9.12.2003

Hanau-Export - nicht Neues

"Rot-Grün" von Beginn an korrupt

Nachdem sich erstmals größerer öffentlicher Protest in Deutschland gegen die internationale Atom-Politik von "Rot-Grün" regt, gegen den geplanten Hanau-China-Export und die Finnland-Hermes-Bürgschaft, wird in den Massenmedien der Eindruck erweckt, "Rot-Grün" drohe aktuell vom rechten Weg des "Atom-Ausstiegs" abzukommen. Kein Wort darüber, daß der Verkauf der Hanauer Plutoniumfabrik schon einmal genehmigt wurde: im Jahr 2000 sollte sie nach Rußland exportiert werden. Hierzulande wird offensichtlich darauf spekuliert, daß das Gedächtnis des "mündigen Staatsbürgers" nicht weiter als 14 Tage zurückreicht.

Um die - sicherlich bei den meisten noch vorhandene - Erinnerung ein wenig aufzufrischen:

Juli 1999:
Hermes-Bürgschaft für Nachrüstung eines slowenischen Atomkraftwerks

Weitgehend unbeachtet von den Massenmedien vergibt die "rot-grüne" Bundesregierung - erst wenige Monate im Amt - im Juli 1999 eine 36-Millionen-Mark-Hermesbürgschaft für die Nachrüstung des slowenischen Atomkraftwerks Krsko durch die Siemens AG.

März 2000:
Drei Hermes-Bürgschaften

Erstmals nach 20 Jahren gewährt eine deutsche Bundesregierung, wieder eine Hermes-Bürgschaft für den Neubau eines Atomkraftwerkes. Mit Beschluss vom 10. März 2000 erhält Siemens diese Bürgschaft für die Beteiligung am Neubau von zwei Atomkraftwerksblöcken (Lianyungang) in einer chinesischen Sonderwirtschaftszone. Siemens errichtet diese Atomkraftwerksblöcke vom russischen Typ WWER-1000 gemeinsam mit der russischen Atomwirtschaft. Bundeskanzler Schröder hatte zuvor gemeinsam mit Siemens-Managern in China die Baustelle des Atomkraftwerkes besichtigt und sich davon begeistert gezeigt.

Siemens erhält eine zweite Hermes-Bürgschaft für die Nachrüstungs- und Reparaturarbeiten am argentinischen Atomkraftwerks Atucha-1.

Eine dritte Hermes-Bürgschaft dient einer Zementieranlage für flüssige radioaktive Abfälle beim litauischen Atomkraftwerk Ignalina.

Juni 2000:
Der "Atomkonsens" und die Änderung des Atomgesetzes

Nach mehr als einjähriger Diskussionen paraphiert die Bundesregierung am 14. Juni 2000 eine Vereinbarung mit deutschen Atomkraftwerksbetreibern, wonach deutsche Atomkraftwerke insgesamt mehr als 35 Jahre lang betrieben werden dürfen ("Atomkonsens"). Der Berg hochradioaktiven Atommülls kann somit auf über die doppelte Menge anwachsen. Obwohl das Bundesumweltministerium in einem internen Papier zu dem Ergebnis kommt, daß alle deutschen Atomkraftwerke nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen, sichert die Bundesregierung der Atomindustrie die Beibehaltung der völlig überholten Sicherheitsstandards zu. Da es kein Endlager für den Atommüll gibt, darf die Atomindustrie nach der Vereinbarung die hochradioaktiven Abfälle in neuen standortnahen Zwischenlagern deponieren. Auf der Basis der Vereinbarung schreibt die Bundesregierung unter förmlicher Beteiligung der Atomkraftwerksbetreiber einen Gesetzentwurf zur Änderung des Atomgestzes. Das Gesetz tritt am 22. April 2002 in Kraft.

Okt. 2000:
Genehmigung zum Export der Hanauer Plutoniumfabrik

Bereits einmal erteilte "Rot-Grün" die Genehmigung zum Verkauf der Hanauer Plutoniumfabrik von Siemens an Rußland (später platzt das Geschäft). Nach den Vorstellungen von Siemens und dem russischen Atomministerium soll in der Anlage russisches Waffenplutonium zusammen mit Uran zu sogenannten MOX-Brennelementen verarbeitet und dann jahrzehntelang in Atomkraftwerken "verheizt" werden. Obwohl bei einer direkten Immobilisierung und Endlagerung des Waffenplutoniums das Proliferationsrisiko bei weitem geringer wäre und zudem ein jahrzehntelanger Weiterbetrieb gefährlicher Atomkraftwerke eindeutig gegen die MOX-Option spricht, setzt sich Siemens mit seinen seit Jahren gehegten Interessen durch. Ein Teil der MOX-Brennelemente soll auch in deutschen Atomkraftwerken zum Einsatz kommen. Im Gegenzug würde Russland deutschen Atommüll übernehmen und irgendwo in dem großen Reich endlagern. Der Export der Plutoniumfabrik nach Rußland kommt trotz der Genehmigung nicht zustande.

