17.07.2005

Emilie Meyer ist tot

UmweltschützerInnen und AtomkraftgegnerInnen trauern

Emilie Meyer, von FreundInnen kurz Emily genannt, starb am Samstag, 16. Juli mit 82 Jahren. Seit über dreißig Jahren ist sie als engagierte Umweltschützerin in Freiburg und am Kaiserstuhl bekannt. Sie gehörte zu den PlatzbesetzerInnen im Wyhler Wald und zu den unermüdlichen MitstreiterInnen gegen das AKW Fessenheim. Mutproben legte sie mehrmals auch in Freiburg ab, wo sie nicht zuletzt in ihrem Wohnquartier, der Wiehre, Bäume vor der Motorsäge rettete. Noch heute ist oft davon die Rede, daß sie sich auch mit über 60 Jahren nicht scheute, auf einen Baum zu klettern, um ihn vor der laufenden Motorsäge zu retten. Auch an der Gründung der Freiburger Ökostation war sie maßgeblich beteiligt. Eine herbe Niederlage bedeutete für sie der Bau der B-31-Ost, gegen den sie zusammen mit einer Bürgerinitiative gekämpft hatte, und die Abholzungen im Konrad-Guenther-Park im Jahr 2002. In der Zeit der Dreisameck- und der Schwarzwaldhofbesetzung gewann sie das Vertrauen vieler junger Menschen, indem sie sich als Vermittlerin zwischen Polizei und BesetzerInnen einmischte.

Ob als Friedensaktivisten - sie war zu Beginn der 80er Jahre an den Sitzblockaden vor dem Raketen-Depot Mutlangen beteiligt - oder als Kämpferin für die Rechte der Frau stand sie immer der außerparlamentarischen Bewegung näher. Sie war mit dabei, als die Grünen 1982 noch aus Protest gegen die undemokratische Machtfülle eines Oberbürgermeisters in Freiburg mit mehreren KandidatInnen zugleich in den Wahlkampf zogen.

Eine der vielen Geschichten, die sie immer wieder gerne erzählte, ist, wie sie Mitglied der Grünen wurde. Von jungen Freundinnen war sie zu einer Mitgliederversammlung des Freiburger Kreisverbandes eingeladen worden. Ein konservativer Grüner mit Doktortitel zog in einer Rede gegen ein junges Mitglied vom Leder, das ihm einen schon sicher gewähnten Sitz im Landesvorstand weggeschnappt hatte. Emily wandte sich flüsternd in die Runde, wer denn dieser "schlimme Linke" sei. Ein junger Mann ihr gegenüber antwortete grinsend: "Ich". Da habe sie beschlossen, wenn es da "so nette Leute" gäbe, selbst beizutreten. Als originär grüne Kommunalpolitikerin gehörte sie von 1984 bis 1997 dem Freiburger Gemeinderat an.

Den Beginn der Karriere eines anderen jungen Grünen, Dieter Salomon, in Freiburg betrachte sie hingegen mit wachsender Skepsis. Sie scheute sich auch später nicht, als Salomon in Freiburg Oberbürgermeister geworden war, ihre Meinung drastisch kund zu tun. Ein "diebisches Vergnügen" bereitete es ihr nach eigenen Worten, das Bundesverdienstkreuz aus den Händen von OB Salomon entgegenzunehmen. In Freiburg und auch anderswo, wo sie in allen Bevölkerungsschichten sehr beliebt und selbst bei vielen politischen GegnerInnen hoch geachtet war, wird ihre Bescheidenheit und ihre herzhafte, zupackende Art, sicher noch lange in lebendiger Erinnerung bleiben.

 

Klaus Schramm

 

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