12.09.2003

Hoon wird Blairs
nächstes Bauernopfer

Blairs ehemaliger "Kommunikations"-Berater Campbell konnte sich mit Verweis auf seinen früh geplanten Abgang elegant aus der Affaire ziehen. Vor dem von Lord-Richter Hutton geleiteten Kelly-Tribunal bekam er sogar im Hinblick auf die Vorwürfe, er habe das umstrittene September-Dossier "sexyer" gemacht, einen Freispruch zweiter Klasse. Dafür zieht sich die Schlinge um Blair und seinen Kriegsminister Hoon immer enger zusammen. Abgeordnete sagen bereits offen, Hoon habe wichtige Informationen verschwiegen. Der Druck auf Hoon nimmt ständig zu und schließlich ist er der letzte "Bauer", der Blair noch geblieben ist, um ihn vor dem eigenen Untergang opfern zu können.

In einem aktuell veröffentlichten Bericht des für die Kontrolle der britischen Geheimdienste zuständigen Parlamentskomitees, wird gegen Hoon darüber hinaus der Vorwurf erhoben, er habe den Abgeordneten, die inzwischen ihre Mit-Verantwortung für den Irak-Krieg gerne los werden wollen, nicht nur wichtige Informationen verschwiegen, sondern sie indirekt irregeführt. Dieser Ausschuß war vor dem erst später einberufenen Kelly-Tribunal beauftragt worden, die Vorwürfe zu untersuchen, die Regierung habe im September-Dossier Geheimdienstmaterial manipuliert, um die Bedrohung durch Saddam Husseins angebliche Massenvernichtungswaffen glaubwürdiger erscheinen zu lassen. Selbstverständlich hatte der Ausschuß seine Aufgabe soweit erfüllt, die Vorwürfe nach Möglichkeit zurückzuweisen.

Der weitere Verbleib Hoons im Amt des Kriegs-Ministers wird von den britischen Massen-Medien als immer unwahrscheinlicher dargestellt. Während auf der einen Seite immer offensichtlicher wird, daß nicht nur David Kelly, sondern der gesamte Nachrichtendienst Bedenken hinsichtlich der Qualität der vorgeführten "Beweise" hatte, wird auf der anderen Seite immer deutlicher, daß Hoon die Bedenken des militärischen Nachrichtendienstes (DIS) und einzelner damals bereits informierter Parlamentarier herunterzuspielen suchte. Die Bedenken zweier DIS-Mitarbeiter waren jedoch so gravierend, daß sie sich deshalb schriftlich an ihre Vorgesetzten gewandt hatten. Hoon versucht nach wie vor, die Widersprüche als "kleineren semantischen Disput" zu verkaufen. Und wie eng es um Hoon bereits geworden ist, zeigt auch die wie bestellt veröffentlichte Verlautbarung von Innenminister Straw, er habe "keinen Zweifel", daß der britische Kriegs-Minister weiterhin Hoon heißen werde.

 

Harry Weber

 

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