Muß man ein Held sein?

Sie kommen gerade aus einem Film, in dem einige schreckliche Szenen zu sehen sind. Vielleicht haben Sie sich gefragt, welchen Sinn es hat, in Kolonnen auf eine Polizeikette zuzugehen und sich zu Boden knüppeln zu lassen. Am 21. Mai 1930 waren 2.500 ausgewählte Freiwillige mit Verpflegungs- apparat, eigener Ambulanz, mit Tragbahren und Sanitätern am regierungseigenen Dharasana-Salzwerk eingetroffen, um es zu besetzen. So, wie auch heute meist Polizisten reagieren, verloren sie die Nerven und fielen mit blinder, roher Gewalt über die Anhänger Gandhis her. Viele erlitten Schädelbrüche, einige starben und hunderte mußten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Der Film zeigt diese Aktion, die insofern scheiterte, als das Salzwerk nicht besetzt wurde. Und er zeigt einige andere gewaltfreie Aktionen. Muß man fanatisch sein, um sich an so "sinnlosen Unterfangen" zu beteiligen? Muß man ein Held sein, um den Mut zu haben, sich schlagen oder gar töten zu lassen?

Satjagraha-Wochenende
am 23. / 24. April
im Haus der ESG
Turnseestr. 16

SATJAGRAHA ist aus den beiden Gudscharati-Worten "Wahrheit" und "Kraft" gebildet und war Gandhis Bezeichnung für gewaltfreien Kampf, seine "Experimente mit der Wahrheit".

Gandhi hatte nicht den Erfolg, den er sich wünschte. Zwar wurde Indien von der englischen Kolonialregierung befreit; doch sein eigentliches Ziel, Indien aus einer unwürdigen, "unterentwickelten" Existenz herauszuführen, ist bis heute nicht annähernd erreicht. Und doch trugen seine Ideen reiche Früchte. Sie spielten bei der Befreiung Ghanas eine maßgebliche Rolle, der gewaltlose Kampf Martin Luther Kings brachte die Schwarzen Amerikas der Gleichberechtigung einen großen Schritt näher und selbst bei "erbarmungslosen" Gegnern, die nicht mit den englischen Kolonialherren vergleichbar waren, zeigte sich ihre Stärke. Der vermutlich einzige Widerstand gegen die Nazis, der durch eigene Kraft zum Erfolg führte, war die gewaltfreie, Kooperation verweigernde Aktion norwegischer Lehrer gegen die Nazifizierung der Schulen in ihrem Land.

Angesichts der beschleunigten Zerstörung unserer Umwelt und dem unverminderten Rüstungswettlauf können diese Ideen der Gewaltfreiheit ein Schlüssel zu einer wirklichen Wende sein. Wie aktuell sie sind, zeigt sich darin, welchen Wirbel eine REPORT-Sendung bei den Fernseh-Gewaltigen erzeugte. Es wurden Parallelen zwischen diesem Film ('Gandhi' von Richard Attenborough lief gerade erst seit kurzer Zeit in den Kinos. d.R.) und gewaltfreien Aktionen gegen Atomkraftwerke und Atomwaffenlager in Deutschland gezogen. Angesichts der umsichgreifenden gewaltfreien Blockaden von Atomwaffenlagern erließ die baden- württembergische Landesregierung eigens eine "Gebührenordnung für das Ausüben des Grundrechts auf Demonstrationsfreiheit". Sie treffen ihre Vorbereitungen.

Doch auch gewaltfreie Aktionen müssen vorbereitet sein. Deshalb laden das Trainingskollektiv für Gewaltfreiheit, Dreyeckland und die GRÜNEN Freiburg zu einem Wochenende ein, um eigenes gewaltfreies Verhalten zu diskutieren und zu trainieren. Wir bitten alle, die sich durch diesen Film angesprochen fühlen, eine Gelegenheit wahrzunehmen, die Ideen Gandhis in einer (zunächst) ungefährlichen Praxis kennen zu lernen.

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