an Eren Keskin und die »Petersburger Soldatenmütter«
wird am heutigen Anti-Kriegs-Tag verliehen
Ehrung für Frauen, die im Alltag zur Verständigung der Menschen und Völker beitragen
Heute erhalten Eren Keskin, Menschenrechtsanwältin aus Istambul, und die 1991 gegründete Gruppe der »Petersburger Soldatenmütter«, die insbesondere Deserteure unterstützt, anläßlich des Anti-Kriegs-Tages den Aachener Friedenspreis 2004. Die Laudatio hält heute abend die Generalsekretärin von amnesty internatinal, Barbara Lochbihler.
Die 45-jährige türkische Rechtsanwältin Eren Keskin erhält den Friedenspreis für ihren mutigen Einsatz für die Menschenrechte. Mit öffentlichen Äußerungen zu Menschenrechtsverletzungen in ihrem Land und als Sprecherin des Menschenrechtsvereins IHD, sowie mit ihrem besonderen Engagement für verfolgte Frauen, hat sie sich selbst beträchtlichen Gefahren ausgesetzt. Eren Keskin arbeitet seit 1984 als Rechtsanwältin in Istanbul und ist seit der Gründung des IHD (Insan Haklari Dernegi) im Jahre 1986 aktives Mitglied dieser mit 19.000 Mitgliedern größten Menschenrechtsorganisation in der Türkei.
1997 gründete Eren Keskin zusammen mit anderen Rechtsanwältinnen ein Rechtshilfe-Projekt für Frauen, die von staatlichen "Sicherheits"- Kräften vergewaltigt oder auf andere Weise sexuell mißhandelt wurden. Dieses Projekt leistet betroffenen Frauen kostenlosen Rechtsbeistand und unterstützt sie in ihren Klageverfahren gegen die Täter. Die meisten Frauen, die hier Hilfe suchen, sind Kurdinnen. Anklagen, Verurteilungen (wegen unerlaubter Presseerklärungen), Haft und Morddrohungen gehören für Eren Keskin zum Alltag.
Todesdrohungen gehen fast täglich in ihrem Büro ein. Mehrfach wurde sie zu Haftstrafen verurteilt, weil sie in Presseveröffentlichungen das Wort "Kurdistan" verwandete, was in der Türkei verboten ist und von türkischen Gerichten mit der Anklage wegen "Separatismus" verfolgt wird. Im Jahre 2002 wurde ihr für ein Jahr die Zulassung als Rechtsanwältin entzogen. Mittlerweile darf Eren Keskin wieder als Rechtsanwältin arbeiten, aber es drohen weitere Verfahren.
Die 1991 gegründete 'Gesellschaftliche Rechtsschutzorganisation Soldatenmütter von Sankt Petersburg' erhält den Aachener Friedenspreis 2004 für ihren mutiges Engagement für mehr als 100.000 russische Kriegsdienstverweigerer und Deserteure sowie für ihren Widerstand gegen den Krieg in Tschetschenien.
1991 gründeten zehn Petersburger Bürgerrechtler die 'Gesellschaftliche Rechtsschutzorganisation Soldatenmütter von Sankt Petersburg'. Die Petersburger Organisation hat bisher über 150.000 Personen beraten. Mehr als 100.000 Wehrpflichtige konnten mit ihrer Hilfe das gesetzlich verbriefte Recht, den Wehrdienst zu verweigern, durchsetzen, und mehr als 5.000 Deserteure wurden dank ihrer Unterstützung vorzeitig aus der Armee entlassen. Ihre Arbeit ist besonders vor dem Hintergrund zahlloser Menschenrechtsverletzungen in den russischen Streitkräften zu würdigen. Eine hohe Zahl junger Soldaten kommt Jahr für Jahr während des Wehrdienstes durch Prügel, Totschlag, Folter, Selbstmord, Amoklauf von Kameraden oder in Folge von Unterkühlung beim Truppentransport mit Fracht-Flugzeugen zu Tode. Rund 1.200 Tote waren es allein nach offiziellen Angaben im Jahre 2002.
Rund 1.000 Personen lassen sich jeden Monat von den »Petersburger Soldatenmütter« beraten: Angehörige, Wehrpflichtige und auch Wehrdienstleistende, die ihre Einheiten verlassen, weil sie die Quälereien nicht mehr aushalten. Allein 2002 sind 6.000 Soldaten desertiert.
Eigenverantwortung und Zivilcourage, die Abschaffung der Zwangseinberufung und der Aufbau einer zivilen Gesellschaft, das sind die Prinzipien und Ziele, denen sich die »Petersburger Soldatenmütter« verpflichtet haben.
Adriana Ascoli
Anmerkung:
Unter Verwendung von Materialien der Internet-Seite
www.aachener-friedenspreis.de