Dez. 2000:
Kredit für die Fertigstellung von zwei Atomkraftwerken in der Ukraine

Die Bundesregierung enthält sich am 7. Dezember 2000 bei einer Entscheidung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und ermöglicht damit eine Kreditentscheidung für den Fertigbau der beiden urkrainischen Atomkraftwerksblöcke Khmelnitzki-2 und Rowno-4 (K2R4) unter Beteiligung von Siemens und Framatome. Acht andere Staaten zeigen Rückgrat und stimmen gegen den 467-Millionen-DM-Kredit, darunter die Niederlande, Norwegen und Österreich. Hätte Deutschland mit "Nein" gestimmt und hätte sich dann der G7-Staat Italien - wie angekündigt - dem deutschen Votum angeschlossen, wäre der Kredit für den Bau von zwei Atomkraftwerken nicht durchgegangen! In Folge der Entscheidung der EBRD bewilligte die EU-Kommission einen Euratom-Kredit von über einer Milliarde DM. Da die EBRD-Kriterien für die Kreditvergabe von der Atomindustrie später nicht erfüllt werden, zahlt die Bank den Kredit letztlich nicht aus.

Juli 2001:
Änderung der Strahlenschutzverordnung

Die Änderung der Strahlenschutzverordnung führt zu einer Verschlechterung des Strahlenschutzes für Schwangere, Jugendliche und die allgemeine Bevölkerung. Voraussetzung für eine preiswerte Unterbringung von Atommüll zu Lasten des Strahlenschutzes.

...

März 2003:
Vergrößerung der Uran-Anreicherungsanlage in Gronau

Die einzige Urananreicherungsanlage in Deutschland, die UAA in Gronau, hat zu dieser Zeit eine Kapazität von 1400 Tonnen pro Jahr und liefert damit die Brennstoff-Pellets für elf bis zwölf große AKWs. Bereits in der letzten Legislaturperiode hatte die "rot-grüne" Landesregierung in NRW eine Erweiterung auf 1800 Tonnen genehmigt. Diese Kapazität wird plangemäß nächstes Jahr ausgeschöpft sein. Nun haben die Betreiberfirmen Urenco und Uranit eine Kapazitätserhöhung auf 4500 Tonnen beantragt. Damit wird der Betrieb von 36 großen AKWs gesichert.

April 2003:
Trittin genehmigt den "Forschungs"-Reaktor FRM 2 in Garching

Ende Juni 2003
richtete Siemens eine Voranfrage an den Interministeriellen Ausschuß (IMA), um sich eine Hermesbürgschaft für den Bau des neuen finnischen AKWs FIN 5 zu sichern. Umgehend wurde in einem "letter of interest" eine Bürgschaft in Aussicht gestellt. Auch Bürgschaften für den Bau des brasilianischen AKWs Angra 3, die Nachrüstung des slowakischen AKW Mochovze oder die bulgarischen Reaktoren Kosloduj 5 und 6 sind in Vorbereitung. Es drängt sich die Frage auf, ob Siemens Antragsteller bei der Bundesregierung oder die Bundesregierung eine Agentur von Siemens ist.

Es wird in vielen Ländern Europas und aller Welt durchaus mit Interesse registriert, wie eine Regierung zugleich einen "Atomausstieg" propagieren und vor der UNO im Sommer 2003 eine Resolution unterstützen kann, in der "die Vorteile der friedlichen Atomenergie-Nutzung und nuklearer Techniken" anerkannt werden "und (ihr) Beitrag, um in den Entwicklungsländern nachhaltige Entwicklung zu erreichen sowie um generell das Wohlergehen und die Lebensqualität der Menschheit zu verbessern".

Bei einigen Regierungen erntet die deutsche höchste Bewunderung, wie lange es ihr nun schon gelingt, so viele Menschen zum Narren zu halten. Doch auch hier sei an das Wort Abraham Lincolns erinnert: "Du kannst einige Leute für alle Zeit zum Narren halten, du kannst sogar alle Leute für einige Zeit zum Narren halten, aber du kannst nicht alle Leute für alle Zeit zum Narren halten."

 

Frank Bayer

 

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