30.08.2003

Artikel

Der Tanz der Fledermäuse

Heute Nacht ist die Nacht der Fledermäuse

Nicht daß Sie meinen, Sie müßten sich jetzt als Fledermaus oder Vampir verkleiden, als Batgirl oder Batman auf Verbrecherjagd gehen... Die Nacht vom 30. auf den 31. August ist nun bereits zum siebten Mal offizielle Europäische Fledermaus-Nacht. Denn die realen Fledermäuse, und davon gibt es hierzulande noch einige Arten, sind vom Aussterben bedroht.

Durch vielfältige Aktionen, Exkursionen, Feste, und Preisausschreiben (siehe auch: www.batnight.de), soll bei der Bevölkerung Sympathie und Interesse für die kleinen flatternden Säugetieren geweckt werden. In vielen Städten und Gemeinden gibt es heute Nacht offizielle Fledermausführungen. Denn wenn sich auch kein Mensch heute mehr vor Vampiren fürchtet, kann die unverhoffte Begegnung mit den nächtlichen Flatterern doch einen kleinen Schreck oder Ratlosigkeit bewirken. Wie erst in den letzten Wochen aus Freiburg und Breisach gemeldet, kommt es gerade im August und September ab und zu vor, daß sich ein Schwarm Fledermäuse durch die nachts zur Kühlung geöffneten Fenster in eine menschliche Behausung verirrt. "Das ist kein Grund zur Panik", meint Jürgen Hurst von der Kaiserstühler NABU-Gruppe. "Die Tiere haben keine blutrünstigen Absichten, sondern suchen nur einen Schlafplatz für den Tag. Wenn die Fenster geöffnet und die Vorhänge beiseite gezogen sind, fliegen sie in der Abenddämmerung alleine wieder hinaus."

Von den Fledermaus-Arten, die in Baden-Württemberg vorkommen, neigt nur eine dazu, in Zimmer zu fliegen: die Zwergfledermaus. Mit zusammengefalteten Flügeln ist die Zwergfledermaus kleiner als ein Daumen. Ein Schwarm kann zwischen zehn und 50 Tiere umfassen. Meist sind es unerfahrene Jungtiere, die in der Morgendämmerung auf der Suche nach einem geeigneten Quartier durch gekippte Fenster in die Wohnungen gelangen. Die Tiere hängen sich gerne in Vorhänge ein. Das beste ist dann, den Abend abzuwarten und ihnen dann freie Bahn zu lassen. Sicherheitshalber sollte dennoch hinterher die Wohnung abgesucht werden, denn manche Nachzügler verstecken sich in den Falten von Vorhängen und Gardinen, hinter Bildern oder gar in Vasen. Sie können problemlos zwischen zwei Hände genommen und dann auf dem Fenstersims "entlassen" werden. Daß die geschützten und wegen der Vertilgung von Stechmücken und anderen Insekten für uns Menschen auch sehr nützlichen Tiere behutsam behandelt werden sollten, müßte eigentlich selbstverständlich sein.

Bevor die Fledermäuse in den letzten Jahren durchs Kino und das Musical "Tanz der Vampire" populär wurden, hatten sie lange Zeit ein schlechtes Image. Sie galten als teuflische Geschöpfe, Höllenbrut, Todesboten, Blutsauger oder schlicht als Ungeziefer. Noch Mitte der achziger jahre rangierten sie bei Meinungsumfragen in der allgemeinen Beliebtheit zusammen mit Ratten auf den untersten Rängen. Doch in neuerer Zeit wächst die Sympathie und das Interesse an den himmlischen Nachttieren, nicht zuletzt dank der Fledermaus- ForscherInnen und dem Engagement vieler ehrenamtlicher NaturschützerInnen.

