26.10.2016

Emanzipation verlangsamt
Deutschland fällt zurück

Ungleichheit der Geschlechter - Grafik: Samy - Creative-Commons-Lizenz Nicht-Kommerziell 3.0
Der Jahresbericht des Weltwirtschafts­forums (WEF) zum Entwicklungs- Stand bei der Gleichstellung der Geschlechter kommt zum Ergebnis, daß sich der Abstand nicht weiter schließt, sondern weltweit wieder vergrößert hat. Deutschland fiel im Ranking von Platz 8 auf Platz 13 der untersuchten 144 Staaten zurück.

Der WEF-Bericht erscheint seit 2005. Er bewertet einmal jährlich den Entwicklungs-Stand bei der Gleichstellung der Geschlechter nach vier Kategorien: Gesundheit und Überlebenschancen (zum Beispiel Geburten- und Sterberaten, durchschnittliche Lebenserwartung), Bildungsweg (Alphabetisierungs-Rate, Schul- und Hochschul-Bildung), politische Teilhabe (Parlaments-, Kabinetts-Sitze) und wirtschaftliche Chancen (Löhne, Management, Arbeitsmarkt). Für den aktuellen, 391 Seiten starken Report wurden 144 Staaten untersucht.

Deutschland erreichte Rang 10 in Hinblick auf politische Teilhabe. In der Kategorie 'Gesundheit und Überlebenschancen' reichte es nur für Rang 54. Bei den wirtschaftlichen Chancen kommt Deutschland nur auf Rang 57. Im März 2014 hatte das Bundesamt für Statistik die offensichtlich stark geschönte Zahl von 22 Prozent veröffentlicht, um die Frauen bei vergleichbarer Qualifikation weniger als ihre männlichen Berufskollegen verdienen. Nach unabhängigen Untersuchungen jedoch verharrte der "Gender-Gap" in diesem Bereich in Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten unverändert bei rund 30 Prozent. Und in der Kategorie 'Bildung' erreicht das "Land der Dichter und Denker" wegen der eklatanten Ungleichheit der Chancen (Siehe unseren Artikel v. 8.03.15) nur einen beschämenden Rang 100.

In der Gesamtwertung aller vier Kategorien kommt Deutschland daher auf Rang 13. Im Jahr 2006, als das WEF insgesamt 115 Staaten untersuchte, erreichte Deutschland noch Rang 5.

Laut der neuen WEF-Studie zum "Gender-Gap" ist die Menschheit in Hinblick auf die wirtschaftliche Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz noch weit entfernt. Die Lücke (englisch: gap) wird derzeit nicht kleiner, sondern wird sogar wieder größer. Bei den wirtschaftlichen Chancen sind die Unterschiede zwischen Männern und Frauen derzeit so groß wie zuletzt im Jahr 2008.

Geht die Angleichung so langsam voran wie zuletzt, dauert es laut den Berechnungen der ExpertInnen noch 170 Jahre, bis sich die Lücke schließt. Das bedeutet: Frauen müssen sich bis zum Jahr 2186 gedulden, bevor sie die gleichen wirtschaftlichen Chancen wie Männer haben - oder: Sie müssen sich zu einer neuen Frauenbewegung zusammenschließen. Im vergangenen Jahr hatten die ExpertInnen noch die Hoffnung verbreitet, beim damals aktuellen (Schnecken-)Tempo werde die - in nahezu sämtlichen Verfassungen "garantierte" - Gleichheit der Geschlechter bis zum Jahr 2133 erreicht.

Auf den vorderen Plätzen des Ranking finden sich Island, Finnland, Norwegen und Schweden. Die größte Volkswirtschaft, die USA, rangieren abgeschlagen auf Platz 45 unter den insgesamt 144 Staaten.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Tausende Polinnen
      gegen Verschärfung des Abtreibungs-Verbots (2.10.16)

      Frauen auch im Kulturbereich benachteiligt
      24 Prozent Manko bei Gehältern (30.06.16)

      Feminismus und Agrar-Wende
      passen gut zusammen (8.03.16)

      Kampf gegen Hot Pants
      Rektorin aus Horb für Rettung des Abendlandes (7.07.15)

      Eltern tradieren Unterdrückung
      Mädchen werden entmutigt (8.03.15)

      Deutliche Benachteiligung der Frauen
      bei der Rente (5.03.15)

      Unerklärliche 7 Prozent
      Witz der Woche (26.03.14)

      Weiblich: die Arbeitslosigkeit,
      die Teilzeitarbeit, die Leiharbeit... (8.03.14)

      Emanzipation? Rollback
      in Deutschland (25.11.13)

      Geht es um den Boden unter den Füßen
      oder um eine "gläserne Decke"? (8.03.13)

      Mein Wort zum Frauentag: Sex is Muß!
      Gastbeitrag von Martin Buchholz (8.03.13)

      Skandal in Köln
      Katholische Kliniken weisen Vergewaltigungsopfer ab (17.01.13)

      Sozialabbau trifft Frauen härter
      (8.03.12)

      Studie zu "Babyboom"-Jahrgängen
      Besonders Frauen erwartet Altersarmut (15.02.12)

      Frauen in Konzern-Vorstände?
      Die realen Probleme bleiben ausgeblendet (8.03.11)

      Bundesverfassungsgericht stärkt Position
      lediger Väter
      Traditionelles Mutterbild im Kern unangetastet (3.08.10)

      Nachwuchs ohne Zukunfts-Chance
      Immer mehr Kinder kommen unter die Räder (1.06.10)

      Witz der Woche
      Warum ist der Kapitalismus
      für Frauen besser als der Islam? (30.12.09)

      90 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland
      Errungenschaft oder Sackgasse? (8.03.09)

      Papst gegen Trennung von Kirche und Staat
      Subvention in Deutschland jährlich... (13.09.08)

      Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern
      unverändert bei 30 Prozent (12.08.08)

      Vorname: Brigitte / Name: Bertelsmann
      Tatbestand: Versuchte Frauenverdummung (26.03.08)

      Sozialabbau trifft Frauen härter
      Erklärung von NETZWERK REGENBOGEN zum Frauentag (8.03.08)

      Alpha-Mädchen statt Alpha-Männchen?
      Feministische Überlegungen zu einer 'spiegel'-Titelstory (31.05.07)

      Mit Merkel für feministische Umweltzerstörung
      und feministischen Sozialabbau? (8.03.07)

      Gender Mainstreaming
      - Schlaftablette für die Frauenbewegung? (8.03.06)

      Emanzipation als Einbildung (8.03.05)

      Frauen unverändert bei 70 Prozent
      "It's the ecomomy, stupid" (30.10.04)

      Auch nach fünf Jahren "Rot-Grün":
      Frauen bei 70 Prozent (3.03.04)

      Internationaler Frauentag
      und Afghanistan (24.02.03)

      Oben buckeln, unten treten - Hartz und die Frauen
      oder: Auf dem Weg in die autoritäre Gesellschaft (18.10.02)

      70 Prozent (4.08.99)

 

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