Gorleben
Betreibergesellschaft und Niedersächsisches Umweltministerium:
"Keine Gefahr" - nur "Heiße Luft"
Beim Einlagern eines der sechs in der letzten Woche nach Gorleben
transportierten CASTOR-Behälter hat es am 2. April im Zwischenlager ein
"Vorkommnis" gegeben, das erst vier Tage später öffentlich wurde. Wie die
Gorlebener Betreibergesellschaft GNS mitteilte, sei beim "Aufsetzen auf den
Boden ein Abblasegeräusch wahrgenommen worden", die 2.5 cm starke Bodenplatte
habe sich in der Mitte aufgewölbt.
Nach Angaben des Niedersächsischen Umweltministeriums habe man
festgestellt, dass aus einem Hohlraum im Boden des Castors heiße Luft entwichen
sei. Radioaktivität sei dabei nicht ausgetreten. Der Druckaufbau, so die
GNS, sei auf eine "thermische Ausdehnung des Moderatormaterials und
der eingeschlossenen Luft zurückzuführen". Man werde zukünftig vom
Behälterhersteller GNB ein Entlüftungsventil in die Bodenplatte einbauen lassen.
Mitglieder der "Fachgruppe Radioaktivität" der BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg
halten diese Erklärung für unglaubwürdig. Um eine 2.5 cm starke Stahlplatte zu
verformen, reiche nicht die Kraft von "heißer Luft" aus. Sie könne nur durch
vorhandene hohe Ausdehnungsspannungen der 5 m langen, 7 cm dicken Moderatorstäbe
erklärt werden.
Heinrich Messerschmidt von der Fachgruppe: "Dies ist ein Beweis dafür, daß das
Ausdehnungsverhalten des Moderatormaterials der in La Hague stehenden Behälter
nicht meßtechnisch überprüft wurde. Es ist ferner ein Beweis dafür, daß noch
hohe Drücke aus der Überdehnung der Moderatorstäbe auf Federn und Verschlüsse
wirkten, die beim Aufsetzen schon durch einen leichten Stoß schlagartig zu
Verformungen führten." Damit wurde die Bodenplatte am Rande aufgewölbt.
Entwichen ist nicht nur die Luft, sondern auch die Aktivierungsprodukte aus dem
Hart-Polyethylen- Moderatormaterial, welches jahrelang hohen
Strahlendosis- leistungen ausgesetzt war. "Kontaminationsmessungen, also
'Wischtests' wie sie von der GNS angeblich durchgeführt wurden, können nur als
Augen-Wischerei angesehen werden. Die Aktivität des entwichenen, aktivierten
Gasgemisches kann nur durch Analyse der Proben bestimmt werden."
Es sei zwar nicht davon auszugehen, daß es eine Gefährdung der Umwelt durch
dieses heiße Gasgemisch gegeben habe. Allerdings sei die Gesamtstabilität des
Behälters nicht mehr gegeben. "Man stelle sich besser nicht vor, was passiert
wäre, wenn dieser instabile, unter Spannung stehende Kugelgraphit-Behälter auf
seiner Strecke nach Gorleben in Pforzheim. Heilbronn, Fulda, Kassel, Hannover
oder wo auch immer, in einen Frontalunfall verwickelt worden und in Stücke
zersprungen wäre", so Heinrich Messerschmidt. Die Problematik in Zusammenhang
mit der Überdehnung des Moderatormaterials sei bereits vor über einem Jahr
bekannt gewesen. Ob sich die Spannungen durch Abkühlung der vor vier Jahren
befüllten Glaskokillen-Behälter ausreichend zurückgebildet haben, hätte vor
Aufnahme der Transporte bereits in La Hague überprüft werden müssen.
Offensichtlich, so Messerschmidt, haben skrupellose Politiker Anweisungen
erteilt, den instabilen Behälter, ohne Rücksicht auf die bekannten
Transportgefahren für ganze Stadtteile, die man bei einem Unfall häte evakuieren
und räumen müssen, trotzdem zu transportieren und damit "Kollateralschäden"
hinzunehmen wie es auch bisher üblich war. Jetzt wolle man der Bevölkerung das
"Vorkommnis" noch unter der Melde-Kategorie "N" als "normal" verkaufen.
Redaktion CASTOR-NIX-DA