2.01.2007

Delphine als Hai-Köder

Das Leben von Delphinen zählt nur dann etwas, wenn die Weltöffentlichkeit davon Notiz nimmt
Vor Peru werden Delphine zerhackt und als Hai-Köder verwendet

Das Jahr 2007 wurde von der UN zum Jahr des Delphins erklärt. Mitte Januar strandete eine Gruppe von rund 20 Delphinen in einer schmalen Bucht vor New York. Über eine Woche versuchten TierschützerInnen und MeeresbiologInnen, den verirrten Tieren eine Rückkehr ins Meer zu ermöglichen. Tausende von Dollar wurden investiert, um die Meeressäuger mit Hochfrequenztönen durch einen schmalen Kanal in eine größere Bucht mit tieferem Wasser zu leiten. Dieser Fall erinnert an die Geschichte um den Orca, der für die "Free Willy"-Filme mißbraucht wurde. Für die Auswilderungsversuche wurde mehr als eine Million Dollar an Spendengeldern verausgabt bis sie mit dem Tod des "Filmhelden" endeten.

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit werden hingegen jährlich Tausende Delphine in den Gewässern vor Peru getötet. Es handelt sich dabei weit überwiegend um Schwarzdelphine, die aufgrund ihrer extrem hohen Sprünge und Saltos zu den Top-Akrobaten unter den Delphinen zählen. Die rund zwei Meter langen und bis zu 90 Kilogramm schweren Schwarzdelphine sind vor den Küsten Südamerikas, Neuseelands und Südafrikas zu finden.

Sie verenden nicht etwa - wie es häufig geschieht als unbeabsichtigter Beifang in der Schleppnetz-Fischerei - sondern werden gefangen, um als illegale Fleischquelle oder gar als kostenloser Köder für die Haifischerei verwendet zu werden. Anläßlich des "Jahres des Delphins" hat 'Pro Wildlife' im Januar den Schwarzdelphin in den Mittelpunkt der Aktivitäten gestellt: "Peru hat die Delphinjagd auf dem Papier verboten, aber die Tötungen gehen in großem Stil weiter", berichtet Biologin Dr. Sandra Altherr. Die ArtenschützerInnen fordern die Regierung Perus auf, endlich ihre Gesetze zum Schutz der kleinen Meeressäuger umzusetzen und gegen die Delphinjagd konsequent vorzugehen.

"Delphine leben gefährlich in den Gewässern Perus: Fischer stellen ihnen mit Netzen, Harpunen, Knüppeln und Messern nach. Tiere, die sich in den Fischernetzen verfangen, werden erstickt oder ertränkt" berichtet die 'Pro-Wildlife'-Sprecherin. Betroffen sind neben dem besonders häufig gejagten Schwarzdelphin noch vier weitere Arten. Mit zwei Gesetzesinitiativen wurde in Peru bislang vergeblich versucht, die Zahl getöteter Delphine zu reduzieren: Zwar ging der Fang für den menschlichen Verzehr zurück, gleichzeitig nahm die Verwendung von Delphinfleisch als Köder für die Haifischerei massiv zu.

Die Jagd auf Delphine in Peru begann in den 1960er Jahren und stieg in den 80er Jahren auf jährlich 475 Tonnen Delphinfleisch (dies entspricht 10.000 Tieren) allein für den menschlichen Verzehr. 1990 verabschiedete die peruanische Regierung erstmals ein Jagd- und Handelsverbot für Delphine, doch das Gesetz blieb weitgehend ein Papiertiger: "Mitte der 90er Jahre stieg die Zahl getöteter Delphine sogar weiter an, auf bis zu 20.000 Tiere jährlich - das erste Gesetz zeigte also keinerlei Wirkung" so Altherr.

Im April 1996 wurde das Gesetz schließlich nachgebessert, die Fangzahlen für den menschlichen Verzehr gingen auf derzeit circa 3.000 Delphine jährlich zurück. Delphinfleisch ist noch immer populär und wird bis heute auf Fischmärkten frisch oder gepökelt als "Schwein der Meere" (chancho marino) verkauft. Das Kilogramm Delphinfleisch kostet weniger als 1 Euro und ist somit deutlich billiger als Rind- oder Pferdefleisch. Entsprechend groß ist die Nachfrage.

Deutlich mehr Tiere als für den menschlichen Verzehr sterben zudem, um ihr Fleisch als kostenlose Köder in der Haifischerei zu benutzen. Schwarzdelphine gehören dabei zu den häufigsten Opfern der Fischer. "Um die ohnehin hoffnungslos überfischten Hai-Bestände weiter ausbeuten zu können, werden hoch entwickelte Delphine zerhackt und als Köder eingesetzt - dies ist eine unglaubliche Vergeudung und Barbarei", kritisiert die 'Pro-Wildlife'-Sprecherin.

Für die ArtenschützerInnen liegt der Hintergrund für die zunehmende Verwendung als Haiköder auf der Hand: "Wie überall sind auch die Fischbestände vor Peru durch Überfischung knapp geworden. Da schaltet man die Fisch fressenden Delphine als Konkurrenten gerne aus", erläutert Altherr.

'Pro Wildlife' hat anlässlich des von den Vereinten Nationen ausgerufenen Jahr des Delphins eine Protestaktion ins Leben gerufen, um Peru zu einem stärkeren Vorgehen gegen den illegalen Delphinfang zu bewegen.

 

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