27.11.2003

Kommentar

BUND steht auf dem Schlauch

"Naturschutz genießt Vorrang vor Wasserkraft"

Der Ausbau der Wasserkraft ist - zumindest, was Kraftwerke bis 500 Kilowatt Leistung angeht - in Deutschland längst stranguliert, da kommt der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) auf die Idee, rigorose Einschränkungen für die "Förderung" der Wasserkraft zu fordern. In einem Positionspapier1 wird der Vorrang der Naturschutzes postuliert und angemahnt, Wasserkraftwerke nur noch dort zu genehmigen, wo "Gewässer bereits irreversibel verbaut wurden".

Das ist in zweierlei Hinsicht Unfug.

Erstens wird ein künstlicher Konflikt zwischen Wasserkraftnutzung und Naturschutz herbei geredet. Nirgendwo konnte bisher eine ökologische Beeinträchtigung von Bächen oder Flüssen durch kleine Wasserkraftwerke bis zu einer Leistung von einem Megawatt nachgewiesen werden. Im Gegenteil wird durch die Rechengutverordnung, die den Anlagen-Betreibern auferlegt, das am Rechen vor dem Turbinen-Eingang angeschwemmte Treibgut auf eigene Kosten zu entsorgen, zur Besserung der Gewässerqualität beigetragen. Nur nebenbei bemerkt: Die auf Druck der großen Stromversorgungsunternehmen bereits vor Jahrzehnten durchgedrückte Verordnung zwang viele kleine Wasserkraftwerke - insbesondere im Schwarzwald - wegen der finanziellen Belastung zur Aufgabe. Die Rechengutverordung hatte also zunächst einen negativen ökologischen Effekt, da das Treibgut, das zuvor auf Kosten der Allgemeinheit entsorgt wurde, nach Aufgabe der Wasserkraftwerke im Gewässer verblieb.

Erst kürzlich wurde eine groß angelegte interdisziplinäre Studie, die Wasserqualität und Fischbestand über einen Zeitraum von 10 Jahren untersuchte, veröffentlicht. Kleinwasserkraftwerken wird darin bescheinigt, "weitgehend im Einklang mit der Natur" zu stehen. Die von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) finanzierte interdisziplinäre Studie belegt, daß moderne Kleinwasserkraftanlagen "eine Brücke zwischen Naturschutz und regenerativer Energiegewinnung bilden", so Professor Jürgen Giesecke, der das Forschungsprojekt leitete.

Dennoch wird im Positionspapier des BUND ohne Angabe von Fakten oder Quellen an mehreren Stellen schlicht behauptet: "Tatsache aber ist, daß sich Wasserkraftanlagen ganz erheblich auf unsere Gewässer auswirken. (Sie) müssen nämlich Flüssen und Bächen für ihren Betrieb viel Wasser entnehmen..." Könnte es sein, daß die Arbeitsgruppen des BUND, die diesen Text zu verantworten haben, Wasserkraftwerke mit Atomkraftwerken verwechselt haben ?

Mehrfach ist im Text von der Verbauung von Flüssen und Bächen, von bedrohlichem weiterem Ausbau und ökologischer Beeinträchtigung die Rede - so als sei diese durch Wasserkraftwerke verursacht und nicht etwa durch Siedlungs- Straßenbau und Schiffbarmachung.

Und in einer zweiten Hinsicht ist dieses Positionspapier grotesker Unfug, da es eine Förderung zu bremsen trachtet, die es nirgendwo in der Realität gibt. So heißt es dort: "Bis dahin müssen wir in jedem Einzelfall (...) entscheiden, wo wir Wasserkraftwerke unter Berücksichtigung des Gewässerschutzes mittragen können. Und nur dort darf sie das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) auch fördern."

