9.06.2003

Diskussionsbeitrag

Die Sage
von den zwei Kronen

Arbeitslosigkeit, Liberalisierungen, Sozialabbau wären unabwendbaren Opfer für mehr Wirtschaftswachstum, wurde behauptet. Im Rückblick jedoch sprechen Tatsachen und harte Zahlen eine andere Sprache: An diesem (vorgeblichen) Ziel gemessen, war alles vergeblich.

Ende der 80er Jahre gehörte ich einer Arbeitsgruppe an, die den Regierungsentwurf zu einem Zukunftsbericht diskutierte. Hierbei wurde u.a. analysiert, wieviel der Ausbau des öffentlichen Sektors mit 10 Milliarden Schwedischen Kronen kosten würde. Ein Laie würde vermutlich antworten, wenn der Ausbau 10 Milliarden kostet, dann sind die Kosten natürlich 10 Milliarden.

Hier jedoch gilt nicht diese Mathematik. Die Kosten wären 30 Milliarden! Der Grund sei - sagte man - , die Investitionen innerhalb des öffentlichen Sektors seien verbunden mit zusätzlichen Ausgaben von zwei Kronen für jede investierte Krone. Der Ausbau müsse durch Steuern finanziert werden und diese verursachten eine Ineffektivität. Wenn diese Ineffektivität - als Beispiel verminderten die Steuern die menschliche Arbeitslust - in unsere Investitionen im öffentlichen Sektor einberechnet würden, wären diese selten lohnend. Ein privates Krankenhaus für 10 Millionen Kronen kostet 10 Millionen, während ein öffentliches 30 Millionen kosten würde!

Diese 2-Kronen-Hypothese wurde zur Wissenschaft erklärt. Als ich jedoch nach Belegen hierfür suchte, entdeckte ich einen Aufsatz von 1979 als Quelle. Die Verfasser zeigten nirgends einen Beweis dafür, daß der öffentliche Sektor mit zwei zusätzlichen Kronen belastet würde. Das Ganze war nur eine Überschlagsrechnung: "Wenn die Menschen weniger Arbeitslust verspüren, weil die Steuer steigt, könnte es dazu führen, daß jede Krone öffentlicher Investition zwei Kronen zusätzlich erfordere." Diese Spekulation war der einzige "wissenschaftliche" Beleg für die "Zwei-Kronen"-Legende. Dennoch zog diese Legende sich durch viele staatlichen Kommissionsberichte und erhielt konkrete Bedeutung für die Politik. Diese Illusion wirkte, weil viele an sie glaubten und niemand daran interessiert war, sie zu durchleuchten.

Die Legende von den zusätzlichen zwei Kronen war ein Kind ihrer Zeit. Schon seit der Ölkrise 1973 stagnierte der Zuwachs in der westlichen Welt und wurde überall diskutiert. In England wurde das Problem die "englische Krankheit" genannt, in den USA die "stagnierende Produktivität" und in Schweden sprachen die Ökonomen vom "Land des Zurückbleibens". Die Debatte der Ökonomen wurde zu einem einstimmigen Chor: Das Problem sei eine Folge des Keynesianismus, zuviel Reglementierung, zuviel Staatseingriffe und ein zu kleiner Markt.

Die Reaktion war begreiflich. Eine Krise in einem System wird oft mit einem Systemfehler erklärt. Das gleiche war vor 50 Jahren geschehen. Als in den 30er Jahren die Depression ausbrach, war es natürlich, die Ursache im ungezügelten Kapitalismus zu suchen. In der Sowjetunion wurde der erste Fünfjahresplan durchgeführt und erschien als eine vielversprechende Alternative zum freien Markt. Die in den 30er Jahren formulierte Nationalökonomie richtete sich vorwiegend auf die Erklärung, warum der Markt versagt hatte, statt wie früher die Erfolgskraft des Marktes zu erklären. Ökonomen wie Joan Robinson und Edvard Chamberlain verbreiteten Theorien, wie das Monopol natürlich entstand und die Effektivität untergrub. In der Hochburg des Kapitalismus England veröffentlichte Keynes seine "General Theory", mit welcher er zeigte, wie eine Marktwirtschaft in eine Depression geraten konnte, die dann nicht von den selbstregulierenden Kräften des Marktes aufzuheben sei.

