eMail
vom 30.05.2000

zurgeplanten Änderung der StrahlenSchutzVO (STrSchVO)

Irreführung der Öffentlichkeit

Liebe Mitstreiterinnen und liebe Mitstreiter,

Ein Zeitungsartikel aus dem Jahre 1988 hat heftigen Ärger bei mir ausgelöst, weil er wieder eine Bestätigung dafür liefert, daß die Informationen aus dem Bundesumweltministerium zur geplanten Änderung der Strahlenschutzverordnung falsch sind.

Das BMU behauptet nämlich, mit der neuen Strahlenschutzverordnung wolle man den Schutz der Bevölkerung vor radioaktiver Belastung verbessern. Die Kritik, daß durch die in der Strahlenschutzverordnung vorgesehene Verbringung niedrigstrahlende radioaktive Abfallstoffe in die menschlichen Lebensbereiche die Bevölkerung gesundheitlich zu stark belastet würde, beruhe auf Unkenntnis.

Denn schließlich sei es schon seit Jahrzehnten gängige Praxis, radioaktive Stoffe aus der atomrechtlichen Überwachung zu entlassen, um sie zu recyclen und zu "beseitigen". Mit der neuen Strahlenschutzverordnung solle diese Entlassung aus dem Atomrecht nur bundesweit einheitlich geregelt werden und das so, daß strengere Grenzwerte besseren Schutz gegenüber früher gewährleisten würden.

Doch der Artikel "Kein Abriß" vom 18.06.1988 aus "Die Unabhängigen" zum geplanten Abriß des AKWs Niederaichbach beweist, daß von einer jahrzehntelangen rechtlich abgesicherten Praxis keine Rede sein kann.

Da heißt es nämlich: "Erstmals solle bei dem Abriß auch eine rechtliche fragwürdige Freigrenzenregelung zur Anwendung kommen. Nach dieser werden radioaktive Stoffe unter einer bestimmten Grenze einfach für "nicht radioaktiv" erklärt."

Tatsächlich hat es in den neunziger Jahren Anwendungen dieser fragwürdigen Freigrenzenregelung gegeben. Man bediente sich dazu eines juristischen Tricks. Vorhandene Grenzwerte für kleine Strahlungsquellen (Tracer, Kalibrierpräparate, Gebrauchsgegenstände), die mit der Nutzung der Atomkraft nichts zu tun hatten, wurden genutzt, um den Atomfirmen zu helfen. Die atomrechtlichen Behörden beriefen sich auf diese Freigrenzen und auf einen angeblich bestehenden Ermessensspielraum und entließen radioaktive Abfälle aus ihrer Überwachung zwecks Beseitigung und Recycling. Von einer j a h r z e h n t e l a n g e n rechtlich abgesicherten Praxis kann da jedoch überhaupt nicht die Rede sein.

Statt die Rechtmäßigkeit dieser Einzelfallentscheidungen anzuzweifeln, ist es nun das erklärte Ziel der Bündnisgrünen, die Entlassung großer Massen radioaktiver Abfälle aus der atomrechlichen Überwachung rechtlich festzuschreiben. Zu diesem Zweck wollen die Grünen den Atomfirmen einen Rechtsanspruch auf Verbringung ihrer niedrigstrahlenden radioaktiven Stoffe in die Umwelt gewähren.

Um der eigenen Basis und der Öffentlichkeit das Recycling radioaktiven Schrottes und die Beseitigung anderer radioaktiver Abfälle über Deponien und Verbrennungsanlagen schmackhaft zu machen, scheut man auch vor einer zweiten Irreführung nicht zurück.

So wirbt man mit dem Hinweis auf angeblich strenge Grenzwerte, mit denen die gesundheitlichen Belastungen minimal gehalten werden sollen, um Akzeptanz bei der eigenen Basis und der interessierten Öffentlichkeit zu erreichen. Im Vertrauen auf die schwierige Materie glaubt man, die Tatsache, daß einklagbare und durchsetzbare Grenzwerte überhaupt nicht vorgesehen sind, verschleiern zu können.

Die Formulierung in der Strahlenschutzverordnung (§29) zu der angeblich einzuhaltenden Dosis "im Bereich" von 10 Mikrosievert pro Jahr ist jedoch so gewählt, dass sie in Wirklichkeit klarstellt: Um einen Grenzwert und noch dazu einen streng einzuhaltenden Grenzwert handelt es sich bei der Dosis von 10 Mikrosievert nicht.

Im übrigen sind nach der Entfernung des Etikettes "radioaktiv" vom radioaktiven Müll die Belastungen der Menschen sowieso nicht mehr überprüfbar - geschweige denn kontrollierbar. Verursacher und Zusammenhänge für radioaktive Belastungen lassen sich nicht nachweisen. Was uns da vom bündnisgrünen Umweltminister präsentiert wird, ist eine Mogelpackung, deren Inhalt uns unlösbare Probleme bescheren wird.

Traute Kirsch
Zum Buchholz 6
37688 Beverungen
Tel.:  O5273/1377

Bearbeitet am: 01.06.2000/ad


neuronales Netzwerk