28.09.2007

Die Ostsee stirbt

Deutschland schaut zu

70.000 Quadratkilometer Ostsee haben sich wegen Sauerstoffmangels bereits in Todeszonen verwandelt. Die Bundesregierung und das Land Mecklenburg-Vorpommern blockieren gegenwärtig einen Plan, der das dramatische Ostsee-Sterben abmildern soll. "Deutschland wird zum Totengräber der Ostsee. Die Haltung der Landwirtschaftsminister des Bundes und Mecklenburg-Vorpommerns, Horst Seehofer und Till Backhaus, ist ein Skandal", kritisiert Jochen Lamp, Leiter des Büros der Umweltschutz-Organisation WWF in Stralsund.

Die deutsche Bundesregierung weigert sich, verbindliche Quoten für die Einleitung von Nährstoffen in das Baltische Meer zu akzeptieren. Sie spielt dabei exakt dieselbe Rolle wie die US-Regierung in der Frage des Klima-Gas-Ausstosses. Damit steht der seit zwei Jahren von den Anrainerländern verhandelte Ostsee-Rettungsplan vor dem Scheitern. Am 15. November wollen die Staaten angeblich auf der Ostseeschutz-Konferenz HELCOM in Krakau einen Aktionsplan beschließen. Sein Schicksal wird sich nicht von dem des Kyoto-Protokolls unterscheiden - wenn es nach den Regierungen geht.

Die Nährstoffe Phosphor und Stickstoff gelangen vor allem aus der Landwirtschaft in die Ostsee. Sie verursachen massive Algenblüten. Die absterbenden Algen führen zu einem chronischen Sauerstoffmangel, der bereits ein Sechstel des Meeresbodens in tote Zonen verwandelt hat. Derzeit verursachen jedes Jahr eine Million Tonnen Stickstoff und 35.000 Tonnen Phosphor die Überdüngung des Meeres. Laut HELCOM-Plan sollen die jährlichen Einträge bis 2016 um 133.000 Tonnen Stickstoff und 15.000 Tonnen Phosphor reduziert werden. Wer um diese Zusammenhänge weiß und zudem noch nicht zynisch geworden ist, geht bereits seit Jahren im Bioladen einkaufen.

Von den nicht sonderlich beeindruckenden Reduktions-Zielen des HELCOM-Plans müßte die Bundesrepublik eine jährliche Verringerung der Einträge von Phosphor um 250 Tonnen und von Stickstoff um 5.600 Tonnen übernehmen. Doch selbst dies ist der industriellen Landwirtschaft offenbar zuviel. Im Vergleich zu den lockenden Profiten haben die Zerstörung der Ostsee und der deutschen Wälder kein Gewicht. Seehofer und Backhaus als Vertreter der deutschen Agro-Industrie lehnen die genannten Reduktions-Ziele ab.

Andere Länder-Regierungen hingegen erklärten sich bereit, Einträge zu senken: Polen um fast 71.000 Tonnen, Dänemark um 17.000 Tonnen und Schweden um 9.500 Tonnen. Auch Rußland stimme dem Plan zu.

Die Nähstoffbelastung der Ostsee ist heute um ein Vielfaches höher als vor einhundert Jahren. Die im HELCOM-Plan vorgesehenen Reduzierungen wären nur ein Minimalkonsens. Damit die Ostsee nicht erstickt, wäre eine schnellere und drastischere Reduktion der Überdüngung nötig. Doch die Bundesregierung blockiert selbst einen ersten Schritt. Der schwedische Umweltminister drohte bereits, der HELCOM-Konferenz bei einem Scheitern der Nährstoffquoten fernzubleiben.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Mittelmeer-Delphin kurz vor der Ausrottung
      Auch das Mittelmeer wird leergefischt (2.07.07)

      Ozeane kurz vor dem Arten-Kollaps
      Plünderung seit Jahren unvermindert (7.06.07)

 

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