Die Schlußfolgerung war klar. Eine staatliche Steuerung sowohl einzelner Märkte als auch der ganzen Ökonomie war erforderlich. So begann die Zeit des Keynesianismus, um fünfzig Jahre später - in den 80er Jahren - ihrem Ende entgegenzugehen.

Als die westlichen Ökonomien Mitte der 70er Jahre zu stottern begannen und die sowjetische Planwirtschaft sich als teures Fiasko erwies, war den Ökonomen klar, wo der Fehler lag. Die in der Nachkriegszeit vorherrschenden ökonomischen Ideen wurden verantwortlich gemacht. Jetzt mußte selbiger Keynes für das Mißglücken herhalten. Diesmal war der Systemfehler zuviel staatliche Regulierung, zu viele staatliche Monopole, zu hohe Steuern und zu wenig Markt. Mit dieser Analyse waren die Ökonomen noch zufriedener, weil sie völlig übereinstimmte mit den Lehrbüchern der ökonomischen Theorie, wie sie an den Universitäten gelehrt wurde. Wir wissen alle, was daraus wurde.

Um 1980, anfangs in den USA und in Großbritannien, wurde die Wirtschaftspolitik nach rechts gedreht. In Schweden wurde das Jahrzehnt mit einer Steuerreform eingeleitet, mit der die sogenannten Marginalsteuern (Steuerprogression) gesenkt wurden. Im Jahr 1985 wurde der Kreditmarkt liberalisiert sowie 1989 der Währungshandel. Eine große Steuerreform folgte 1991 sowie die Privatisierung und Liberalisierung einer Reihe anderer Bereiche: Die Telekommunikation, das Taxigewerbe, der Flugverkehr, die Eisenbahnen, die staatlichen Forste, die Bergwerke, das Elektrizitätsnetz, der Arbeitsmarkt. Für diese Wirtschaftspolitik wurde die niedrige Inflation wichtiger als die Vollbeschäftigung.

Seit ungefähr zwanzig Jahren hat nun der Neoliberalismus die Wirtschaftspolitik der westlichen Welt beherrscht. Seine Stärke war unterschiedlich, aber die Unterschiede unter den Ländern und Regierungen waren niemals größer als die Gleichheiten. Während dieser zwanzig Jahre einer neuen ökonomischen Epoche, wurde die ökonomische Debatte von jenen beherrscht, die den freien Markt als die Lösung der meisten Probleme ansehen. Diese Geschichte ist bekannt und dokumentiert. Aber welches ist das Ergebnis? Was haben zwanzig Jahre der Marktanpassung uns gebracht? Eine Bilanz ist an der Zeit.

Gleichberechtigung

Bis um 1980 und während des größten Teils des Jahrhunderts verringerten sich die Einkommensunterschiede in der westlichen Welt, weil die Kapitalerträge im Vergleich zum Arbeitseinkommen geschrumpft waren. Nach 1980 kehrte sich der Trend um. Während fast alle OECD-Länder für die Zeit 1960 bis 1980 einen deutlichen Einkommensausgleich aufweisen, gibt es in der Folgezeit kein Land mit diesem Entwicklungs-Muster. Im Gegenteil steigerten sich die Unterschiede in mehreren Ländern wie z.B. USA, Japan, Großbritannien und Schweden; dort nahmen die Unterschiede nach 1980 markant zu. Dies mag an zwei Beispielen verdeutlichte werden.

Ein großer Anteil der weiblichen Beschäftigten arbeitet im öffentlichen Dienst. Dieser erweiterte sich in der Zeit bis 1980 und der Anteil stieg innerhalb der OECD von 10 auf 15 Prozent, in Schweden noch höher. Die Erweiterung des öffentlichen Dienstes erzeugte eine erhöhte Nachfrage nach weiblicher Arbeitskraft, was wiederum die Frauenlöhne im Vergleich zu denen der Männer beachtlich steigen ließ, in Schweden von ca. 60 auf 80 Prozent der Männerlöhne. Wenn die Erweiterung des öffentlichen Sektors zum Stehen kommt, stagnieren die relativen Frauenlöhne gleichzeitig. Die Ungleichheit wird dauerhaft.

