30 Jahre nach seinem legendären Auftritt bei Wim Thoelkes ZDF-Quizsendung "3 x 9" war Uri Geller bereits am 28. Januar 2004 zu Gast in Günter Jauchs Fernsehsendung 'Stern TV'. Dort verbog er Löffel, brachte angeblich kaputte Uhren zum Laufen und so einiges mehr. Alles wie zu alten Zeiten. Am 14. November 2004 trat er nun wieder in einer eigens produzierten Show bei RTL auf. Hat Uri Geller also Psi-Fähigkeiten oder ist er lediglich ein Zauberkünstler?
In der gestrigen TV-Sendung zeigte Geller einmal mehr seinen Löffel-Trick, bei dessen Ausführung er jedoch bereits vor etlichen Jahren mit der verdeckten Anwendung einer Chemikalie erwischt worden war. Auch die TV-ZuschauerInnen wurden erneut zum Mitmachen und "Löffelbiegen" animiert. Ein weiteres altbekanntes "Experiment" war das Anheben eines Menschen auf einem Stuhl mit Hilfe mehrerer "Assistenten", die den Stuhl allein mit ihren Zeigefingern anheben konnten. Es folgte ein "Telekinese-Experiment" mit dem deutschen Schlagersternchen Yvonne Catterfield.
Zunächst einmal läßt sich feststellen, daß sich Uri Geller bei seinen im Vergleich zu Zirkus- und Variété-Zauberkünstlern keineswegs spektakulären Tricks niemals vor einer Show festlegen läßt, welche er zeigen wird. Er wirkt bei Auftritten meist sehr hektisch, springt von einer Stelle zur anderen und nutzt die unübersichtliche Situation geschickt aus, um in günstigen oder aufgrund des Blickwinkels schwer beobachtbaren Situationen einen passenden Trick anzuwenden - ebenso wie dies Zauberkünstler tun, die sich nicht auf "übersinnliche" Fähigkeiten berufen. Er nutzt also geschickt jede günstige Situation um einen Effekt herbeizuführen oder sich als "Vermittler" für besondere Kräfte anderer darzustellen.
Geller bedient sich solcher Tricks, die in der konkreten Situation den besten Erfolg versprechen. Wenn das nicht geht, tut er auch mal gar nichts. Das ist ihm inzwischen lieber, als Spuren zu hinterlassen und sich der Gefahr auszusetzen, womöglich als bloßer Trickzauberer entlarvt zu werden. Es gibt schon aus den 1970er Jahren Arbeiten [Marks/Kammann 1977], die sein Vorgehen gut beschreiben (siehe auch Randi 1982, Hergovich 2001).
Zauberkünstler benutzen gerne auch eingeweihte Helfer. Geller hat meist seinen Helfer Shipi Strang dabei, der im Hintergrund wirken kann und oft nicht so streng beobachtet wird.
Einige Tricks konnten sich Zauberkünstler sofort erklären, für andere sind im Laufe der Zeit mehrere Methoden gefunden worden. Einige seiner Tricks waren schon vor Gellers Auftritten im Profi-Repertoir vorhanden, andere sind inzwischen Standard in der Mentalmagie. Wie jeder Zauberkünstler hat Geller den Vorteil, daß die Erklärungen seiner Tricks der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt sind.
Auch beim Verbiegen von Löffeln nutzt Geller mehrere Tricks. Zum einen besteht häufig die Gelegenheit, die Unaufmerksamkeit während der unmittelbaren Vorbereitung einer TV-Sendung zu nutzen und einen Löffel zu entwenden, um ihn in der Garderobe oder auf der Toilette zu präparieren oder auszutauschen.
Ein anderer Trick funktioniert auf die Art, daß der Löffel in einem unbemerkten Augenblick, in dem die ZuschauerInnen abgelenkt werden, durch reine Kraftanwendung verbogen wird. Durch geschicktes Halten der Hände wird der verbogene Griff bereits vorab verborgen. Erst danach wird durch geschicktes Sichtbarmachen des verbogenen Löffels der Eindruck erweckt, der Löffel biege sich langsam durch das Streicheln mit dem Finger der anderen Hand.
