21.02.2005

Kommentar

Abwahl in Schleswig-Holstein

Obwohl es für die "rot-grüne" Landesregierung unter Minister- präsidentin Heide Simonis1 immer enger wurde, je näher es auf die Wahl am 20. Februar zuging, konnten die beiden Regierungsparteien dies nicht für "Dramatik" und eine zusätzliche Mobilisierung ihres "Wählerreservoirs" nutzen. Die früheren StammwählerInnen von "Rot" und "Grün" sind zunehmend desillusioniert und bleiben in immer größerer Zahl den Wahlen fern. So sank die Wahlbeteiligung unter den bisherigen historischen Tiefststand.

Die Wahl in Schleswig-Holstein gilt als erster Test für die "Akzeptanz" der laut Mainstream-Medien völlig problemlos eingeführten Hartz-IV-"Reformen". Doch bereits letzten September hatte die SPD bei der Wahl an der Saar,2 erdrutschartige Verluste hinnehmen müssen und in entscheidenen WählerInnengruppen wie den unter 30-jährigen, den ArbeiterInnen und den Arbeitslosen zwischen 20 und 27 Prozent eingebüßt. Und es ist nunmehr die zehnte Wahl in Folge, die sie verlor.

Die SPD fiel auf unter 600.000 Stimmen, die CDU kam knapp über 600.000 - aber weit mehr als 700.000 Wahlberechtigte verweigerten den Gang zu den Urnen, in denen sie ihre Stimme begraben sollten. Wenn viele Linke immer noch an das "kleinere Übel" glauben und meinen, mit "Schwarz-Gelb" werde alles noch schlimmer, haben sie nun Gelegenheit, in etlichen Bundesländern einen Vergleich zwischen Vorher und Nachher zu ziehen.

Sicherlich hat Peter Harry Carstensen seiner Klientel versprochen, Heide Simonis noch zu übertreffen. Und vermutlich wähnt sich der Wahlsieger von Schleswig-Holstein nun an der Macht. Doch an den realen Machtverhältnissen zwischen Kapital und Arbeit hatte sich auch 1998 mit Antritt der "rot-grünen" Bundesregierung nichts geändert. Bereits Tucholsky schrieb: "Sie dachten, sie kommen an die Macht, dabei kamen sie nur an die Regierung." Die Macht in diesem Staate haben nach wie vor VW und RWE, Siemens und Krauss-Maffay, DaimerChrysler und ExxonMobil, Deutsche Bank, Bayer und Co.

 

Harry Weber

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unseren Artikel

      Rücktritte wegen skrupelloser Pro-Atom-Politik von Simonis
      (1.11.04)

2 Siehe auch unseren Artikel

      Wahl an der Saar
      Auch die CDU verlor (6.09.04)

      60 Prozent sind nicht schlecht (14.06.04)

 

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