Die Grünen-Fraktion im Kreistag Lüchow-Dannenberg
Dies ist kein Spontanbeschluß, wir wollen auch nicht die Partei kaputtmachen und gehören auch nicht zu denen, die Lust an Niederlagen der Partei verspüren. Und wir werden niemanden überreden, die Partei zu verlassen. War für einige von uns die Grenze des Erträglichen schon seit dem "Kosovo" überschritten, hatten wir uns doch entschieden, geschlossen in der Partei zu kämpfen für einen Atomausstieg, der diesen Namen auch verdient. Dies ist nicht gelungen. Die jüngsten Beschlüsse auf der Bundesdelegiertenkonferenz sind nicht nur eine große Enttäuschung und Niederlage für die Anti-Atom-Bewegung, sondern gehen geradezu fahrlässig über Sicherheitsaspekte im Entsorgungs- und Transportbereich hinweg. Wir arbeiten seit 23 bzw. 25 Jahren in der Anti-Atom-Bewegung, innerhalb und außerhalb politischer Gremien. Wir haben in dieser Zeit, wie viele andere grüne KommunalpolitikerInnen auch, mit daran gewirkt, dass die Grünen hoffähig wurden, und zwar in der gesamten Breite politischer Themen. Die basisfeindliche Äußerung des grünen Bundesgeschäftsführers Bütikofer, "die Punktrichter an der Seitenlinie" sollten aufhören zu nörgeln, zeigt, wie wenig sich die Spitze der Partei mittlerweile noch bewusst ist, was bei der Auseinandersetzung um die Gefährdungen durch Atomanlagen und -transporte gerade in Lüchow-Dannenberg geleistet wurde. Und das eben nicht an der Seitenlinie, sondern mitten im Geschehen: beim Querstellen auf der Straße und bei allen denkbaren Aktivitäten in Räten und Kreistag. Dabei ging und geht es nicht um FundamentaloppoSition an sich, sondern um fachliche Grundlagen, die wir im Kreistags Fachausschuß "Atomanlagen", aber auch in vielen Veranstaltungen immer wieder mit Hilfe von namhaften Wissenschaftlern erarbeiteten. Stattdessen werden demnächst die gleichen Transporte mit den gleichen unzulänglichen Behältern von den gleichen unzuverlässigen Betreibern in dasselbe unsichere Zwischenlager geschickt. Neben dem nachweislich ungeeigneten Erkundungsbergwerk Gorleben, das aber trotzdem im Auswahl-Pool bleibt, soll eine neue Atomanlage in Betrieb gehen: die Pilotkonditionierungsanlage (PKA), bisher von allen Grünen als höchstgefährlich bekämpft.
Dieser Spagat ist für uns nicht machbar: wir können nicht die Klage eines Kindes in der Nähe der Castorumladestation gegen Strahlenwirkung unterstützen und am gleichen Infotisch für die Politik der Bundesregierung werben. Einer der Wahlkampfslogans der Kommunalwahl 1996, die den Grünen in Lüchow-Dannenberg hohe Zuwächse bescherte, lautete "verlässlich gegen Castor".
Gefährdungen durch sogenannte neutronenoffene Stellen der Castorbehälter oder die unterbewertete Wirksamkeit von Neutronenstrahlung sind nach wie vor vorhanden. Dran ändert auch die Strahlenschutznovelle nichts, im Gegenteil: neben der Nichtberücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse werden die Freigabegrenzen für bestimmte radioaktive Stoffe in skandalöser Weise gelockert. Obwohl schon Trittins Amtsvorgängerin Merkel die Prüfling von Gefährdungen für die Bevölkerung mittels einer Transportstudie zugesagt hatte, hat der grüne Minister seine Hausaufgaben bisher nicht gemacht und darüber hinaus sogar für das Zwischenlager Ahaus Transporte genehmigt.
Aus unserer Sicht ist ein Ausstieg, der für die "reibungslose" Abwicklung und eine Laufzeit irgendwo zwischen 30 und 40 Jahren wesentliche Sicherheitskriterien aufgibt, kein Ausstieg. Wir fühlen uns dem Wählerlnnenauftrag verpflichtet und werden unsere Arbeit in Kontinuität verlässlich fortsetzen. Wir werden nicht zu grünen Lokführern des nächsten Castor-Zugs, sondern in alter, bewährter Tradition selbigem das Qualmen schwer machen.
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