4.06.2003

Trittin steht mal wieder
ohne Dosen da

Dosenpfand-System gestoppt

Neuer Akt in der endlosen Schmierenkomödie ums Dosenpfand (die bisherigen Akte sind am Ende dieses Artikels nachzulesen): Der umweltfeindliche Teil der deutschen Getränkeindustrie stoppte das zugesagte Rücknahmesystem für Dosen und Plastikflaschen. Hintergrund seien Bedenken der EU-Kommission - heißt es.

Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, Peter Traumann, fordert Trittin dazu auf, das Dosenpfand auszusetzen. Zwar seien die technischen Arbeiten am Rücknahmesystem im Zeitplan, doch gäbe es "Erkenntnisse", "daß für notwendige Milliardeninvestitionen in ein flächendeckendes Rücknahmesystem derzeit keine Rechtssicherheit besteht".

Anlaß bietet ein Schreiben der EU-Kommission vom 15. Mai an Trittin, das erst Anfang der Woche bekannt geworden sei. Darin kritisiere die Kommission das Pflichtpfand als Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht. Außerdem verwiesen Handel und Industrie erneut auf die "erheblichen Unsicherheiten" mit Blick auf die Auswirkungen des Pflichtpfands auf die Getränkewirtschaft.

Nun drohen Bußgeldverfahren gegen den Handel, der die seit Jahresbeginn geltenden Pfandvorschriften nur teilweise umgesetzt hat - sofern Trittin sich nicht wieder rechtzeitig von Schröder zurückpfeifen läßt.

Die bisherigen Akte:

1998: Bereits beim Regierungswechsel Kohl - Schröder waren die noch unter Bundesumweltminister Töpfer festgelegten Mindestquoten für Pfandflaschen längst unterschritten.

Ende des Jahres 2000 hieß es (BZ, 26.10.2000), das Dosenpfand käme im Sommer 2001. Böse Zungen behaupteten schon damals, spätestens im Sommer 2001 käme das Dementi.

Bereits im Februar 2001 hieß es dann (BZ, 1.02.2001), das Pfand für Dosen und Einwegflaschen würde zum 1. Januar 2002 eingeführt.

Ein Jahr darauf stand unter der Überschrift "Weg frei für Dosenpfand" (BZ, 23.02.2002) zu lesen: "Das umkämpfte Dosenpfand kann noch im Herbst kommen." Weiter hinten im selben Artikel dann: "Vor der Bundestagswahl im September ist mit dem Pfand (...) aber nicht mehr zu rechnen."

Nach der Bundestagswahl hieß es dann, unweigerlich zum 1.01.2003 käme nun das Dosenpfand. Doch die Industrie nahm das nicht ernst - wie auch - und erklärte sich nicht in der Lage, bis zum 1.01. die nötigen technischen Voraussetzungen zu schaffen. Trittin zeigte sich sehr, sehr wütend.

Im Dezember 2002 versprachen die Verbände, bis zum 1. Oktober 2003 ein bundesweit einheitliches Rücknahmesystem für bepfandete Einwegflaschen und Getränkedosen einzuführen. Gerührt versprach Trittin die Duldung einer Übergangslösung. Demnach können VerbraucherInnen bislang das Pfand für ihre leeren umweltschädlichen Behälter nur dort zurückfordern, wo sie sie gekauft haben. Treu und unverbrüchlich im Glauben erwartete Deutschland den Oktober...

 

Harry Weber

 

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