Tod durch Pestizide im Baumwollanbau
Die TV-Journalisten Inge Altemeier hat in Indien grauenerregende Fakten über den
Chemie- und Agro-Multi 'Bayer' ans Tageslicht befördert. Durch die Pestizide von
'Bayer' werden im südindischen Baumwollgürtel tausende LandarbeiterInnen
vergiftet. Laut Altemeier kommt es täglich zu Todesfällen. Die LandarbeiterInnen
werden nicht über die Risiken des Gifteinsatzes aufgeklärt und besitzen in der
Regel nicht einmal Schutzkleidung. Allein im Krankenhaus der Provinzhauptstadt
Warangal müssen monatlich bis zu eintausend Fälle behandelt werden.
'Bayer' ist weltweit der zweitgrößte Pestizid-Produzent und der größte Anbieter
auf dem indischen Pestizidmarkt. Große Mengen von in Europa nicht mehr
zugelassenen Agro-Giften wie Monocrotophos läßt der Konzern von Subunternehmern
produzieren - besonders im Industriegebiet von Vapi im Bundesstaat Gujarat.
Aufgrund fehlender Sicherheitsstandards sind Unfälle dort an der Tagesordnung.
Das Grundwasser ganzer Landstriche ist mit Agro-Giften verseucht, so daß sich
die BewohnerInnen aus Tankwagen versorgen müssen. Sie sind dadurch gezwungen,
einen großen Teil ihres Einkommens für ihre Versorgung mit Trinkwasser
auszugeben.
Die von 'Bayer' vertriebenen Pestizide gelangen über die Baumwolle auch in die
Textilproduktion. Die dort beschäftigten Arbeiterinnen atmen die Gifte in großen
Mengen ein. Im Textilstandort Tripur beträgt die Lebenserwartung lediglich 35
Jahre. Markus Saxinger von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) fordert:
"Die von der WHO mit der Gefahrenklasse 1 gekennzeichneten Pestizide müssen
sofort vom Markt genommen werden, sonst sterben immer mehr Menschen."
Bereits 1995 hatte der 'Bayer'-Konzern angekündigt, "Produkte, die von der
Weltgesundheitsorganisation in die Klasse 1 für hochgiftige Substanzen
eingestuft werden, durch weniger giftige zu ersetzen". Dieses Versprechen wurde
jedoch bis heute nicht eingehalten. Greenpeace wirft 'Bayer' daher eine "moderne
Form des Rassismus" vor. CBG und PAN (Pestizid Aktions Netzwerk) fordern, daß
insbesondere gefährliche Pestizide wie Monocrotophos nicht mehr länger
produziert und angeboten werden. PAN weist zudem darauf hin, daß auch das
Bundesverbraucherministerium Monocrotophos als akute Gefahr für Bauern in
Entwicklungsländern bezeichnet hat.
Bei der Verwendung von Agro-Giften ist der Baumwollgürtel im Bundesstaat Andrha
Pradesh "Welt-Spitzenreiter". Untersuchungen über einen Zeitraum von 20 Jahre
zeigen auf, daß die Belastung der täglichen Nahrung, wie Gemüse, Milch, Getreide
und Wasser kontinuierlich anstieg. Zunehmend werden Mißbildungen von Kindern
beobachtet; auch die Krebsrate steigt. Aufgrund von Resistenzbildung werden
immer größere Giftmengen eingesetzt. Und wegen Überschuldung nahmen sich im
letzten Jahr allein in Andrha Pradesh 700 Bauern das Leben.
Textilien aus Tripur werden in großer Menge auch nach Deutschland exportiert.
Viele gefährliche Pestizide fehlen auf der Liste der zu prüfenden Schadstoffe
und gelangen so auch in hierzulande verkaufte Kleidung.
Klaus Schramm