8.10.2004

Friedensnobelpreis
für kenianische Umweltschützerin
Wangari Maathai

Der Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr erstmals an eine Afrikanerin. Sie ist bei bisher insgesamt über 80 männlichen Preisträgern die zwölfte Frau, die den Preis erhält. Und eine weitere Novität ist beachtlich: Das Nobelpreis-Komitee entdeckt endlich den existentiellen Zusammenhang zwischen Frieden und Umweltschutz.

Wangari Maathai, Vize-Umweltministerin in Kenia und seit Jahrzehnten für ihr Umweltengagement bekannt, erhält den Friedensnobelpreis für ihren "Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung, Demokratie und Frieden." Weiter begründet das Nobelpreis-Komitee seine Entscheidung mit der Erkenntnis: Der "Frieden auf Erden hängt von unserer Fähigkeit ab, unsere Lebensumwelt zu schützen." Der Vorsitzende des Komitees, Ole Danbolt Mjoes erklärte: "Wir haben eine neue Dimension dem Friedenskonzept hinzugefügt. (...) Wir haben die Umwelt, den Demokratieaufbau, die Menschenrechte und vor allem die Frauenrechte hervorgehoben."

Bereits 1977 gründete Wangari Maathai das Umweltprojekt 'Green Belt Movement', sinngemäß: Bewegung zur Wiederherstellung eines grünen Gürtel. Gemeint ist damit die Wiederaufforstung von (Ur-)Waldgebieten, die der Gier der Industrienationen zum Opfer fielen. Die Bewegung hat in Afrika rund 30 Millionen Bäume gepflanzt, konnte aber das sich immer schneller ausbreitende Werk der Zerstörung bei weitem nicht ausgleichen.

Der Friedensnobelpreis ist mit zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 1,1 Millionen Euro) dotiert und wird am 10. Dezember in Oslo verliehen. Wangari Maathai vereine Wissenschaft, soziales Engagement und aktive Politik, erklärte das Komitee. Mehr als nur im Schutz der existierenden Umwelt bestehe ihre Strategie darin, die Basis für eine ökologisch nachhaltige Entwicklung zu sichern und zu stärken.

In einer Ansprache im norwegischen Hörfunk sagte Wangari Maathai: "Viele Kriege in der Welt werden heute um natürliche Ressourcen geführt. Indem wir vernünftig mit unseren Ressourcen umgehen, säen wir die Saat des Friedens, heute und in der Zukunft." Die 1940 geborene Kenianerin engagiert sich unermüdlich in Wiederaufforstungsaktionen - auch gegen die eigene Regierung - und in Bildungs-Projekten, um zu vermitteln, daß mit der Abholzung der Wälder auch das Ökosystem des gesamten Landes immensen Schaden leidet: Ohne Wälder kann der Boden kein Wasser mehr speichern, Versteppung und Wüstenbildung schreiten so weiter voran. Auch für Ackerbau und Viehzucht, sowie die Nutzung der Wasserkraft bedeutet der fortschreitende Kahlschlag das Ende. ExpertInnen schätzen, daß in der früheren britischen Kolonie Kenia in den vergangenen 150 Jahren etwa 75 Prozent des Baumbestandes abgeholzt worden sind.1

Wangari Maathai wurde Ende der achtziger und in den neunziger Jahren mit ihrem Kampf gegen eine von der kenianischen Regierung unterstützte Abholzungskampagne international bekannt. In dieser Zeit erhielt sie Morddrohungen und wurde kurzzeitig inhaftiert. 1978 verbrachte sie einen vom Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD) geförderten Studienaufenthalt in Deutschland. Maathai ist laut DAAD die erste Frau Ostafrikas, die einen Doktortitel in Biologie erhielt. 1971 wurde sie die erste Professorin für Veterinäre Anatomie und später Dekanin des Fachbereichs an der Universität von Nairobi. Sie ist eine Frau der klaren Worte. Immer wieder zog sie gegen die Regierung des früheren Staatschefs Daniel arap Moi vor Gericht, um Abholzungen zu verhindern. Mit dem Machtwechsel Ende 2002 wurde sie stellvertretende Umweltministerin, doch der Raubbau an den Wäldern geht selbst in ihrem eigenen Wahlkreis Tetu weiter. Wangari Maathai kündigte allerdings an, im Zweifel eher ihr Amt aufzugeben, als die Abholzungen hinzunehmen. Es ist ihr und Kenia nur zu wünschen, daß es ihr nicht so ergeht, wie dem kurzzeitigen brasilianischen Umweltminister José Lutzenberger.

 

Adriana Ascoli

 

Anmerkungen:

1 Siehe auch unsere Artikel

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