11.01.2009

Stillgelegtes slowakisches
AKW Bohunice
soll wieder in Betrieb
genommen werden

Gas-Streit dient als Vorwand

Die slowakische Regierung hat angekündigt, das zum Jahreswechsel abgeschaltete Atomkraftwerk in Jaslovske Bohunice wieder in Betrieb zu nehmen. Damit will sie nach eigegen Angaben den unterbrochenen Erdgas-Lieferungen aus Russland entgegenwirken und verletzt zugleich bewußt den Beitrittsvertrag zur EU.

"Ich bin mir bewußt, daß wir damit den Beitrittsvertrag zur Europäischen Union verletzen, und übernehme dafür die volle politische Verantwortung", sagte Ministerpräsident Robert Fico in einer vom TV-Nachrichtensender TA3 direkt übertragenen Regierungs-Pressekonferenz. Welche Sanktionen der EU bei einer derartigen Vertragsverletzung zur Verfügung stehen, ist bislang nicht bekannt.

Die Slowakei habe keine andere Wahl, weil sie knapp vor dem energetischen Kollaps stehe, erklärte Wirtschaftsminister Lubomir Jahnatek. Tatsache ist jedoch, daß das AKW Bohunice lediglich Strom zur Verfügung stellen kann und daher die durch den fortwährenden Gas-Streit zwischen Rußland und der Ukraine (die ukrainische Regierung hat durch eine dem eben erst ausgehandelten Vertrag beigefügte schriftliche Erklärung eine Fortsetzung der russischen Gas-Sperre provoziert) für weite Teile der slowakischen Bevölkerung ausgefallene Hausheizung nicht ersetzen.

Umweltschutzorganisationen hatten schon zuvor vor der Wiederinbetriebnahme des AKW Bohunice gewarnt. Daß vor allem das Nachbarland Österreich die Pläne ablehnen und mit Protesten reagieren werde, erwartete auch Fico. In Österreich wurde am 5. November 2008 der dreißigste Jahrestag des erfolgreichen Atomausstiegs gefeiert. Fico rechnet jedoch nach eigenen Angaben damit, daß es in der EU "andere Stimmen" gebe, die mehr Verständnis für die slowakische Notlage zeigten.

Die Wiederinbetriebnahme des nach sowjetischer Bauart errichteten Atomreaktors ist politisch äußerst brisant. Besonders auf österreichischen Druck hatte sich die Slowakei zur Schließung der Anlage bis spätestens Ende 2008 verpflichtet. Diese Verpflichtung ist im Beitrittsvertrag festgeschrieben, der nur mit Zustimmung aller anderen EU-Mitgliedsländer geändert werden könnte.

"Es ist klar, daß es keine Rechtsgrundlage für das Hochfahren von Bohunice gibt, und wenn die Regierung das Atomkraftwerk wieder in Betrieb nimmt, täte sie das im klaren Verstoß gegen EU-Recht", betonte der Sprecher von EU-Energiekommissar Andris Piebalgs. Der österreichische Außenminister Michael Spindelegger erklärte heute (Sonntag) im ORF, daß die Gefährlichkeit des AKW Bohunice "nicht unterschätzt werden" dürfe. Das Atomkraftwerk vom Tschernobyl-Typ liegt nur rund 100 Kilometer nordöstlich von der österreichischen Hauptstadt Wien entfernt.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Renaissance der Atomenergie?
      Wo in aller Welt? (7.01.09)

      Informationen zum deutschen "Atom-Ausstieg"

      Atom-Ausstieg selber machen!

 

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