Nun ist es jedoch im Gegenteil so, daß der Ausbau der Wasserkraft entgegen aller regierungsamtlichen Propaganda über erneuerbare Energien stagniert. Und für Kleinwasserkraftwerke sieht es auch nach der Novellierung des EEG nicht besser aus. Manfred Volk von der Wasserkraft Volk AG in Bleibach bei Waldkirch, ein bedeutender Produzent von Wasserturbinen und vielfach preisgekrönt für seine Fabrik, die ihre Produktionsenergie durch Wasserkraft selbst erzeugt, sagt dazu kurz und bündig: "Das neue EEG ist das Ende der Kleinwasserkraft in Deutschland". Vorgesehen ist, daß Strom aus Kleinanlagen bis 500 Kilowatt nur noch dann vergütet wird, wenn diese bis Ende 2005 genehmigt worden sind oder an einer bereits bestehenden Staustufe errichtet werden und zusätzlich eine ökologische Verbesserung (Kosten für Gutachten !) erreichen. Die Energie-Konzerne müssen dann in Zukunft keinen Strom mehr abnehmen, der von neuen Anlagen kommt. Auch für bestehende Anlagen verschlechtert sich die Situation: Das novellierte EEG enthält eine degressive Vergütungsstruktur, was bedeutet, daß jedes Jahr um ein Prozent weniger vergütet werden soll. Bei Wasserkraftanlagen muß heute eine Amortisationszeit von rund 30 Jahren angenommen werden - als "wirtschaftlich" gelten Investitionen bei Amortisationszeiten von weniger als 7 Jahren. Mit der vorliegenden "äußerst kontraproduktiven" (Manfred Volk) Vergütungsregelung wird den Betreibern die wirtschaftliche Grundlage entzogen. Trittin provoziere "den Todesstoß für Kleinwasserkraftwerke", so Manfred Volk, dessen Firma dennoch davon weitgehend unberührt bleibt, da er bereits heute über 90 Prozent seiner Turbinen ins Ausland verkauft.

Ein weiterer grober Unfug setzt dem Ganzen die Krone auf: Wasserkraft wird mit der weit eher an ökologische Grenzen stoßenden Windkraft (Stichwort: Butendiek) verglichen. Ausgerechnet gigantomanische Windkraftanlagen mit 2 bis 3 Megawatt Leistung, die vorwiegend nur noch im Offshore-Bereich aufgestellt werden können, für welche zusätzliche Überlandleitungen verlegt werden müssen und die immer häufiger nur noch von kapitalstarken Konzernen u.a. aus der AKW-Branche finanziert werden können, werden hier gegen Kleinwasserkraftwerke ausgespielt: "So leisten neue Windkraftanlagen in der norddeutschen Tiefebene derzeit 2 bis 3 Megawatt. Die allermeisten Kleinwasserkraftanlagen im Tiefland bringen es aber auf nur etwa 10 Kilowatt Leistung. Sprich: Ein einziges modernes Windrad unter Volllast ersetzt dort die Leistung von 200 bis 300 WKAs..."

Daß im zitierten Positionspapier zugleich von Klimaveränderung und der Notwendigkeit, erneuerbare Energien zu fördern, die Rede ist, ist doch recht verwunderlich. Allen, denen der Ernst der Lage wirklich bewußt ist, müßte klar sein, daß alle mehr (Wasserkraft, Solarenergie, Biogas) oder weniger (Windenergie, Blockheizkraftwerke) umweltverträglichen alternativen Energien zusammen mit einem Vorrang für Energieeinsparung mit aller Kraft gefördert werden müssen. Und dies, nicht etwa um Wasserkraft durch Windenergie zu ersetzen, sondern um die klimaschädigende Energiegewinnung auf der Grundlage fossiler Energieträger und der Atomkraft endlich merklich zurückzudrängen.

Der BUND bietet mit seiner "Positionierung" das Bild eines Feuerwehrmannes, der auf dem Schlauch steht und nicht bemerkt, daß der Wasserhahn zugedreht ist. Sinn macht das alles nur unter der Annahme, daß die Trittinsche Verhinderungspolitik gedeckt werden soll.

 

Klaus Schramm

 

Anmerkung:
1 Der Text mit dem Titel 'Eindeutig positioniert' wurde in der
    Ausgabe 4/03 der BUNDmagazins auf Seite 18 veröffentlicht
    und ist hier dokumentiert.

 

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