Die neue Ökonomie ersetzt die kollektive Lohnfestsetzung (Tarifverträge) durch individuelle Löhne und Prämiensysteme. Es gibt einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Anteil niedrig entlohnter Frauen und einer vertieften Kluft in der Lohnbildung. Mit der individuellen Lohnfestsetzung - wird behauptet - würden die Produktivität und die Effektivität belohnt; sie erweist sich aber als ein Mechanismus zur gesteigerten Ungleichheit zwischen weiblichen und männlichen Beschäftigten.

Das zweite Beispiel betrifft die Reichen. Während der 90er Jahre wurden die Direktorengehälter in Schweden um ca. 600 Prozent erhöht. Eine ähnliche Entwicklung kann in anderen Westländern beobachtet werden. Die gesteigerten Einkommensunterschiede bedeuten ganz allgemein, daß die Allerreichsten noch reicher werden.

In einer neuen Untersuchung des "Statistischen Zentralbüros" wird die Bevölkerung (ab 20. Lebensjahr) in zehn sogenannte "Dezilen" eingeteilt, nach denen das gesamte Einkommen und die gesamten Steuern berechnet werden. Die erste "Dezile" beinhaltet die zehn Prozent der Bevölkerung mit dem geringsten Einkommen, die zweite mit den nächsten 10 Prozent, u.s.w.. In der fünften Dezile stiegen die mittleren Jahreseinkommen von 151.000 Kronen im Jahr 1991 auf 174.000 Kronen im Jahr 2001, d.h. um 15 Prozent (Alle Einkommen auf den Geldwert vom Jahr 2001 umgerechnet). Für die Dezile mit den höchsten Einkommen war die Steigerung 45 Prozent, nämlich von 392.000 auf 570.000 Kronen.

Es mag sein, daß die Kräfte des Marktes diese Einkommensunterschiede steigerten; schlimmer ist jedoch die Vertiefung der Kluft durch die Steuerpolitik. Aber so geschah es. Netto vermehrten sich die Einkommen in der Dezile mit den höchsten Einkommen um 61 Prozent, während die Steigerung für die fünfte nur 17 Prozent betrug. Während der 90er Jahre wurden also die Einkommensunterschiede nach Steuerabzug größer als die Unterschiede vor Steuerabzug. Dies ist sowohl eine allgemeine Folge der Steuerreform von 1991 als auch des stark vermehrten Kapitalertrags.

Dies kann mit einigen Ziffern verdeutlicht werden. Im Jahr vor der Steuerreform 1990 hatte die fünfte Einkommensdezile eine durchschnittliche Besteuerung von 30 Prozent. Dieselbe Einkommensgruppe zahlte in den 90er Jahren durchschnittlich 29 Prozent Steuern. Während dieser ganzen Periode erhielt sie also eine Steuerermäßigung von einem Prozent. In der höchsten Dezile war die Besteuerung 1990 45 Prozent und fiel in den 90er Jahren auf 39 Prozent. Dieses Jahrzehnt bedeutetet eine sechsfache Steuerermäßigung für die höchsten Einkommen.

Wer gewann durch die Steuerreform 1991?

Die Veränderungen gegenüber der vorhergehenden Besteuerung.
Der Nettoeffekt in Kronen / Jahr. (+) Gewinn, (-) Verlust.

Jahr Fünfte Dezile
(mittlere Einkommen)
in Kronen
Zehnte Dezile
(höchte Einkommen)
in Kronen
1991 +6.000 +41.000
1992 +6.000 +40.000
1993 +5.000 +35.000
1994 +4.000 +33.000
1995 +2.000 +20.000
1996 +/- 0 +15.000
1997 -2.000 +18.000
1998 -2.000 +12.000
1999 -3.000 +20.000
2000 -2.000 +25.000
2001 -1.000 +31.000
Summe +13.000 +290.000

Im Vergleich zu einem seit 1990 unveränderten Steuersatz haben die Bezieher mittlerer Einkommen im ganzen seit 1990 13.000 Kronen mit der Steuerreform gewonnen. Die zehn Prozent der Reichsten hingegen haben fast 300.000 Kronen pro Person gewonnen. Die Tendenz der Marktkräfte, die Kluft zu erweiterten, wurde durch die Steuerpolitik verstärkt.

