Neckarwestheim:
Tausende Polizisten müssen aufgeboten werden
Greenpeace ruft zu CASTOR-Blockade auf
Stuttgart
Mit rund 7.000 Einsatzkräften will die baden-württembergische Landesregierung den CASTOR-Transport der Privatfirma EnBW vom AKW Neckarwestheim zur
britischen Skandal-Atomfabrik Sellafield sichern. Allein die dadurch entstehenden Kosten sind ein enormer Erfolg der Anti-AKW-Bewegung. Denn Kosten
in solchen Größen- ordnungen können nicht so oft aufgebracht werden, wie Transporte von Atommüll aus deutschen AKWs nötig wären, um die sonst
unausweichliche "Verstopfung" zu vermeiden.
Allein die Mobilisierung durch die verschiedenen Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen läßt Landespolizeipräsident Erwin Hetger damit rechnen,
daß mindestens 500 CASTOR-Blockieren von ihren
"höchst kriminellen" (Innenminister Schily) Absichten abgehalten werden müssen. Laut Hetger sei dieses martialische Aufgebot auch deshalb nötig, weil nicht
nur die Schienentrasse, sondern zudem eine ca. 5 Kilometer lange Straßenstrecke vom AKW bis zum Verladepunkt an den Schienen zu bewachen sei.
Der Transport von drei Müllbehältern (die Bezeichnung CASTOR ist zwar für alle in Verwendung befindlichen Transport-Behälter für radioaktiven Müll in den allgemeinen
Sprachgebrauch eingegangen,
jedoch strenggenommen nur für die Müllbehälter einer der Herstellerfirmen korrekt) mit abgebrannten Brennelementen in die Atomfabrik und Plutoniumschleuder
Sellafield soll unbestätigten Informationen zufolge Montag oder Dienstag starten. Für Sonntag haben AKW-Gegner eine Auftakt-Demonstration in Kirchheim
bei Neckarwestheim angekündigt. Von Seiten der Initiatoren wird darauf gehofft, daß die TeilnehmerInnenzahl die Schätzungen von Erwin Hetger erheblich
übertreffen wird. Dies könnte den Einsatz von Polizeikräften und damit den Aufwand an Steuergeldern weiter in die Höhe treiben. Von Seiten der AKW-Gegner
wird damit argumentiert, daß diese Steuergelder gut angelegt seien, wenn sie zu einem schnellen Ausstieg aus der Atomenergienutzung führen. Denn ansonsten
würden noch für Jahrzehnte Steuergelder zur Sicherung von jährlich hunderten von CASTOR-Transporten und weitere Milliarden für die Subventionierung der
Atommafia verschwendet.
Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung (21.04.) könnte die Strecke wieder über Wörth am Rhein führen
wie schon bei den CASTOR-Transporten am 26.03. und 10.04.. Dort würden die Müllbehälter voraussichtlich mit weiteren aus dem hessischen AKW Biblis zusammengekoppelt.
Die Umweltorganisation Grennpeace hält die geplanten CASTOR-Transporte für "völlig unverantwortlich". Die Verhältnisse in der britischen Atomfabrik Sellafield
seien "katastrophal", sagte die Greenpeace-Atomexpertin Susanne Ochse der Nachrichtenagentur ddp in Hamburg. Die Betreiberfirma British Nuclear Fuels wurde
schon mehrfach krimineller Machenschaften überführt. Dies hatte zur Kündigung der Verträge mit japanischen AKW-Betreibern geführt. Würden auch die deutschen Aufträge
wegfallen, müsste Sellafield aufgegeben werden. Erst vor zwei Wochen wurde
die Betreiberfirma wieder wegen Bruchs von Sicherheitsbestimmungen verurteilt. Mit
"Atom-Verbrechern" dürfe man keine Geschäfte machen, so Susanne Ochse von Greenpeace.
Harry Weber