26.05.2005

Müsli ist in

Anfang der 80er Jahre hat sich Wolfgang Niedecken mit seiner Band BAP noch über den "Müsli-Man" lustig gemacht. Als er vor wenigen Jahren Vater wurde, begann er dann doch, sich um gesunde und ökologisch angebaute Nahrung Gedanken zu machen...

Immer noch ist es eine Minderheit der Deutschen, die im Bioladen einkauft, die bei der Ernährung auf den Zusammenhang von Nahrungsmittel-"Produktion" und eigener Gesundheit, auf den Zusammenhang von Essen, Boden, Wasser, Tieren, Landwirtschaft, Lebensmittelverarbeitung und Arbeitsplätzen achtet. Doch nach jahrelangem, stetigem aber geringem Wachstum, verzeichnete die Bio-Branche im letzten Jahr beachtliche Zuwächse.

Der Trend ist eindeutig. Der Umsatz von Aldi, Lidl & Co. ist 2004 nur um zwei Prozent - der Umsatz von Bio-Lebensmitteln ist um 10 Prozent gewachsen. Und dies obwohl "Rot-Grün" seit über sechs Jahren zwar von einer "Agrar-Wende" redet, aber die Biolandwirtschaft de facto behindert.1 Wie ist das Wachstum bei Bio-Lebensmittel in ökonomisch schwierigen Zeiten zu erklären? Das 'Institut für Sozial-Ökologische Forschung' (ISOE) in Frankfurt hat zwei Gruppen herausgefunden, die überdurchschnittlich häufig auf Bio-Lebensmittel umsteigen.

Zum einen sind dies junge Eltern, die für ihr Baby mehr Sorgfalt und Verantwortung zeigen als zuvor für die eigene Ernährung. Zum anderen sind es Jugendliche, die durch ihr Elternhaus angeregt wurden, sich bewußt für gesunde und umweltvertragliche Ernährung zu entscheiden - die zweite "Müsli-Generation".

Das ISOE hat zudem entdeckt, daß "Bio heute bei vielen Jugendlichen Trendcharakter" hat." In einer soziologischen Untersuchung konnten in der Hauptsache zwei Gruppen in ihrer Einstellung zum Essen unterschieden werden: Die Hälfte der Menschen haben nur ein geringes Interesse an Ernährungsfragen - Geiz ist wichtiger als Qualität. Die zweite Hälfte will Qualität vor Geiz. Die Ernährung ist ihnen etwas wert.

1970 gaben die Deutschen noch 25 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel aus - 2004 waren es noch 12 Prozent. Die meisten Deutschen geben mehr Geld für ihr Auto aus als für Ernährung. Zusammen mit den Spaniern sind die Deutschen Geiz-Europameister.

Doch nur wenigen ist bekannt, daß die langfristigen Kosten der industriellen Landwirtschaft mit einer schleichenden Verseuchung des Grundwassers, mit fortdauerndem Waldsterben infolge von Ammonikverbindungen, Klimawandel infolge von Methan aus einer übersteigerten Fleischproduktion, Artensterben infolge von Monokulturen und dem Anbau genmaipulierter Pflanzen in keinem Verhältnis zu den im Supermarkt bezahlten Preisen stehen. Die Folge-Kosten, die der Gesellschaft und zukünftigen Generationen aufgebürdet werden, sogenannte "externe Kosten" ähnlich wie beim Autoverkehr, lassen die umweltverträgliche Bio-Landwirtschaft teuer erscheinen.

Ebenso ist wenig bekannt, daß biologische Ernährung bei weitem nicht soviel teurer als konventionelle Ernährung sein muß als der Blick auf die Preisunterschieden zunächst vermuten ließe. Vollkornbrot, Vollkornflocken im Müsli oder Vollkorn-Nudeln sättigen schneller als vergleichbare Produkte aus weißem Mehl oder hochverarbeiteten Chemie-Zutaten. Statistische Untersuchungen haben immer wieder belegt, daß Menschen, die sich biologisch oder gar vegetarisch ernähren weit seltener krank werden.

Konventionelle Landwirtschaft und Ernährung kommt uns auf die Dauer extrem teuer zu stehen.

 

Frank Bayer

 

Hinweis:

1 Siehe auch unseren Artikel

      'Öko-Landwirtschaft in Deutschland ausgebremst' (25.02.05)

 

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