Arbeitslosigkeit

Seit den 30er Jahren war die Vollbeschäftigung das übergeordnete Ziel der ökonomischen Politik. Aber seit den 80er Jahren wurde dieses Ziel in mehreren Ländern durch den Kampf gegen die Inflation ersetzt. Das Ergebnis kann aus der Statistik abgelesen werden. In der Periode 1960 bis 1979 lag die Arbeitslosigkeit in den OECD-Ländern bei durchschnittlich 4 Prozent, innerhalb der EU bei 3,5 Prozent. Besonders niedrig war sie in Schweden zwischen 1 und 2 Prozent. Nach 1980 hat die Arbeitslosigkeit sich innerhalb der OECD verdoppelt auf 7,5 Prozent oder 35 Millionen Menschen. Innerhalb der EU wurde diese Veränderung noch drastischer. Als direktes Ergebnis des stetigen Kampfes gegen die Inflation wurde die Arbeitslosigkeit verdreifacht von 3,5 auf ca. 10 Prozent. In Schweden wollen wir die offene Arbeitslosigkeit auf 4 Prozent verringern, auf ein immerhin so hohes Niveau wie wir es in den 60er und 70er Jahren als unmöglich angesehen hatten. In einem Land nach dem anderen gibt es denselben Trend: Die Arbeitslosigkeit hat bereits dramatisch zugenommen.

Die Arbeitslosigkeit hat einen Zusammenhang mit der Entwicklung nach rechts und der Inflationsbekämpfung. Zwei Dinge folgen der Liberalisierung - der Beschäftigungsgrad sinkt und die Arbeitsbedingungen werden verschlechtert. Bei der Liberalisierung des Marktes wird oft den Beschäftigten gekündigt und die Arbeitsbedingungen werden verschlechtert. Dies betrifft sowohl die Pensionsverträge, den Urlaub als auch die Lohnhöhe.

Als beispielsweise der LkW-Transportwesen in den USA liberalisiert wurde, wandelte sich das Leben der Berufsfahrer dramatisch, die Löhne fielen und der Kündigungsschutz verschwand. Gleiches geschieht im Taxigewerbe, beim Flugtransport, in der Elektrizitätsversorgung, dem Lokalverkehr sowie in anderen Bereichen. Die Beschäftigten widersetzen sich den Liberalisierungen ganz einfach, weil ihre Arbeitsbedingungen schlechter werden.

Wirtschaftswachstum

Aber vielleicht hat es keinen Sinn, den Neoliberalismus deswegen zu kritisieren, weil er sowohl die Arbeitslosigkeit als auch die Einkommens-Unterschiede vergrößerrt. Dies war niemals seine Zielsetzung. Hauptzweck war die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums und die Erhöhung des Wohlstandes. Die wichtigste Parole der Betreiber der Entwicklung nach rechts ist: "Markt und Konkurrenz - für Zuwachs und Wohlstand". Sämtliche Liberalisierungen, Privatisierungen und Systemveränderungen wurden hiermit begründet. Die Verteidiger des Neoliberalismus sind davon überzeugt, daß die Reformen das Funktionieren der Ökonomie fördern und den Zuwachs vermehren. Hieran muß die Entwicklung nach rechts gemessen werden.

Der wirtschaftliche Standard eines Landes wird an der realen Produktion pro Einwohner gemessen. Während der zwanzig Jahre von 1960 bis 1979 war der jährliche Produktions-Zuwachs pro Einwohner im ganzen OECD-Bereich durchschnittlich 3 Prozent. Diese Periode war das "Goldene Zeitalter" für den Keynesianismus und die Staatsintervention. Die Steuern stiegen, die Beschäftigung im öffentlichen Bereich wuchs und staatliche Unternehmen entstanden oder wurden aufgebaut.

