In der Nacht zum Dienstag
war in Neckarwestheim und Umgebung die Anti-AKW-Bewegung mit 300 Menschen präsent. 200 von
ihnen kamen in einer großen und mehreren kleinen Gruppen ab 4:50
Uhr auf die Transportstrecke, obwohl die Polizei mit einem
Großaufgebot alles abgeriegelt hatte. Die OrdnungshüterInnen
waren dann auch ziemlich verblüfft und etwas planlos. So konnte
die Strecke genau zu dem Zeitpunkt besetzt werden, zu dem die
Abfahrt am AKW losgehen sollte. dpa meldete dann auch, daß durch
diese Aktion der Transport um mehrere Stunden verzögert werden
konnte.
Nach 75 Minuten Blockade forderte die Polizei dreimal auf und gut
die Hälfte der Leute ging von der Straße. Der Rest - das waren 68
BlockiererInnen - entschied sich aller polizeilichen Drohungen
zum Trotz für eine Räumung und "Ingewahrsam- nahme".
Auch nach der großen Räumung hatte die Polizei die Situation
nicht völlig im Griff. Überall waren Kleingruppen unterwegs und
so dauerte es bis 7:30 Uhr, bis der Transport schließlich
losfuhr. Für die 5 Kilometer nach Walheim brauchte der Konvoi 45
Minuten, ein beachtliches Durchschnittstempo.
Das mediale Interesse an den bisherigen Aktionen war sehr groß.
So ist ein Ziel der CASTOR-Blockierer auf jeden Fall bereits erreicht: Die
öffentliche Debatte über
Atommüll, sogenannte Wiederaufarbeitung und Atom-Konsens geht weiter.
Die Aktionen von Atomkraftgegnern in den letzten Tagen im Raum
Neckarwestheim werden von den beteiligten Initiativen durchweg
positiv bewertet. Morgen sollen die Proteste weitergehen; dann gegen
den Schienentransport von Walheim nach Wörth in Rheinland-Pfalz
und schließlich auf den letzten zwölf Kilometern zwischen Wörth
und der deutsch- französischen Grenze.
Heidi Lindstedt, Pressesprecherin des Aktionsbündnis CASTOR-
Widerstand Neckarwestheim, zieht eine Zwischenbilanz:
"Zusammenfassend läßt sich sagen: Wir haben unsere Ziele für
heute erreicht.
Wichtig ist für uns in diesen Tagen, daß viele Menschen
mitbekommen, daß weder Transporte noch zusätzliche Lager am
Reaktor das Atommüll-Problem lösen, weil es noch immer weltweit
kein sicheres Endlager für hochradioaktive Abfälle gibt.
Eingrenzen läßt sich diese mißliche Lage nur durch einen
sofortigen Stopp der Atommüll-Produktion durch die Stillegung der
Reaktoren. Durch die große öffentliche Resonanz können wir viele
Menschen für unsere Argumente gewinnen.
Besonders erfreulich ist, daß es uns trotz eines Großaufgebotes
der Polizei und trotz martialischer Drohungen im Vorfeld des
Transportes gelungen ist, durch die frühmorgendliche Blockade die
Abfahrt des Transports um mehrere Stunden zu verzögern.
Gewaltbereite Demonstran- tInnen haben wir übrigens in all den
Tagen nicht gesehen, dafür bei der Räumung der Blockade nicht
wenige gewaltbereite PolizeibeamtInnen. Wer die Gewalt versucht
herbeizureden, nur um dann selbst hart zupacken zu können,
betreibt ein unseriöses Geschäft mit der politischen Streitkultur
in diesem Land."
Überall in Deutschland gab es
Solidaritäts-Aktionen: In Lüneburg,
Göttingen und Leipzig in den Bahnhöfen, im Wendland
machten 50 AKW-Gegner einen solidarischen "Notbremsentest" im Zug von
Hitzacker nach Dannenberg, direkt auf der Jeetzel-Brücke. Der
Aufenthalt wurde zu einer Kurzdemo an der frischen Höhenluft
genutzt.
Von Dienstag auf Mittwoch findet die Vermessung der Behälter und die
Umladung auf die Bahnwaggons in Walheim statt. Der Zug ins pfälzische
Wörth (dort soll er mit zwei Waggons aus Biblis zusammengekoppelt
werden) soll am Mittwoch aus Walheim losfahren.
Als eine mögliche Anlaufstelle für CASTOR-Blockierer wird die Mahnwache
in Maximiliansau (bei Karlsruhe) am S-Bahnhof genannt.
Dort gibt es auch Informationen über den
aktuellen Stand und die geplanten Aktivitäten jenseits des
Rheines.
Als Informationsquellen wird auch aufs Internet und das Infotelefon
vor Ort hingewiesen:
0175 711 2894
Nicht nur an der gesamten Strecke bis zur Grenzstation
Lauterbourg, auch in Frankreich sind Protestaktionen angekündigt, so
z.B. in Bischheim bei Straßburg wo auch der Bürgermeister gegen die
Durchfahrt des radioaktiven Mülls opponiert.
Wie inzwischen übers internet bekannt wurde, haben alle elsässischen BürgermeisterInnen dem
Präfekten (Vertreter des Staates auf Departements-Ebene) eine Erklärung geschickt: Sie alle wollen die
Atomtransporte durch ihre Kommune verbieten.
Der geheimgehaltene Fahrplan des CASTOR-Transports wurde wieder - wie schon bei dem Transport von
La Hague nach Gorleben - von den französischen Anti-AKW-Initiativen aufgedeckt:
25.04.01
20:15 Hausbergen (bei Straßburg)
21:00 Saverne
22:00 Metz
26.04.01 (15. Jahrestag Tschernobyl)
00:00 Thionville
00:30 Longuyon
01:40 Charleville-Mézières
03:30 Valenciennes
04:00 Douai
05:00 Béthune
06:00 Dunkerque
Dann sollen die CASTORen 36 Stunden mit dem Schiff 'European Sheerewater' (Abfahrtszeitpunkt noch unbekannt) bis
Barrow in Furness / Sellafield unterwegs sein.
Ute Daniels