2.11.2007

Doku

Realsatire:
Elite-Universität Freiburg
und Pseudowissenschaft

Heute wurde in der 'Badischen Zeitung' auf Seite 8 im Kontext "Elite-Universität' folgender Text veröffentlicht, den wir hier ungekürzt dokumentieren. Jeder Satz ein Lacher - da kann selbst Harald Schmidt nicht mithalten:

"Du kaufst, was du bist oder sein willst"
*.*, Wissenschaftlerin am Lehrstuhl für Marketing und Gesundheitsmanagement

In dieser Rubrik stellen sich Menschen vor, die an der Universität arbeiten - entweder in der Lehre oder in der Forschung.

In meiner Doktorarbeit beschäftige ich mich mit sogenannten Selbstkongruenz-Effekten der Markenkommunikation, einer Kombination aus Betriebswirtschaftslehre und Psychologie, die sich in unserer Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftlichen Fakultät sehr gut umsetzen lässt. Ich stütze mich auf die Theorie von der Ähnlichkeit unter Partnern. Man fühlt sich zu einem Partner umso stärker hingezogen, je mehr tatsächliche und idealisierte Ähnlichkeiten man in ihm entdeckt. Diese Theorie genießt derzeit in der Betriebswirtschaftslehre eine sehr große Popularität.

Auf den Markenkontext übertragen behauptet sie: Du kaufst, was du bist oder sein willst. Wenn sich die Produktqualitäten angleichen, müssen sich die sogenannten Alleinstellungsmerkmale einer Marke auf der psychischen Ebene zeigen. Der Mehrwert, den die meisten Produkte für die Konsumenten haben, liegt zunehmend weniger auf der technisch-qualitativen Seite, sondern stärker in einer selbstkongruenten Markenfacette.

Die Werbung für Coca-Cola vermittelt den Eindruck, dass man gut aussehende und fröhliche Freunde hat, wenn man Coca-Cola trinkt. Aber die Selbstkongruenzeffekte gehen darüber hinaus. Neue Werbemethoden verzichten bewusst auf Supermodels, sondern zeigen normale Frauen, weil diese Werbung authentischer, glaubwürdiger, und eben auch kongruenter rüberkommt.

Dass der Effekt etwa bei psychologischen Markenimageassoziationen funktioniert, gilt als erwiesen. Darüber hinaus frage ich mich aber auch, ob die empfundene Kongruenz zwischen Marke und Verbraucher auch auf physiologischer Ebene von Relevanz ist. Ob es etwa eine optische Kongruenz gibt, die die Kaufbereitschaft stimuliert, weil normalgewichtige Models dem Selbstbild des Verbrauchers ähneln und damit das Markenimage selbstkongruenter empfunden wird.

Als Vertreterin der Betriebswirtschaftslehre sehe ich das Ergebnis meiner Forschungen in der Beratung des Markenmanagements und wehre gleichzeitig den Vorwurf der Konsumentenmanipulation ab. Sieht man den Verbraucher als mündiges Individuum, dann kann dieses selbst Vor- und Nachteile eines Produkts abwägen. Ich glaube, es gibt kein so starkes Werbeinstrument, das den Verbraucher gegen seinen Willen zum Konsum verführen kann. In unserer Gesellschaft wächst das Bedürfnis nach Selbstbestätigung und Eigendefinition. Zum Teil erfolgt diese eben durch Konsum. Die Werbung kann diesen aber immer nur so weit steuern, wie man sich steuern lässt.

Aufgezeichnet von Wulf Rüskamp

 

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Anmerkung

*.* Wir verzichten darauf, den Namen der jungen Studentin hier zu veröffentlichen, da es uns nicht darum geht, sie der Lächerlichkeit preiszugeben. Sie ist selbst nicht nur Täterin, sondern zugleich Opfer. Vielleicht kann sie irgendwann einmal über diesen pseudowissenschaftlichen Unsinn lachen und dann doch noch etwas Vernünftiges werden. Unser Dank gilt BZ-Redakteur Wulf Rüskamp, der mit dieser "Aufzeichnung" - sicherlich ungewollt - eine der schärfsten Realsatiren der letzten Wochen eingefangen hat.

 

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