuchs über ausreichenden Vertrauensvorschuß
in der Öffentlichkeit verfüge, um jeglichen Argwohn zurückzuweisen. Krypto-Schlüssel, die irgendwo in einem zentralen
Computer hinterlegt wären, könnten jedoch dort niemals sicher sein und hinzu kommt die Tatsache, daß eine Überprüfung,
welche elektronische Post heimlich gelesen wurde, im Nachhinein technisch kaum möglich ist.
In ihrer aktuellen Stellungnahme nun versuchte die "grüne" Bundestagsfraktion den Eindruck zu erwecken, die offizielle
Position werde aufrechterhalten und ein Krypto-Verbot werde nach wie vor nicht in Erwägung gezogen. Aus dem Büro
Montags hatte es noch geheißen, die "Überlegungen" seien noch völlig ungeklärt und koalitionsintern überhaupt noch
nicht besprochen. Inzwischen wurde jedoch bekannt, daß tatsächlich bereits eine schriftliche Anfrage an die Verwaltung
von Seiten der "grünen" Bundestagsfraktion und namentlich deren rechtspolitischen Sprechers Jerzy Montag ergangen
war: "Wir bitten zu prüfen, ob es Sinn macht, bei schwersten Verbrechen Kryptoschlüssel für die Strafverfolgungsbehörden
zum Beispiel beim Bundesdatenschutzbeauftragten oder anderen Datenschutzbeauftragten zu hinterlegen."
Damit konfrontiert, versuchte die "grüne" Bundestagsfraktion abzuwiegeln und den Auftrag an die Verwaltung als harmlose
Frage hinzustellen, mit der "keinerlei Zielsetzung" verknüpft worden sei.
Klaus Schramm