Die Zinssenkung der Fed ist verpufft
Die Kurse an der deutschen Börse blieben heute weiterhin unter Druck. Knapp ein halbes Prozent im Minus standen die US-Börsen am Montagabend zum Schluß des Parketthandels in Deutschland. Damit wurde der "Late-DAX" wieder unter die Marke von 7.400 Punkten gedrückt.
Weitere Hiobsbotschaften aus den USA belasteten die Kurse. Gegen 18 Uhr wurde bekannt, daß der US-Immobilienfonds REIT wegen Liquiditätsproblemen einen Großteil seiner Anteile weit unter Marktpreis hatte verkaufen müssen. Und der US-Hypothekenfinanzierer Thornburg sah sich gezwungen, Kredite und anderen Vermögenswerten in Höhe von mehr als 20 Milliarden Dollar abzustoßen.
Dazu, daß die Senkung des Diskontsatzes durch die Fed so schnell verpuffte, trug sicherlich auch bei, daß die Ratingagentur S&P ihre Bonitätsnote für die SachsenLB senkte. Mit der SachsenLB war am Samstag die zweite deutsche Bank nach der IKB in den Sog der Kredit-Krise geraten.(18.08.07) Sie mußte von der DekaBank, anderen Landesbanken und Sparkassen mit einem Kredit über 17,3 Milliarden Euro gestützt werden.
Der Aktien-Kurs der Deutschen Bank sank heftig. Sie hat offenbar in den vergangenen zwei Wochen rund 100 Millionen Euro im Eigenhandel verloren. Nach der Senkung des Diskontsatzes am Freitag soll sie sich reichlich bei der Fed eingedeckt haben.
Da die Kredit-Krise auf die Devisen-Märkte übergegriffen hat, gerät der US-Dollar mehr und mehr unter Druck. In Anbetracht der Entwicklung des Wechselkurses ist es nur eine Frage der Zeit, bis mit einem Kollaps des US-Dollars der große Crash kommt. Die Frage, ob dieser nun unmittelbar bevorsteht, können nur Hellseher beantworten. Und solche gibt es bekanntlich nicht.
Eines ist allerdings klar: Das Schicksal des US-Dollar ist an die Potenz der US-Wirtschaft und deren globalem Vertrauensvorschuß geknüpft. Die Lage in den USA hat sich allerdings in den vergangenen vier Jahren grundlegend gewandelt. Die US-Wirtschaft ist nicht mehr der Motor der Weltwirtschaft - die Konkurrenten Europa, China, Indien und Japan haben mächtig aufgeholt.
Schätzungen zufolge lag das US-Potenzialwachstum 2003 bei 3,5 Prozent und das Leistungsbilanzdefizit bei 600 Milliarden US-Dollar entsprechend 5 Prozent des BIP. Zugleich war die Produktivitätssteigerung in den USA enorm. Bis 2007 jedoch hat sich das US-Wirtschaftswachstum auf rund 2,5 Prozent abgeschwächt - ein deutliches Zeichen, daß aus den irakischen Quellen längst nicht mehr 6 Millionen Barrel pro Tag sprudeln wie noch im April 2003 als das US-Wirtschaftswachstum zeitweilig auf 7 Prozent hochschnellte. Auch das computer- und internetgetriebene Produktivitätswachstum ist vorbei. Parallel zu dieser Entwicklung ist der Kurs des US-Dollars gesunken.
Dennoch wuchs das außenwirtschaftliche Ungleichgewicht. Das Leistungsbilanzdefizit stieg auf 850 Milliarden Dollar entsprechen gut 6 Prozent des BIP. Der Kurs des US-Dollars müßte nun um so schneller fallen. Selbstverständlich aber manipulieren Regierungen und Notenbanken die Wechselkurse. Solange der US-Dollar die Rolle der Leitwährung spielt, orientieren sich aller Währungen an dessen Kurs. Um die Wechselkurse zu stabilisieren, legten Regierungen weltweit gigantische Reserven an US-Dollars an. China beispielsweise hortet Devisen-Reserven an US-Dollar von insgesamt 1,33 Billionen.
Staatsgelder Chinas, Saudi Arabiens und Rußlands gehören inzwischen zu den wichtigsten Quellen der Finanzierung des US-Defizits. 40 Prozent der Nettokapitalzuflüsse nach Amerika haben sie in den vergangenen Jahren ausgemacht, rechnet die OECD vor. Ein Signal auch an private Investoren, weiter in den USA zu investieren. Vor sechs Tagen drohten chinesische FinanzpolitikerInnen damit, diese Devisen auf den Markt zu werfen und so den Absturz des US-Dollars ins Bodenlose auszulösen. Doch China - und ebenso andere auf den Export angewiesene Wirtschaftregionen - sind wirtschaftlich mit den USA so eng verflochten, daß sich eine Wirtschaftskrise in den USA unweigerlich zur Weltwirtschaftskrise ausweitet.
Und ebenso ist klar: Wirft eines der Überschußländer seine Reserven an US-Dollar auf den Markt - oder stoppt auch nur den Kauf frischer Greenbacks - folgt der Kursverfall auf dem Fuße und die Gläubiger erleiden gigantische Vermögensverluste. Weil solche Verluste bislang niemand realisieren will, halten alle still. Dabei handelt es sich allerdings um ein äußerst instabiles Gleichgewicht.
Der Druck wächst. Und derjenige, der als erster - vermutlich heimlich - seine US-Dollars zu noch halbwegs erträglichen Preisen losschlagen kann, mag sich einreden, daß er mit den geringsten Blessuren aus dem Crash hervorgeht. Wie die Dominosteine würden alle anderen im Fallen mitgerissen und gezwungen, ihre Dollar-Reserven möglichst schnell auf den Markt zu werfen. Keiner will als letzter mit dem größten Ausfall übrigbleiben. Ein Analyst hatte kürzlich so treffend formuliert: "Niemand weiß letztlich, wann die Musik zu spielen aufhört und wer dann ohne einen Stuhl zum Sitzen dasteht."
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Zweite deutsche Bank im Sog der Krise
Sparkassen hängen mit drin (18.08.07)
Fed senkt Diskontsatz
"Abwärtsrisiken fürs Wirtschaftswachstum deutlich erhöht"
(17.08.07)
Börsen in Panik
Wartet der Crash noch bis September? (16.08.07)
Bankenkrise kappt Konjunktur
Stimmungsbarometer der Manager verdüstert sich (15.08.07)
EZB pumpte auch heute Milliarden
EZB-Chef Trichet: Bankenkrise beendet
Deutsche-Bank-Chefvolkswirt: Es kommt noch dicker (14.08.07)
Finanzkrise zieht Kreise
EZB pumpt weitere 48 Milliarden in den Geldmarkt
Deutsche Bank und Commerzbank hängen mit drin (13.08.07)
Viel Geld - viel Vertrauen?
Viel Geld ins schwarze Loch gepumpt (11.08.07)
Mit beschleunigtem Tempo Richtung Weltwirtschaftskrise
EZB mußte heute 95 Milliarden Euro in den Geldmarkt pumpen
(9.08.07)
1929 oder 1931?
Deutsche Bankmanager mit Fracksausen (3.08.07)
US-Immobilienkrise erfaßt deutsche Bankenbranche
Weltweite Schockwellen (1.08.07)
Crash an US-Börse
Beginn der Weltwirtschaftskrise? (27.07.07)