Der Leserbrief wurde am 2.05. unverändert abgedruckt
- lediglich die Überschrift wurde in
'Die PDS ist auf dem richtigen Weg' abgeändert
Zum Artikel 'PDS leistet sich die Krise'
und Kommentar 'PDS reformunfähig' - Die Bewahrer des Alten'
v. Johannes Schradi v. 10.04.2000
Waren DDR und SED etwa pazifistisch?
Gab es nicht Volksarmee und Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze?
Wenn sich also die Nachfolgepartei der SED heute gegen den Medienstar Gregor Gysi eindeutig zu einer pazifistischen Linie bekennt, ist das ganz klar eine echte Reform, eine Erneuerung des Sozialismus, die für mich gerade durch die öffentlich geführte Diskussion erst glaubwürdig geworden ist. Bisher war die PDS durch ihre Anknüpfung an den Staatsozialismus, den 'real existierenden', gerade in diesem Punkt für mich unberechenbar und nicht wählbar.
In den 16 Jahren Kohl-Gouvernement wurde der Begriff 'Reform', in der Brandt-Ära noch geradezu ein Gleichklang mit 'Revolution', durch penetrante Anwendung aller Mittel der 'Begriffsgewalt' insbesondere auch über die Medien immer mehr sinnentleert und zu einem Synonym für jede beliebige strukturelle Veränderung. Mit Schaudern stelle ich fest, daß gerade ehemalige Linke - auch bei den "Grünen" - noch darüber hinausgehen und jede Veränderung hin zu mehr Anpassung an die politische "Mitte" als 'Reform' bezeichnen. Ein beachtlicher geistiger Salto!
Mit Freude erkenne ich hingegen als weitere echt Reform, daß in der PDS diskutiert wird und dieses elende anti- demokratische Geschwätz von der "Geschlossenheit nach außen, die es aufrecht zu erhalten gilt" und der angeblichen "Krise", die eine ehrlich ausgetragene Meinungs- verschiedenheit bedeuten würde, mißachtet wurde. Mißachtet als das, was es ist: als Disziplinierungsmittel, das nicht nur von Kohl, sondern von allen Führern auch in den Medien, benutzt wurde, um jede lebendige Regung von Demokratie und echtem Meinungsaustausch zu ersticken.
Die PDS ist auf dem richtigen Weg.
Klaus Schramm
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