12.11.2003

Kommentar

Stade
und die CASTOR-Mobilisierung

Der Druck auf Tritin wächst

Daß ausgerechnet in den Wochen vor dem nun siebten CASTOR-Transport ins Wendland, die vorzeitige Abschaltung des schon lange als unrentabel "geouteten" AKWs Stade verkündet wurde, mochte in der Anti-AKW-Bewegung niemand als Zufall sehen. "Atomausstieg geht Schritt für Schritt weiter" versuchte Minister Trittin den Menschen glaubhaft zu machen. Suggestiv wurde Stade gar als zweiter Schritt des phänomenalen Atom-Ausstiegs nach der Stillegung des AKW Mühlheim-Kärlich dargestellt. Doch die Stillegung des 13 Monate Strom liefernden und per Gerichtsbeschluß gestoppten AKW Mühlheim-Kärlich direkt als ersten Schritt des "Atom-Ausstiegs" zu bezeichnen, getraute sich Trittin denn doch nicht.

Auch die Inszenierung einer Sekt-Party aus Anlaß der Stillegung des AKW Stade, scheint eher nach hinten losgegangen zu sein. Regierungsamtlich war zwar bereits die Rede von einem "nachlassenden Atom-Protest", doch auch die Massenmedien kamen nicht umhin, von einer deutlichen Zunahme der Anti-CASTOR- DemonstrantInnen im Wendland zu berichten. Lediglich die Schlafmützen vom RTL-Nachtjournal wollten erfahren haben, es handele sich um "die letzten Atomkraftgegner", die sich im niedersächischen Wendland versammelt hätten.

Und so machte unter den CASTOR-BlockiererInnen das Bonmot die Runde, Trittin müsse entgegen allem Anschein wohl doch noch ein überzeugte Atomkraft-Gegner sein, denn mit der Stade-Geschichte habe er den Widerstand trickreich gestärkt. Tatsächlich hatte sich ja längst herumgesprochenen, daß mit der vorzeitigen Abschaltung von Stade kein Gramm weniger Atom-Müll produziert werden wird. Denn entsprechend der als "Atom-Ausstieg" propagierten Vereinbarung mit der Atom-Mafia, wird die für Stade ausgehandelte "Restlaufzeit" nun auf andere AKWs übertragen. Die vereinbarte Verdoppelung der Gesamtmenge an radioaktivem Müll ab Inkrafttreten des "Atom-Ausstiegs" wird also auch ohne Stade kommen - so denn nicht ein tatsächlicher Atom-Ausstieg durchgesetzt werden kann.

Und dieser kann durchgesetzt werden, indem die Regierung gezwungen wird, offiziell anzuerkennen, daß Gorleben nicht als Endlager geeignet ist. Auch ein anderer Ort in Deutschland, der unter wissenschaftlichen Kriterien als Endlager für Atom-Müll tauglich wäre, wird sich nicht finden lassen. Und dann wird offensichtlich, daß nach dem immer noch gültigen Atomgesetz, das eine sichere Endlagerung zwingend vorschreibt, der Betrieb von Atomkraftwerken von Anfang an illegal war.

So zieht auch 'Robin Wood' die Bilanz, daß sich durch den wachsenden CASTOR-Protest der Druck auf Atom-Minister Trittin erhöhe. 'Robin Wood' sieht die Anti-Atombewegung im Aufwind, kritisiert den vollkommen überzogenen Polizeieinsatz und fordert von Trittin klare Schritte gegen den Endlagerstandort Gorleben. "Der Anti-AKW-Bewegung ist es trotz des Demonstrationsverbotes und einer Übermacht an Polizei mit viel Fantasie und Mut gelungen, ihren Protest und ihre Argumente wirkungsvoll öffentlich zu machen", sagt 'Robin Wood'-Vorstandssprecher Jürgen Sattari. "Damit steigt der Druck auf Bundesumweltminister Trittin, Gorleben als Endlagerstandort endgültig aufzugeben. Der Konflikt um die Atomkraft brennt lichterloh. Er läßt sich nicht mit leeren Ausstiegsversprechen oder gar Partys zum Abschalten vom Schrottreaktor Stade vergessen machen."

Auch die BI Lüchow-Dannenberg zieht als Resümee, daß der Druck auf Trittin ansteigt: "Die Ungeduld wächst und der Widerstand gegen die Ausstiegsrhetorik des Bundesumweltministers ebenso". In ihrer Schluß-Erklärung fordert sie: "Die Trittin-Administration muß endlich regierungsoffiziell die Gründe für die Nichteignung des Salzstocks darlegen". Eine Endlagersuche mit "zwei Leichen im Koffer", nämlich den bereits genehmigten Schacht Konrad in Salzgitter und dem angeblich "eignungshöffigen" Salzstock Gorleben, sei nicht glaubwürdig. Die BI reibt sich vor allem an den Erklärungen Trittins und seines Pressesprechers Schroeren. Es sei ein politisch schlechter Stil, nur Halbwahrheiten als Reaktion auf den Protest im Wendland zu verbreiten. Gerade der Verweis auf die Stillegung des AKW Stade sei peinlich, denn die rein ökonomisch bedingte Abschaltung führe zur Übertragung von Atomstromkontingenten auf die AKWs Brokdorf und Brunsbüttel und verlängere deren Laufzeit.

Nach den "Friedenseinsätzen" in Jugoslawien und Afghanistan und den "Reformen" zum Abbau der Arbeitslosigkeit, zeigt sich auch beim "Atom-Ausstieg": Immer mehr Menschen lassen sich nicht länger zum Narren halten.

 

Adriana Ascoli

 

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