In den folgenden zwanzig Jahren 1980 bis 1999 fiel der Zuwachs innerhalb der OECD auf durchschnittlich 1,9 Prozent pro Jahr, innerhalb der EU sogar von 3,2 auf 1,4 Prozent. In den USA war die Tendenz die gleiche, obwohl man dort in den 90er Jahren einen ungewöhnlichen Aufschwung erlebte. Hier fiel der Zuwachs von 2,2 im Durchschnitt bis 1980 auf 1,7 Prozent in den folgenden Jahren.

Kanada, Japan, Australien, Neuseeland, Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien und sogar Norwegen mit seinem reichlichen Erdöl zeigten das gleiche Muster. In allen Ländern fiel die Zuwachsrate. Keines der OECD-Länder kann eine Zuwachsrate aufbieten, die nach 1980 höher war als in der vorhergehenden Periode.

Wie erklären die Neoliberalen diese Ziffern? Einige machen für den sinkenden Zuwachs das Erbe früherer Zeiträume verantwortlich; er sei eigentlich eine verzögerte Folge des Keynesianismus. Andere sprechen von Besonderheiten, die den Zuwachs der früheren Periode ungewöhnlich hoch und ungewöhnlich schwach in der Folgezeit werden ließen. In den 60er Jahren hätte der Vietnamkrieg die Ökonomie angetrieben. In den 90er Jahren hätte der Zerfall der Sowjetunion eine unglückliche Krise verursacht, u.s.w. Aber allen diesen Argumenten können andere und gleich gewichtige entgegengesetzt werden: Während der ersten Periode erlebten wir die großen, schlagartigen Ölpreiserhöhungen, die den Zuwachs erheblich senkten. Und während der Entwicklung nach rechts gab der IT-Boom einen Zuschlag zu den Zuwachsraten. Mir Argumenten läßt sich streiten aber Tatsachen bleiben. Die Zuwachsraten während der zwanzig Jahre des Neoliberalismus waren bedeutend niedriger als zur Zeit des Keynesianismus und der Staatsintervention.

Das Fallen der Zuwachsraten ist noch keine Katastrophe, ökonomisch gesehen, nicht einmal ein Problem. Es ist jedoch eine Frage der Glaubwürdigkeit, denn die große Verheißung des Neoliberalismus ist das vermehrte Wirtschaftswachstum. Bei den Änderungen der ökonomischen Politik war die offizielle Begründung immer die Sorge um den Zuwachs des Landes. Eine Steuerreform sei notwendig für einen flexiblen Arbeitsmarkt, für die Konkurrenz und für den Zuwachs.

Der EU-Anschluß, die Mitgliedschaft in der Währungsunion, der Kampf gegen die Inflation, die verschärften öffentlichen Ausschreibungen und die Liberalisierungen von Wirtschaftsbereichen, das lebenslange Lernen und eine hohe Mobilität auf dem Arbeitsmarkt, alles bedeutende Veränderungen in der ökonomischen Politik der vergangenen zwanzig Jahre, wurden mit der Begründung eingeführt, sie würden den Zuwachs fördern.

Bilanz

Dennoch fällt die Zuwachsrate und dies zusammen mit der verschärften Ungleichheit und der erhöhten Arbeitslosigkeit. Wenn ein Wirtschaftsbereich liberalisiert und der Konkurrenz ausgesetzt wird, muß seine Organisation gestrafft werden. Oft muß dann dieselbe Produktion von weniger Personal getätigt werden, d.h. die Belegschaft wird zweigeteilt; der eine Teil muß kräftiger arbeiten, der andere gar nicht. Die letztliche Folge: Keine Wohlstandserhöhung für die Gesamtheit, sondern nur eine größere Kluft. Eine erhöhte Arbeitslosigkeit und zugleich gesteigerte Einkommensunterschiede sind sein Ergebnis.

 

Prof. Dr. Sören Wibe

Sören Wibe ist als Nationalökonom Professor an der schwedischen Landwirtschaftlichen Hochschule. Als Sozialdemokrat war er von 1995 bis 1999 Mitglied des EU-Parlamentes und ist gegenwärtig schwedischer Reichstagsabgeordneter.

Erstveröffentlichung in der schwedischen Zeitschrift "Ordfront Magasin" (leicht gekürzt) - Übersetzung: Reinhard Helmers

 

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