Noch am 11. Juli hieß es, Außenminister Fischer habe nach "erheblichem Druck" und "in letzter Minute" die
Aufnahme des EURATOM-Vertrages1 in die neue europäische Verfassung abgelehnt. Viele in
der Anti-AKW-Bewegung und Grüne (Reste der echten) an der Partei-Basis freuten sich schon und glaubten
Herrn Fischer mal wieder. Endlich einmal - so die Hoffnung - habe die Erinnerung an den "rot-grünen"
Koalitionsvertrag mit seinem Bund
verheißungsvoller Versprechungen (unter anderen: Beendigung des EURATOM-Vertrages bei der nächsten
EU-Vertragsreform) gefruchtet...
Tatsächlich war aber bereits zu diesem Zeitpunkt bekannt, daß der Beschluß des Bundestages von Mitte März,
die Subventionierung der Atom-Mafia zu beenden, durch das Außenministerium hinausgezögert wurde. Forderungen
wurden wieder laut, Fischer müsse "eine schnelle Vertragsstaatenkonferenz initiieren und den EURATOM-Vertrag
aufkündigen".
Vierzehn Tage später wurde die Täuschung bemerkt: "Der grüne Außenminister Joschka Fischer hat sich zwar
dafür eingesetzt, daß EURATOM eine eigene Rechtspersönlichkeit erhält und damit nicht in die Verfassung als
solche integriert wird. Trotzdem wird der EURATOM-Vertrag, der im übrigen unbefristet ist, damit unverändert in
ein neues
gesamt- europäisches Vertragswerk überführt", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme mehrerer Umweltverbände.
Nichts desto trotz wird erneut die Forderung an Fischer gerichtet, "eine Vertragsstaatenkonferenz zur Beendigung des
EURATOM-Vertrages" initiieren. Humor ist diesen Verbänden nicht abzusprechen.
Nach wie vor wird Atomkraft als einzige Energie gegen den Willen der Mehrheit der Menschen in der EU auf der
Grundlage des EURATOM-Vertrages aus europäischen - und damit auch deutschen - Steuergeldern subventioniert.
Zu einem großen Teil fließen die Finanzmittel an die Tochter Siemens-Framatome des Siemens-Konzern zur
Entwicklung des neuen "europäischen" Atomreaktortyps EPR. Bereits vor rund einem Jahr wurde bekannt, daß
auf Finnland Druck ausgeübt wurde, um einen Auftrag für den EPR zu erhalten. Von Beginn an diente der sogenannte
Atom-Ausstieg allein dem
Zweck, den Widerstand gegen die Atomenergie einzuschläfern und diese insgeheim weltweit zugleich am Leben zu
erhalten2. Bereits beim Amtsantritt von Georg W. Bush hoffte die internationale Atom-Mafia auf
eine "Renaissance der Kernenergie"...
Und weiterhin fördert die "rot-grüne" Bundesregierung weltweit Atom-Geschäfte mit Hermesbürgschaften. Ende Juni
richtete Siemens eine Voranfrage an den Interministeriellen Ausschuß (IMA), um sich eine Hermesbürgschaft für
den Bau des neuen finnischen AKWs FIN 5 zu sichern. Umgehend wurde in einem "letter of interest" eine Bürgschaft
in Aussicht gestellt. Auch Bürgschaften für den Bau des brasilianischen AKWs Angra 3, die Nachrüstung des
slowakischen AKW Mochovze oder die bulgarischen Reaktoren Kosloduj 5 und 6 sind in Vorbereitung. Es drängt
sich die Frage auf, ob Siemens Antragsteller bei der Bundesregierung oder die Bundesregierung eine Agentur von
Siemens ist.
Frank Bayer
Anmerkungen:
1 Siehe unseren Artikel
Start des Anti-Atom-Volksbegehrens (11.06.03)
2 Siehe unseren Artikel
Statt Atom-Ausstieg - Atom-Geschäfte weltweit (5.04.01)