Die Internet-Adresse
www.castor.de bleibt im Besitz von AKW-GegnerInnen,
die einfach schneller als die große CASTOR-Firma GNS (Gesellschaft für Nuklearbehälter)
die Internet-Adresse angemeldet und besetzt hatten.
Siehe auch Artikel v. 14.01.2001
'Domain-Streit: Wem gehört der "CASTOR"?' von
Christiane Schulzki-Haddouti
Im über zwei Jahre andauernden Streit um die Rechte an der Internet-Domain
"www.castor.de" haben sich die AtomkraftgegnerInnen am Dienstag vor dem Oberlandesgericht
(OLG)
Hamm durchsetzen können: Sie dürfen diese Internet-Adresse behalten, die nicht nur
während der CASTOR-Transporte ins Wendland
millionenfach aufgerufen wird. Der Atombehälter-Hersteller GNS
(Gesellschaft für Nuklearservice) bzw. dessen Tocher GNB (Gesellschaft für Nuklearbehälter)
hatte auf Herausgabe geklagt. In einer Berufungsverhandlung schmetterte das OLG Hamm einen
entsprechenden Antrag der Atommüll-Büchsenbauer ab. Nach dieser
Entscheidung, darf von den CASTOR-Gegnern weiter auf ihrer bekannten Web-Adresse über die
politische Auseinandersetzung mit der Atomenergie informiert werden. Eine Revision wurde
nicht zugelassen.
Obwohl bislang noch keine schriftliche Urteilsbegründung vorliegt, ist bereits klar, daß
sich das Gericht
nicht von den Behauptungen der klagenden GNS überzeugen ließ, die Atomkraftgegner würden
mit ihrer Internet-Seite die Vertriebsaktivitäten der CASTOR-Hersteller beeinträchtigen.
Im Verfahren wurde offensichtlich, daß die klagende Firma tatsächlich kein wirtschaftliches
Interesse an der strittigen Domain hatte und das Verfahren letzten Endes dem Zweck diente,
"www.castor.de" als eine etablierte Informationsplattform der Anti-AKW-Bewegung auf eine
weniger prominente Stelle im World Wide Web zu verdrängen.
Der CASTOR-Hersteller hatte dem Gericht im Januar Kundenlisten vorgelegt, aus denen
hervorgeht,
daß der Markt für Castor-Behälter sehr klein und geschlossen ist. Sie konnte in
Deutschland gerade einmal sechs Kunden benennen. Recherchen der AKW-GegnerInnen kamen zu
dem Ergebnis, daß immerhin fünf von diesen sechs Kunden entweder direkt oder
indirekt (als Tochterunternehmen von Gesellschaftern) zum Gesellschafterkreis der
CASTOR-Firma gehören. Im Klartext bedeutet das, daß die CASTOR-Firma in Deutschland
gerade einmal einen Kunden außerhalb der eigenen Konzernstruktur vorweisen konnte.
Auch in Hinblick auf die Behauptung, "Castor" sei eine "berühmte Marke" im
Sinne der Marken-Rechtsprechung des Bundesgerichthofs, hat das Gericht eine
Beweiserhebung nun doch für nicht
erforderlich erachtet, weil es hierfür bereits an der erforderlichen "Alleinstellung" bzw.
"Einmaligkeit" fehle. (Zur Erläuterung: eine "berühmte
Marke" ist gegeben, wenn ein Bekanntheitsgrad der Marke und des Produktes in der
Gesamtbevölkerung von "deutlich mehr als 80 %" gegeben ist und das Produkt sich "einer
besonderen Wertschätzung" erfreut)
Die AKW-GegnerInnen hatten recherchiert und festgestellt, daß in Deutschland 25 Marken
eingetragen sind, die das Wort "Castor" enthalten. Entsprechend war dem Gericht nicht
ersichtlich, daß die eingetragene Marke die erforderliche Alleinstellung für sich
beanspruchen könne.
"Mit dieser Entscheidung stärkt das OLG Hamm diejenigen Domain-Inhaber, die von ihren
politischen Kommunikationsrechten Gebrauch machen und stellt klar, dass der "Markt der
Meinungen" im Internet nicht automatisch dort an seine Grenzen stößt, wo geschäftliche
Interessen (ob vorgeschoben oder tatsächlich) berührt sind", kommentierte der Rechtsanwalt
der AtomkraftgegnerInnen, Meison Amer.
Auch die BetreiberInnen der Web-Seiten sind erleichtert. Schließlich ging es nicht
ausschließlich um den etablierten Domain-Namen, sondern auch um viel, viel Geld.
Allein die Gerichts- und Anwaltskosten wären beim festgesetzten Streitwert von damals
angesetzten 50.000 DM kaum aufzubringen gewesen. Weiter wollte das Gericht zunächst noch
ein Gutachten eines Meinungsforschungs-Instituts einholen, um die These der
"berühmten Marke" verifizieren zu lassen. Veranschlagte Kosten: 15.000 Euro. Für
die klagende GNS nur ein Griff in die Portokasse angesichts der steuerfreien
Milliarden-Rückstellungen der Atom-Mafia. Ein entsprechender
Gerichtskosten-Vorschuß wurde von deren Seite diskussionslos überwiesen.
"Für uns hätte ein anderer Prozeßausgang einen möglichen persönlichen Ruin bedeuten können",
stellen die ehrenamtlich arbeitenden AtomkraftgegnerInnen fest. "Das jahrelange
Gerichtsverfahren hat schon ganz schön an unseren Nerven gezerrt", so der
"www.castor.de"-Webmaster Albert Doninger aus dem Wendland. "Aber auch wenn dieser
Erfolg nur wieder ein kleiner "Nadelstich" ins Mark der
Atomindustrie" sei, so wie die vielen kleinen Aktionen während der CASTOR-Transporte,
beweise man immer wieder: Wir stellen uns überall quer, sind stur und unberechenbar.
Gemäß der Parole der
'Bäuerlichen Notgemeinschaft':
"Niemals aufgeben!"
Ute Daniels
(Quelle: Pressemitteilung der BI Lüchow-Dannenberg)