Nach dem Verbot der Cross-Border-Leasing-Geschäfte in den USA
stehen hunderte deutsche Gemeinden vor dem Aus
Die Panik in über 200 deutschen Gemeinden ist groß. Am 17.6.04 hat der
US-Kongreß endgültig einer Gesetzesänderung zugestimmt, wonach
Steuertricks durch sogenanntes Cross-Border-Leasing (CBL) nun
abgeschafft werden sollen. Das US-Repräsentantenhaus hat nach dem
Senat dem Steueränderungsgesetz ähnlich knapp mit 251 zu 178 Stimmen
zugestimmt. Jetzt werden zu recht so manche fragen, was dieses CBL
überhaupt bedeutet und warum nach dessen Ende nun bundesdeutsche
Kommunen zittern müssen. Das Verfahren des Cross-Border-Leasing
bezeichnet ein spezielles Leasing über Staatsgrenzen hinweg,
Leasinggeber und Leasingnehmer haben ihren Sitz also in
unterschiedlichen Ländern. In der Regel wird CBL durchgeführt, um
Steuern zu vermeiden. Meist wird das geleaste Objekt sogar wieder direkt
an den Geber zurück vermietet. Durch die unterschiedlichen
Rechtsauffassungen der Länder gibt es nun zwei Eigentümer ein und des
selben Objektes. Sowohl Mieter als auch Vermieter verbuchen Erträge und
bessern damit ihre Bilanzen auf.
Möglich wurde dieser Bilanzierungstrick durch
Deregulierungsmaßnahmen in den USA während der 1990er Jahre. Oft
wird CBL dabei als Verkauf mißverstanden. Tatsächlich kommt es nur aus
US-steuerrechtlicher Sicht dazu. Ein Verkauf findet jedoch aus deutscher
Sicht nicht statt. Die jeweiligen Kommunen geraten jedoch in starke
finanzielle Abhängigkeit zum Leasinggeber. Dies hat zur Folge, daß die
Gemeinden von den Investoren bei grundlegenden Gesetzesänderungen,
die den Profit gefährden, allein finanziell haftbar sind. Übrigens werden
aus gegebenen Grund diese Geschäfte grundsätzlich in den USA
unterzeichnet. In der Praxis werden kommunale Klärwerke,
Kanalsysteme, Heizkraftwerke, Trinkwassersysteme und Schulen an
US-Firmen über eine Laufzeit von bis zu 100 Jahren vermietet und dann
direkt zurückgemietet.
In Deutschland müssen jetzt nach der Abschaffung des
Cross-Border-Leasing etwa 200 Kommunen damit rechnen, wovor
zahlreiche Bürgerinitiativen und Kommunalpolitiker seit Jahren gewarnt
haben, nämlich mit Regreßzahlungen in enormer Höhe. Die kommunalen
Haushaltskrisen würden sich dadurch enorm verschärfen. Nur wenige
Gemeinden, wie Kulmbach/Franken und Bergisch-Gladbach, beugten sich
den massiven Protesten von Bürgerinitiativen und schlugen
CBL-Angebote aus - und sind nun fein raus. Die Großstadt Gelsenkirchen,
sowieso schon das Armenhaus des Ruhrgebiets, tappte
leichtfertig in die CBL-Falle. Für 21 Millionen Euro
wurden Mitte 2002 das städtische Kanalnetz verkauft, Ende 2002 noch dazu 31
Schulen und andere öffentliche Gebäude.
Auch Dortmund, Bochum, Nürnberg, Köln und Recklinghausen tätigten
ähnliche Geschäfte. Allein in Österreich haben die bisher durchgeführten
Cross-Border-Leasing-Transaktionen nach Schätzungen bereits ein
Volumen von rund zwanzig Milliarden Euro erreicht. Kommunales
Cross-Border-Leasing wird seit einiger Zeit auch in den Niederlanden, der
Schweiz und Belgien angewandt. Durch diese dubiosen Scheingeschäfte
internationaler Großbanken (unter anderen Citi-Bank und Deutsche Bank),
Versicherungen und Konzerne gingen laut Schätzungen des US-Fiskus
dem US-Bundeshaushalt jährlich bis zu 3 Milliarden Dollar Steuern
verloren.
Falk Hornuß