26.06.2004

Artikel

Mit CBL
ins schwarze Loch

Nach dem Verbot der Cross-Border-Leasing-Geschäfte in den USA stehen hunderte deutsche Gemeinden vor dem Aus

Die Panik in über 200 deutschen Gemeinden ist groß. Am 17.6.04 hat der US-Kongreß endgültig einer Gesetzesänderung zugestimmt, wonach Steuertricks durch sogenanntes Cross-Border-Leasing (CBL) nun abgeschafft werden sollen. Das US-Repräsentantenhaus hat nach dem Senat dem Steueränderungsgesetz ähnlich knapp mit 251 zu 178 Stimmen zugestimmt. Jetzt werden zu recht so manche fragen, was dieses CBL überhaupt bedeutet und warum nach dessen Ende nun bundesdeutsche Kommunen zittern müssen. Das Verfahren des Cross-Border-Leasing bezeichnet ein spezielles Leasing über Staatsgrenzen hinweg, Leasinggeber und Leasingnehmer haben ihren Sitz also in unterschiedlichen Ländern. In der Regel wird CBL durchgeführt, um Steuern zu vermeiden. Meist wird das geleaste Objekt sogar wieder direkt an den Geber zurück vermietet. Durch die unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Länder gibt es nun zwei Eigentümer ein und des selben Objektes. Sowohl Mieter als auch Vermieter verbuchen Erträge und bessern damit ihre Bilanzen auf.

Möglich wurde dieser Bilanzierungstrick durch Deregulierungsmaßnahmen in den USA während der 1990er Jahre. Oft wird CBL dabei als Verkauf mißverstanden. Tatsächlich kommt es nur aus US-steuerrechtlicher Sicht dazu. Ein Verkauf findet jedoch aus deutscher Sicht nicht statt. Die jeweiligen Kommunen geraten jedoch in starke finanzielle Abhängigkeit zum Leasinggeber. Dies hat zur Folge, daß die Gemeinden von den Investoren bei grundlegenden Gesetzesänderungen, die den Profit gefährden, allein finanziell haftbar sind. Übrigens werden aus gegebenen Grund diese Geschäfte grundsätzlich in den USA unterzeichnet. In der Praxis werden kommunale Klärwerke, Kanalsysteme, Heizkraftwerke, Trinkwassersysteme und Schulen an US-Firmen über eine Laufzeit von bis zu 100 Jahren vermietet und dann direkt zurückgemietet.

In Deutschland müssen jetzt nach der Abschaffung des Cross-Border-Leasing etwa 200 Kommunen damit rechnen, wovor zahlreiche Bürgerinitiativen und Kommunalpolitiker seit Jahren gewarnt haben, nämlich mit Regreßzahlungen in enormer Höhe. Die kommunalen Haushaltskrisen würden sich dadurch enorm verschärfen. Nur wenige Gemeinden, wie Kulmbach/Franken und Bergisch-Gladbach, beugten sich den massiven Protesten von Bürgerinitiativen und schlugen CBL-Angebote aus - und sind nun fein raus. Die Großstadt Gelsenkirchen, sowieso schon das Armenhaus des Ruhrgebiets, tappte leichtfertig in die CBL-Falle. Für 21 Millionen Euro wurden Mitte 2002 das städtische Kanalnetz verkauft, Ende 2002 noch dazu 31 Schulen und andere öffentliche Gebäude.

Auch Dortmund, Bochum, Nürnberg, Köln und Recklinghausen tätigten ähnliche Geschäfte. Allein in Österreich haben die bisher durchgeführten Cross-Border-Leasing-Transaktionen nach Schätzungen bereits ein Volumen von rund zwanzig Milliarden Euro erreicht. Kommunales Cross-Border-Leasing wird seit einiger Zeit auch in den Niederlanden, der Schweiz und Belgien angewandt. Durch diese dubiosen Scheingeschäfte internationaler Großbanken (unter anderen Citi-Bank und Deutsche Bank), Versicherungen und Konzerne gingen laut Schätzungen des US-Fiskus dem US-Bundeshaushalt jährlich bis zu 3 Milliarden Dollar Steuern verloren.

 

Falk Hornuß

 

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