Die hochfliegenden Ambitionen
einer Schwarzwälder Metropole
Mit 3000 Meter Länge hatte Lahr lange Zeit Deutschlands zweitlängste Landebahn nach der unbestrittenen Nummer Eins,
dem Frankfurter Flughafen, zu bieten. Und nachdem gestern dem Billig-Flieger Ryanair in Frankreich die Subventionen
entzogen wurden, wird dieser gern von Straßburg auf einen der sich anbiedernden badischen Provinzflugplätze, Lahr oder
Söllingen, ausweichen.
Ryanair kündigte bereits an, für dieses Jahr seine Billigflüge von Straßburg nach London einzustellen. Das
Oberverwaltungsgericht Nacy hatte gestern erwartungsgemäß die Hoffnungen des irischen Subventions-Spezialisten
abschlägig beschieden. Mit einem Grundsatzurteil, ob Billigfluggesellschaften in Frankreich öffentliche Zuschüsse
erhalten dürfen, wird noch in diesem Jahr gerechnet. Ryanair will sich dem Vernehmen nach bereits zum 24. September
für den von der baden-württembergischen Landesregierung mit Investitionszusagen in Höhe von 114 Millionen Euro
gepushten Provinzflugplatz "Baden Airpark" bei Söllingen (Karlsruhe) entscheiden. Daß die angesichts "leerer
Landeskasse" nicht gerade publicityträchtige Subventionszusage des Landesverkehrsministers am 15. Juli gerade ins
nachrichtenarme Sommerloch fiel, sehen in Lahr weder FlughafengegnerInnen noch BefürworterInnen als Zufall an. Lahrer
LokalpolitikerInnen von Rot bis Schwarz - eine grüne Liste ausgenommen - sind zusammen mit den allesamt als
Luftfahrt-Fans agierenden Landtags- und Bundestagsabgeordneten tief enttäuscht, wollen jedoch den Kampf um die
Dustglocke über den Stammtischen noch nicht aufgeben.
Angesichts der kostenfreien Bundesbahntickets für Landtags- und Bundestagsabgeordnete mag es erstaunlich erscheinen,
daß sich diese parteiübergreifend für den im Vergleich zur Bahn um ein vielfaches klimaschädigenderen Flugverkehr
abkämpfen. Eine örtliche Bürgerinitiative
(www.flugplatz-lahr-bi.de), die schon seit über 10 Jahre gegen den
"Black Forest Airport" angekämpft, hat immer wieder aufgezeigt, daß Provinzflugplätze in dieser Größenordnung - ja
auch die meisten Flugplätze der Metropolen - nur mit massiven Subventionen gehalten werden können. Abgehobene
Fantastereien, mit einem eigenen "Airport" die lokale mittelständische Wirtschaft fördern oder Industrieansiedlungen
anlocken zu können, wurden immer wieder fundiert mit Fakten durch die "Bürgerinitiative gegen einen Flugplatz Lahr e.V."
auf dem Boden der Tatsachen herunter geholt. Wütend wurden die rund 200 überwiegend aus den Dörfern um Lahr
stammenden BI-Mitglieder über Jahre als "Schwarzseher" angefeindet.
Und allein das Interesse des nahegelegenen Vergnügungsparks 'Europapark Rust' an einer internationalen Anbindung
ähnlich dem Konkurrenten 'Disneyland Paris', den er an Besucherzahlen bei seinen enormen jährlichen Zuwächsen
bald eingeholt haben könnte, dürfte nicht Maßstab sein. Aktuell will sich der noch als "mittelständisches Unternehmen"
gehandelte 'Europapark Rust' um die Fläche von rund 60 Hektar nahezu verdoppeln. Und die eigens für ihn neu
eingerichteten zwei Autobahnanschlüsse, die dem Besucheransturm nach wenigen Jahren schon nicht mehr gewachsen
sind, machen eine Anbindung ans Flugverkehrsnetz "erforderlich". Provinziell erscheint im Vergleich hierzu allein die
Internet-Seite des "Black Forest Airport" (www.blackforest-airport.com)
mit seinem Slogan: "...da flieg' ich drauf!"
Söllingen hat nun zwar die Nase vorn, doch die Lahrer Luftfahrt-Fans kennen Ryanair als unsteten Freier und haben ihr
Werben um den Vergewaltiger von Natur und frischer Schwarzwaldluft noch nicht aufgegeben. Die 'Black Forest
Airport Lahr GmbH' hält denn auch ihren im Dezember 2002 gestellten Antrag auf eine Verkehrsflughafenlizenz
aufrecht. Dieser und die Forderung nach Subventionen in der Größenordnung derer für den "Baden Airpark" Söllingen
werden am 5. Oktober bei einem Erörterungstermin in Friesenheim bei Lahr behandelt. Der Flugplatz Lahr, der noch
auf die französische Militärpräsenz in der Folge des Zweiten Weltkriegs zurückgeht, und der ab 1952 als NATO-Flugplatz
besonders die Bevölkerung der angrenzenden Dörfer Schuttern, Schutterzell, Schutterwald, Hugsweier, Kürzell,
Almannsweier und Friesenheim mit Lärm und Abgasen plagte, hat bislang lediglich eine Genehmigung für Frachtflugverkehr.
In der Lokalpresse wurde der Zwischenstop einer 'Antonov' mit Hilfsgütern für Afghanistan, die wegen ihres Gewichts nicht
in Söllingen landen könnte, wie ein Jahrhundertereignis behandelt. Und obwohl seit dem Abzug des Militärs 1995 aus
Lahr vom Militärflugverkehr befreit, hat der Flugplatz Lahr merkwürdigerweise noch den Status als Militärflugplatz, weil
eine NATO-Option offen gehalten werden konnte. Dieser Status, der Gerüchten zufolge dem ehemaligen schwäbischen
NATO-Generalsekretär Wörner zu danken ist, hat eine massive Einschränkung der Einspruchsmöglichkeiten gegen die
Flughafenpläne zur Folge.
Doch letztlich wird sich wohl unabhängig vom politischen Gewicht der BefürworterInnen und GegnerInnen die weitere
wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und Europa als entscheidend erweisen, ob die hochfliegenden Lahrer
Ambitionen, zu einem Knotenpunkt im internationalen Flugverkehr aufzusteigen, Realität werden.
Klaus Schramm