In der zoologischen Systematik handelt es sich um Fledertiere (Chiroptera), deren Unterordungen die in den Tropen vorkommenden Flughunde (Megachiroptera) und Fledermäuse (Microchiroptera) sind. Umgangssprachlich werden aber meist alle schlicht als Fledermäuse bezeichnet. Weltweit gibt es etwa 900 Fledermausarten, davon 37 in Europa und in Deutschland 24, die alle geschützt sind. In diesem Jahr wurden bereits zwei neue Arten von Langohrfledermäusen entdeckt, Plecotus sardus auf Sardinien und Plecotus Alpinus in den französischen Hochalpen. Neue morphologische und genetische Untersuchungsmethoden ermöglichen eine viel genauere Bestimmung. Mit dem Auffinden weiterer Arten ist zu rechnen. In vielen Bereichen wie dem Verhalten und der Ökologie besteht zudem noch viel Forschungsbedarf.

Wie viele Arten bereits ausgestorben sind, ist kaum zu erahnen. Die Tiere haben in Deutschland keine natürlichen Feinde, aber ihre Population wurde durch den Einsatz von hochgiftigen Insektiziden, dem Verschluß von Höhlen und alten Gebäuden oder deren Abriß stark reduziert. Heute sind nicht mehr die Umweltgifte das größte Problem, sondern die Zerstörung ihrer Lebensräume. Seit 1991 gibt es das Abkommen zur Erhaltung der Fledermäuse in Europa (Eurobats), dem inzwischen 27 Staaten beigetreten sind. Es verpflichtet zu einem umfassenden Schutzprogramm aller Arten von der Nacktbäuchige Tempelfledermaus über die Mopsfledermaus bis zu Hemprichs Schlitznasenfledermaus.

Das Eurobats-Sekretariat hat Sitz in Bonn und ist auch Initiator der europäischen Fledermausnacht. Sie findet dieses Jahr zum siebten Mal statt. In Deutschland gibt es einen Kooperation mit dem Naturschutzbund (NABU), bundesweit werden Fledermaus- Beobachtungen, Dia-Vorträge, Wanderungen auf Batmans Spuren, Naturerlebnistage und Feste veranstaltet.

Ein bißchen Sympathie und ein klein wenig mehr Toleranz und Rücksicht der Menschen ist nötig, um die Lebensräume der Fledermäuse zu erhalten. Sie leben überall: in den Großstädten, in Parks, im Wald, auf dem platten Lande, aber auch am Wasser. Wichtig ist, den Winterschlaf der kleinen Flugkünstler nicht zu stören. Von Oktober bis März hängen sie in Höhlen oder alten Bergwerkstollen und fahren ihren Stoffwechsel auf ein Minimum herunter. Wenn sie aufwachen, kann das ihr Tod ein, weil dann die Energiereserve nicht mehr bis zum Frühling reicht. Am besten geht man leise gleich wieder raus, wenn man eine Kolonie entdeckt. Auf keinen Fall sollten die Tiere direkt mit einer Lampe angestrahlt werden, zu vermeiden ist auch Lärm und das Anzünden eines Feuers.

Die verschiedenen Fledermaus-Arten haben sich viele Nischen erobert, aber die moderne Bauweise von Häusern und die intensive Forstwirtschaft machen ihnen das Leben schwer. Die alten Bäume mit Hohlräumen werden gefällt, alte Scheunen abgerissen, jede noch so kleine Ritze an Gebäuden verstopft und es wird für sie immer schwieriger, Quartiere zu finden. Dabei genügen vor allem den Zwergfledermäusen kleine Zwischenräume, sie hängen sich zum schlafen auch kopfüber hinter Dachpfannen oder Firstbalken. Größere Arten lassen sich gerne in Kolonien auf Dachböden nieder. Sie machen nichts kaputt und gefährden die Menschen nicht. Nur Kot fällt an und der kann problemlos zusammen gekehrt und als Dünger im Garten verwendet werden.

Wer ein Quartier in seinem Haus entdeckt, sollte sofort die nächste Umweltschutzorganisation oder direkt den Fledermausschutz kontaktieren - die Experten beraten und unterstützen. Wer eine Fledermaus verletzt oder aus dem Quartier verjagt, macht sich strafbar - und das völlig unnötig. Wer aktiv etwas für die Flattermänner unternehmen möchte, kann Nistkästen anbringen oder im Garten ein Fledermausbeet pflanzen.

 

Petra Willaredt

 

Siehe auch:
www.batnight.de

 

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