1.02.2000
Atomkraftwerke sind bei Störfällen extrem unterversichert -
BUND-Internet-Aktion für Stilllegung
Presseinfo: Mittwoch, 02. Februar 2000, 13:06
von: BUND Presse
1.02.2000 pm 8
Atomenergie / Versicherungen
versiko: Atomkraftwerke sind bei Störfällen extrem unterversichert /
BUND-Internet-Aktion für Stilllegung
emnid: Deutsche wiegen sich in trügerischer Sicherheit
Bonn, 1.2.2000: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat
die Bundesregierung aufgefordert, in der Atomkonsensrunde am 4. Februar die
Stilllegung der deutsche Atomkraftwerke durchzusetzen. Angesichts
angekündigter Laufzeiten der Atommeiler von 30 Jahren und mehr würde sich
das Risiko nicht wieder gut zu machender Schäden vervielfachen, eine
Deckungsvorsorge für die Folgekosten nach einem AKW-Störfall sei jedoch
nicht vorhanden.
Frank Kittel, Produktförderer bei der versiko-Finanzdienstleistungen AG
Düsseldorf, hat das hohe Risikopotenzial beim Betrieb von Atomkraftwerken
und die Deckungsvorsorge nach einem Störfall untersucht. Kittel: "Das
Ergebnis ist eindeutig: Die deutsche Atomwirtschaft ist extrem
unterversichert. Verglichen mit den Schadenfolgen der Flutkatastrophe in
China 1998 oder des Tschernobyl-GAUs müsste die Versicherungsprämie pro AKW
realistisch bei rund 350 Millionen Mark jährlich liegen. Bei 19 deutschen
Atomkraftwerken und Laufzeiten von 30 Jahren sind das insgesamt 200
Milliarden. Mit diesen notwendigen Versicherungskosten ist Atomstrom nicht
mehr konkurrenzfähig."
In einer Prognos-Studie (Prognos Basel 1992) wird die Umlage auf den
Strompreis durch eine ausreichende Deckungsvorsorge auf zirka eine Mark pro
Kilowattstunde geschätzt.
Im rot-grünen Koalitionsvertrag war eine Erhöhung der Deckungsvorsorge
vereinbart worden. Das war auch Bestandteil des Entwurfes eines neuen
Atomgesetzes vom Januar 1999, der jedoch bisher nicht im Bundestag behandelt
wurde. Die bisherige Deckung war darin als "angesichts der möglichen Schäden
unzureichend" bezeichnet worden. Der Entwurf sah für die "deutlich spürbare
Verbesserung des Opferschutzes" eine Aufstockung der Deckungsvorsorge von
500 Mio DM auf 5 Mrd DM pro AKW-Störfall vor. Falls eine solche Erhöhung bei
der Versicherungswirtschaft nicht erreicht worden wäre, sollte die Übernahme
der Deckung durch die Bundesregierung erfolgen (Bundesdeckung). Auch in
diesem Fall sollten die AKW-Betreiber jedoch dafür bezahlen.
Renate Backhaus, atompolitische Sprecherin des BUND-Bundesvorstandes: "Die
Gewinne aus dem Atomstromverkauf werden privatisiert, die Risiken werden der
Gesellschaft aufgebürdet. Bundesregierung und Atomindustrie wissen, dass es
neben unvorstellbaren Strahlenschäden nach einem Störfall für die Opfer auch
keine materielle und finanzielle Wiedergutmachung geben wird. Jedes Auto
muss im Straßenverkehr ausreichend versichert sein, die gefährlichen
Atomanlagen sind es nicht. Grund genug, sie schnellstens stillzulegen."
Bezüglich des Versicherungsschutzes vor den Folgen atomarer Störfälle wiegen
sich die Deutschen in trügerischer Sicherheit: Nach einer vom BUND in
Auftrag gegebenen emnid-Umfrage vertrauen über 65 Prozent der Deutschen
darauf, dass Schäden nach AKW-Störfällen mit mehr als 500 Millionen Mark
versichert sind. Knapp 30 Prozent der Befragten sind sogar der Überzeugung,
dass mehr als 500 Milliarden Mark als Versicherungssumme zur Verfügung
stehen würden. Nur 18 Prozent der Bevölkerung gehen von der tatsächlichen
Versicherungssumme von 500 Millionen Mark aus.
Der BUND startet heute eine Internet-Aktion, bei der Atomgegner virtuelle
Protest-Postkarten an Bundeskanzler Schröder, Wirtschaftsminister Müller,
Umweltminister Trittin, Außenminister Fischer, Justizministerin
Däubler-Gmelin sowie die Vorstandsvorsitzenden der Atomkraftwerksbetreiber
RWE (Kuhnt), VEBA (Hartmann), VIAG (Simson) und Energiewerke
Baden-Württemberg (Goll) senden können. Unter dem Motto "Schützt uns - nicht
die Atomkraft!" können sie unmittelbar vor der Atomkonsensrunde den
Sofortausstieg aus der gefährlichen Atomenergie fordern
(www.bund.net/atomausstieg).
(Auf Anfrage erhalten Sie ein 3-seitiges Hintergrundpapier zum Thema!)
Bei Rückfragen:
Renate Backhaus, atompolitische Sprecherin des BUND-Bundesvorstandes
oder
Rüdiger Rosenthal / BUND-Pressesprecher (0171-8311051),
Fon (0228) 40097-25/54,
Fax: -49;
eMail:presse@bund.net;
Presse-Archiv im Internet: www.bund.net/aktuell
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