Beim Hebetrick wird eine auf einem Stuhl sitzende Person von vier anderen Personen nur mit den Zeigefingern angehoben. Zur scheinbar "magischen" Vorbereitung sollen dabei die vier Heber ihre Hände zunächst über dem Kopf der anzuhebenden Person zu einer "Pyramide" übereinanderlegen. Die Handpyramide ist jedoch bei diesem Hebespiel überhaupt nicht nötig. Es kommt lediglich darauf an, daß vier Personen koordiniert und gleichzeitig anheben, etwa nachdem eine laut bis 3 gezählt hat und koordiniert den Befehl zum Heben gibt. Jeder hebt bei einer 100 Kilogramm schweren Person nur 25 Kilogramm, pro Hand also 12,5 Kilogramm. Das kann man einfach selbst ausprobieren. Der oft anfänglich demonstrierte erfolglose Versuch, die Person ohne die BIldung einer Handpyramide anzuheben, ist ein Ablenkungsmanöver: Es funktioniert nicht, weil nicht koordiniert und gleichzeitig gehoben wird. Mit übersinnlichen Kräften hat dieses Partyspielchen nichts zu tun (siehe auch Bördlein 2002).
Eine beliebte Masche von Geller ist es, Dinge für sich zu reklamieren, die ganz natürlich passieren: Ein berühmtes Beispiel ist das "Anhalten" der Uhr von Big Ben, wobei die Uhr aus anderen Gründen angehalten wurde. Das kann zum Beispiel am Ende eines Jahres geschehen, um die Uhr zu synchronisieren. Hin und wieder mußte die Uhr auch zu Wartungszwecken angehalten werden. Interessant ist, daß Geller - außer wenn ein Termin bereits bekannt ist - noch nie vorher sagen konnte, wann die Uhr anhalten sollte.
Im Fernsehen nutzt er die Statistik der großen Zahlen. Wir illustrieren dies am Beispiel von Glühbirnen: So müßten bei 4 Millionen Zuschauern statistisch gesehen in jeder Minute einer SternTV-Sendung etwa 50 Glühbirnen kaputtgehen, wenn man annimmt, daß pro Zimmer eine Birne brennt und daß eine Birne eine Lebensdauer von 1000 Stunden hat.
Da einige stehen gebliebene Uhren nach Schütteln und Erwärmen zumindest vorübergehend wieder gehen, kann man bei den Zuschauern erwarten, daß eine große Menge Uhren aus ganz natürlichen Gründen wieder gehen. Tausende Anrufe sind kein Wunder. Es wäre vielmehr ein Wunder, wenn nichts geschehen würde.
Was die anrufenden und geladenen Zuschauer berichten, stimmt sicherlich, doch solche Ereignisse sind einfach aufgrund der großen Zuschauerzahl unvermeidbar.
Uri Geller wurde am 20. Dezember 1946 in Tel Aviv (Israel) geboren und lebt heute in England. Seine Karriere begann er als Zauberkünstler. Hergovich (2001) berichtet, daß Geller während eines Engagements in Tel Aviv vom Theaterbesitzer dabei ertappt wurde, wie ihm sein Helfer Shipi Strang Zeichen aus dem Publikum gab. Während einer Fernsehaufnahme wurde von Skeptikern gefordert, daß die von ihm "mental" zu ermittelnden Wörter rückseitig auf die Tafel geschrieben werden, damit das Publikum sie nicht lesen kann, um so eine Mitteilung durch einen Helfer zu verhindern. Geller lehnte dies wütend ab und die Fernsehsendung wurde anschließend abgebrochen. Daraufhin wurde in der 'Jerusalem Post' am 5. Oktober 1970 ein vernichtender Artikel über Geller geschrieben. Doch Geller trat weiterhin auf und wurde in den siebziger Jahren weltweit für das Verbiegen von Löffeln und Gabeln bekannt.
Im April 1992 wollte Uri Geller in Miami, Florida, 4 Millionen Dollar Schadenersatz einklagen für Aussagen über ihn, die in den Büchern "Physics and Psychics" von Victor Stenger und "The Transcendental Temptation" von Paul Kurtz gemacht wurden. Der Anwalt von Prometheus Books sagte, daß die Anklagen grundlos waren und zu Sanktionen gegenüber Geller führen würden. Tatsächlich verwarf am 4. Februar 1994 das Gericht die Klage und verurteilte Geller zur Zahlung von 49.148,92 Dollar an Prometheus Books innerhalb von 30 Tagen. Nachdem Geller nicht gezahlt hatte, wurde eine erneute Strafe in Höhe von 20.272,89 Dollar festgesetzt. Die 20.272,89 Dollar plus Zinsen zahlte Geller schließlich. Hierzu Paul Kurtz, Geschäftsführer von Prometheus Books: "Wir waren erleichtert. Es waren lange und schwierige zwei Jahre, aber es zeigt auch, wie wichtig es ist für die eigenen Überzeugungen zu kämpfen. Offenbar funktionierten die paranormalen Kräfte von Geller nicht, als er sich zu klagen entschied. Es wird immer wieder versucht, wissenschaftliche Kritik zum Schweigen zu bringen und die Pressefreiheit einzuschränken."
