esoterische Skalarwellen in der Uni Stuttgart
Prof. Dr Konstantin Meyl ist der Entdecker der "Skalarwellen" - jedenfalls meint dies eine potente und einflußreiche Schar von
Jüngern, die nun gar am 25. Oktober einen Kongreß in den Mauern der Universität Stuttgart abhält1. Formell
tritt als Veranstalterin die DGEIM (Deutschen Gesellschaft für Energetische und InformationsMedizin) auf, deren zweiter
Vorsitzender eben jener Prof. Meyl von der Fachhochschule Furtwangen ist.
Bislang gelten in der Physik lediglich elektromagnetische Wellen als existent, die senkrecht zur Ausbreitungsrichtung
schwingen. Schallwellen hingegen breiten sich als Longitudinalwellen aus, was modellhaft durch eine sich fortpflanzende
Stauchung in einer durch Federn miteinandere verbundenen Reihe von Kugeln dargestellt werden kann. "Skalarwellen"
seien nun - so die Erklärung - elektromagnetische Longitudinalwellen. Mit deren Hilfe könne nun einerseits Krebs und
vieles mehr geheilt werden. Und andererseits seien "Skalarwellen" wegen hochgradiger Durchdringungsfähigkeit äußerst
gefährlich. In Szene-Zeitschriften wie beispielsweise 'CO'MED' , was für komplementäre Medizin steht, findet die
Entdeckung des Prof. Meyl große Beachtung.
Während sich in früheren Zeiten "Schulphysik" und "Schulmedizin" - gemeint ist damit vielfach der universitäre
Wissenschaftsbetrieb - gegenüber nicht-anerkannten Theorien oft mit Ignoranz oder gar Arroganz auszeichneten, geben
sich heute Wissenschaftler häufig große Mühe, Theorien, die nicht bewiesen sind, mehr oder weniger
populärwissenschaftlich zu "widerlegen". Im Grund ist dies überflüssig, den jede neue Theorie steht in der Beweispflicht.
Was nicht existiert, kann höchstens im Falle innerer Widersprüche und/oder fehlerhafter Schlußfolgerungen widerlegt
werden. In der Regel jedoch kann die "Widerlegung" nicht mehr sein als ein Hinweis auf Lücken in der Argumentationskette
des angeblichen Beweises. Allerdings sollte eine solche Auseinandersetzung - ohne jede Arroganz - auch gegenüber
nicht-akademischen Forschern oder Möchtegern-Forschern als selbstverständlicher Teil eines aufklärerischen Diskurses
verstanden werden.
Im Falle der "Skalarwellen" kann Prof. Dr. Gerhard W. Bruhn vom Fachbereich Mathematik der Technischen Universität
Darmstadt beides aufzeigen: Sowohl eine fehlerhafte Beweisführung als auch erhebliche Lücken2. Prof. Meyl
versuchte sich an der Lösung einer Differential-Gleichung, die allerdings eine stationäre Lösung besitzt. Werden die
Fehler in Meyls Berechnungen korrigiert und dessen unvollständige Beweisführung zu Ende geführt, ergibt sich exakt
das aus der "Schulphysik" bekannte Ergebnis. Die Schlußfolgerung von Prof. Bruhn, "es gibt keine Meylschen
Skalarwellen", ist allerdings ebenso voreilig wie jene, aus einer mißlungenen Theodizee auf die Nicht-Existenz Gottes.
Es genügt, in aller Bescheidenheit darauf zu beharren, daß wir nicht glauben müssen. Auf die "experimentellen"
Bestätigungen der Meylschen Theorie geht Prof. Bruhn darüber hinaus mit allem Ernst ein, obwohl sie ganz offensichtlich
an Scharlatanerie grenzen.
In einer Hinsicht will ich mich jedoch wiederum Prof. Bruhn anschließen. Auch wenn es auf dem Hintergrund historischer
Erfahrungen als Arroganz mißverstanden werden kann, möchte ich abschließend eine sarkastische Anmerkung Prof.
Bruhns zitieren: "...Doch die Antwort dieser Tagung steht schon vorher fest: Keine Skalarwellenmedizin ohne
Skalarwellen. Das heißt aber: Man möchte einen Tag lang über nichts anderes als NICHTS reden".
Solveig Brendel
Anmerkungen:
1 http://www.dgeim.de
2 http://www.mathematik.tu-darmstadt.de/~bruhn/DGEIM-Tagung_2003.htm