Geller klagte auch unabhängig davon gegen Professor Stenger in Hawaii, wo er jedoch ebenfalls unterlag. Wegen einer weiteren grundlosen Klage mußte Uri Geller 40.000 Dollar von insgesamt 120.000 Dollar an CSICOP (Committee for the Scientific Investigation of Claims of the Paranormal) als Teil einer außergerichtlichen Einigung zahlen. Dies beendete eine vier Jahre währende Auseinandersetzung vor den Gerichten in Washington D.C., die mit einer Anklage gegen CSICOP in Höhe von 15 Millionen Dollar begonnen hatte. Diese Klage beruhte auf einer Aussage von James Randi, der in einem Interview mit dem International Herald Tribune gesagt hatte, Geller hätte selbst angesehene Wissenschaftler mit Tricks von der Art getäuscht, die er als Kind auf der Rückseite von Cornflakes-Packungen fand.
"Offenbar essen Wissenschaftler keine Cornflakes mehr," hatte Randi gesagt. CSICOP bekam Recht, daß diese Klage unbegründet war und bekam schließlich fast 150.000 Dollar zugesprochen. Gellers Versuche, Revision einzulegen, scheiterten allesamt. Er wurde außerdem angewiesen, weitere Klagen gegen Prometheus Books und Skeptiker in London fallen zu lassen. Barry Karr, CSICOP-Geschäftsführer, sagte: "Auch wenn Geller am Ende etwas weniger als 150.000 Dollar zahlen muß, sind wir mit unserem Sieg sehr zufrieden."
Es ist nicht Aufgabe der Kritiker zu beweisen, daß alle Effekte Gellers natürlicher Art sind. Dies wäre auch unmöglich, genauso, wie die Nichtexistenz des Pumuckl zu beweisen. Umgekehrt kann aber die Existenz von etwas bewiesen werden. Die Beweispflicht haben diejenigen, die etwas behaupten. Geller hat seine behaupteten Fähigkeiten bisher nicht unter kontrollierten Bedingungen zeigen können. Es gibt keinen stichhaltigen Grund dafür, daß seine Effekte nicht mit bekanntem Wissen erklärbar sind. Die einzige seriöse Veröffentlichung, die über einen positiven Testausgang berichtet, ist die von Targ und Puthoff (1974) in der Zeitschrift Nature. Diese Arbeit ist jedoch aufgrund methodischer Mängel heftig kritisiert worden (siehe Randi 1982, Hergovich 2001). Im Übrigen ging es bei diesem Experiment nur um außersinnliche Wahrnehmung, nicht um Gellers vermeintliche psychokinetischen Fähigkeiten.
Geller hat die Möglichkeit, seine Fähigkeiten bei dem 1-Million-Dollar-Test von James Randi zu beweisen. Bislang hat er diese Herausforderung nicht angenommen.
Solveig Brendel
Anmerkungen
Literatur:
Boerdlein, Christoph (2002): Das sockenfressende Monster in der Waschmaschine. Eine Einführung ins skeptische Denken, Alibri Verlag.
Henke, Rudolf (1997): Uri Geller und seine Fernseh-Tricks. In: Skeptiker, Heft 3, S. 82 - 87.
Hergovich, Andreas (2001): Der Glaube an Psi - Die Psychologie paranormaler Überzeugungen, Verlag
Knorr, Alexander (2001): "Ich bin ein Mann der Täuschung, nichts weiter: Werry und der Faktor PSI," in:
Witt, H.-G. (Hrg.): 'Werry', S. 144-176. Krefeld: Verlag Magische Welt.
Marks, David (2000): The Psychology of the Psychic, Prometheus Books
Marks, D., & Kammann, R. (1977): "The Nonpsychic Powers of Uri Geller." Zetetic 1 (2): 9-17.
Pogue, David (2003): Zaubern für Dummies - Sonderausgabe, Bonn.
James Randi (1982): The Truth about Uri Geller, Prometheus Books
James Randi (2001): Lexikon der übersinnlichen Phänomene, München.
Targ, R. & Puthoff, H.E. (1974): Information transmission under conditions of sensory shielding. Nature, 251: 602-607.